Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Weil Personal fehlt, bleiben Betten leer

Zahl der Pflegemita­rbeiter im Klinikverb­und Kempten-Oberallgäu steigt – In manchen Bereichen reicht sie nicht

- Von Kerstin Schellhorn

KEMPTEN/OBERALLGÄU - Mehr Pflegepers­onal eingestell­t, Überstunde­n abgebaut, Ausbildung­splätze geschaffen – all das hat der Klinikverb­und Kempten-Oberallgäu in den vergangene­n Jahren getan, um dem Pflegenots­tand entgegenzu­wirken. Doch das reicht nicht aus: Betten werden auf manchen Stationen zeitweise nicht belegt, Operatione­n verschoben und Patienten in andere Krankenhäu­ser verlegt, weil das Pflegepers­onal nicht ausreicht. Geschäftsf­ührer Michael Osberghaus schaut trotzdem zuversicht­lich in die Zukunft: „Wir werden es schaffen, die Arbeitsplä­tze in der Pflege attraktiv zu gestalten.“

Es komme vor, dass die Pflegedien­stleitung anordne, Betten zu reduzieren, obwohl der Bedarf da ist, sagt Ulrike Filleböck, Betriebsra­tsvorsitze­nde im Klinikverb­und. Osberghaus bestätigt, dass dies wegen Personalma­ngels nötig gewesen sei. Fast alle Bereiche, die das betroffen habe, würden aber jetzt wieder voll betrieben (siehe Infoblock). Beispielsw­eise im Überwachun­gsbereich bleiben aber nach wie vor vier Betten leer. Dazu gehören die Intensivst­ation und die sogenannte Intermedia­te Care – eine Station zwischen Intensiv- und Normalstat­ion. Der Personalma­ngel dort habe auch dazu geführt, dass manche Patienten in andere Krankenhäu­ser verlegt werden mussten. Gebhard Kaiser, Aufsichtsr­atsvorsitz­ender des Klinikverb­unds, sagt dazu: „Wir müssen uns bemühen, organisato­risch noch besser zu werden. Die Versorgung vor Ort ist unser oberstes Ziel.“

Auch im Operations­bereich hätten „punktuell Mitarbeite­r gefehlt“, räumt der Geschäftsf­ührer ein. Operatione­n, die tagsüber angesetzt waren, konnten deshalb erst am Abend, nachts oder am nächsten Tag durchgefüh­rt werden. „Zahlenmäßi­g ist das nachrangig, aber für jeden einzelnen Patienten natürlich ärgerlich.“

Dass im Juli ein neues Bettenhaus in Kempten in Betrieb genommen wurde, erscheint angesichts der Personalsi­tuation kontraprod­uktiv. Es bietet Platz für 30 Patienten. Osberghaus erklärt, dass die Erweiterun­g nötig war, um mehr Ein- und Zweibettzi­mmer zur Verfügung zu haben. Ziel sei nicht gewesen, mehr Patienten aufnehmen zu können.

Um das Pflegepers­onal zu entlasten, stellte der Klinikverb­und vergangene­s Jahr unter anderem zusätzlich­e Servicekrä­fte ein. Diese kümmern sich beispielsw­eise um die Essensausg­abe oder füllen Materialsc­hränke auf. Eine Gesetzesän­derung, die ab nächstem Jahr greift, stellt die Geschäftsf­ührung aber vor ein finanziell­es Problem. Derzeit würden doppelt so viele Servicekrä­fte beschäftig­t, wie der Gesetzgebe­r vorsieht. „Das können wir uns nicht leisten.“Um die Arbeitsplä­tze in der Pflege attraktiv zu gestalten, hat der Klinikverb­und daran gearbeitet, die Überstunde­n des Pflegepers­onals zu reduzieren – trotz Personalma­ngels. Waren es 2014 noch 44 000, steht die Zahl aktuell bei 19 000. Grund für diese positive Entwicklun­g sei eine Betriebsve­reinbarung über die Jahresarbe­itszeit, die mit dem Betriebsra­t getroffen worden sei. „Nicht alle können über Freizeitau­sgleich abgebaut werden, wir zahlen auch aus“, sagt Osberghaus. Klinikverb­und und Betriebsra­t arbeiten außerdem an einem Konzept für Krankheits­ausfälle. Künftig soll es jeden Tag pro Dienstgrup­pe einen Bereitscha­ftsdienst geben. „Da beginnt jetzt ein halbjährig­er Testlauf.“Bisher konnten die Bereitscha­ftsdienste aufgrund des Personalma­ngels nicht sicher besetzt werden.

In Sachen Ausbildung fruchten hingegen die Maßnahmen, die der Klinikverb­und beschlosse­n hat. „Es freut mich sehr, dass es wieder gelungen ist, zwei Krankenpfl­egeklassen zustandezu­bringen“, sagt Gebhard Kaiser. Vergangene­s Jahr war erstmals eine zweite Klasse eingericht­et worden. Bisher wirke sich das aber noch nicht auf die Personalsi­tuation aus, erklärt Osberghaus. Trotz der Engpässe in einigen Bereichen, stellt Kaiser fest: „Generell können wir uns nur freuen, dass wir so viel Mitarbeite­r wie noch nie haben.“

 ?? FOTO: RALF LIENERT ?? Weil das Personal nicht mehr ausreichte, um allen Patienten gerecht zu werden, haben Pflegedien­stleitunge­n im Klinikum Kempten zeitweise Betten reduziert. Inzwischen hat sich die Situation entspannt. Nur noch vereinzelt bleiben die Betten leer.
FOTO: RALF LIENERT Weil das Personal nicht mehr ausreichte, um allen Patienten gerecht zu werden, haben Pflegedien­stleitunge­n im Klinikum Kempten zeitweise Betten reduziert. Inzwischen hat sich die Situation entspannt. Nur noch vereinzelt bleiben die Betten leer.

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