Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Weil Personal fehlt, bleiben Betten leer
Zahl der Pflegemitarbeiter im Klinikverbund Kempten-Oberallgäu steigt – In manchen Bereichen reicht sie nicht
KEMPTEN/OBERALLGÄU - Mehr Pflegepersonal eingestellt, Überstunden abgebaut, Ausbildungsplätze geschaffen – all das hat der Klinikverbund Kempten-Oberallgäu in den vergangenen Jahren getan, um dem Pflegenotstand entgegenzuwirken. Doch das reicht nicht aus: Betten werden auf manchen Stationen zeitweise nicht belegt, Operationen verschoben und Patienten in andere Krankenhäuser verlegt, weil das Pflegepersonal nicht ausreicht. Geschäftsführer Michael Osberghaus schaut trotzdem zuversichtlich in die Zukunft: „Wir werden es schaffen, die Arbeitsplätze in der Pflege attraktiv zu gestalten.“
Es komme vor, dass die Pflegedienstleitung anordne, Betten zu reduzieren, obwohl der Bedarf da ist, sagt Ulrike Filleböck, Betriebsratsvorsitzende im Klinikverbund. Osberghaus bestätigt, dass dies wegen Personalmangels nötig gewesen sei. Fast alle Bereiche, die das betroffen habe, würden aber jetzt wieder voll betrieben (siehe Infoblock). Beispielsweise im Überwachungsbereich bleiben aber nach wie vor vier Betten leer. Dazu gehören die Intensivstation und die sogenannte Intermediate Care – eine Station zwischen Intensiv- und Normalstation. Der Personalmangel dort habe auch dazu geführt, dass manche Patienten in andere Krankenhäuser verlegt werden mussten. Gebhard Kaiser, Aufsichtsratsvorsitzender des Klinikverbunds, sagt dazu: „Wir müssen uns bemühen, organisatorisch noch besser zu werden. Die Versorgung vor Ort ist unser oberstes Ziel.“
Auch im Operationsbereich hätten „punktuell Mitarbeiter gefehlt“, räumt der Geschäftsführer ein. Operationen, die tagsüber angesetzt waren, konnten deshalb erst am Abend, nachts oder am nächsten Tag durchgeführt werden. „Zahlenmäßig ist das nachrangig, aber für jeden einzelnen Patienten natürlich ärgerlich.“
Dass im Juli ein neues Bettenhaus in Kempten in Betrieb genommen wurde, erscheint angesichts der Personalsituation kontraproduktiv. Es bietet Platz für 30 Patienten. Osberghaus erklärt, dass die Erweiterung nötig war, um mehr Ein- und Zweibettzimmer zur Verfügung zu haben. Ziel sei nicht gewesen, mehr Patienten aufnehmen zu können.
Um das Pflegepersonal zu entlasten, stellte der Klinikverbund vergangenes Jahr unter anderem zusätzliche Servicekräfte ein. Diese kümmern sich beispielsweise um die Essensausgabe oder füllen Materialschränke auf. Eine Gesetzesänderung, die ab nächstem Jahr greift, stellt die Geschäftsführung aber vor ein finanzielles Problem. Derzeit würden doppelt so viele Servicekräfte beschäftigt, wie der Gesetzgeber vorsieht. „Das können wir uns nicht leisten.“Um die Arbeitsplätze in der Pflege attraktiv zu gestalten, hat der Klinikverbund daran gearbeitet, die Überstunden des Pflegepersonals zu reduzieren – trotz Personalmangels. Waren es 2014 noch 44 000, steht die Zahl aktuell bei 19 000. Grund für diese positive Entwicklung sei eine Betriebsvereinbarung über die Jahresarbeitszeit, die mit dem Betriebsrat getroffen worden sei. „Nicht alle können über Freizeitausgleich abgebaut werden, wir zahlen auch aus“, sagt Osberghaus. Klinikverbund und Betriebsrat arbeiten außerdem an einem Konzept für Krankheitsausfälle. Künftig soll es jeden Tag pro Dienstgruppe einen Bereitschaftsdienst geben. „Da beginnt jetzt ein halbjähriger Testlauf.“Bisher konnten die Bereitschaftsdienste aufgrund des Personalmangels nicht sicher besetzt werden.
In Sachen Ausbildung fruchten hingegen die Maßnahmen, die der Klinikverbund beschlossen hat. „Es freut mich sehr, dass es wieder gelungen ist, zwei Krankenpflegeklassen zustandezubringen“, sagt Gebhard Kaiser. Vergangenes Jahr war erstmals eine zweite Klasse eingerichtet worden. Bisher wirke sich das aber noch nicht auf die Personalsituation aus, erklärt Osberghaus. Trotz der Engpässe in einigen Bereichen, stellt Kaiser fest: „Generell können wir uns nur freuen, dass wir so viel Mitarbeiter wie noch nie haben.“