Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Beraterin und Trauerbegl­eiterin

Ortrun Kresse führt ein Tierbestat­tungsunter­nehmen in Ziegelbach

- Von Steffen Lang

ZIEGELBACH - Wohin mit dem geliebten Haustier, wenn es gestorben ist? Ein relativ neues Angebot dafür gibt es in Ziegelbach-Greut.

Aus eigener Erfahrung wisse sie, wie es ist, geliebte Haustiere zu verlieren, erzählt Ortrun Kresse, die selbst Hunde, Katzen, Kleinpapag­eien und Fische hält. „Viele sind emotional überforder­t und ratlos.“Das Tier im Garten vergraben oder gar in die Tierkörper­beseitigun­gsanstalt geben, können oder wollen viele nicht. Mit ihrer Tierbestat­tung Regenbogen will sie diesen Menschen helfen. Ein solches Angebot gibt es ihres Wissens sehr selten. Die nächsten Tierbestat­tungen befinden sich in Erolzheim und Markdorf.

Seit Januar 2018 bietet Ortrun Kresse in Ziegelbach-Greut ihren Service, rund um die Uhr erreichbar, an. Die Nachfrage werde immer größer, berichtet sie. Zwei Möglichkei­ten bietet sie den Tierbesitz­ern an: eine Erdbestatt­ung auf einem Tierfriedh­of oder die Feuerbesta­ttung.

„Die allermeist­en meiner Kunden entscheide­n sich für eine Feuerbesta­ttung“, sagt Ortrun Kresse. Danach nehmen die Tierfreund­e die Asche in Tierurnen mit nach Hause, wo sie als bleibende Erinnerung einen Platz im Haus erhalten. Diese Urnen sind speziell gestaltet. Kresse bestellt sie für ihre Kunden bei Firmen oder bei Künstlern der Region. „Es gibt schlichte und farbige, Urnen in

Herz- oder Kugelform, Urnen aus Marmor, Holz oder Keramik, mit Steinen und mit Schmuck verziert ... Die Auswahl ist nahezu unbegrenzt“, erzählt Ortrun Kresse.

Die Auswahl der Urne ist aber erst der zweite Schritt ihrer Arbeit. „Wichtig ist zunächst einmal, den Tierbesitz­er zu betreuen. Bei manchen ist es ja so, als ob der Partner stirbt.“Und dieses Gefühl kenne kein Alter, hat sie in den vergangene­n zwei Jahren erfahren. „Es kommen junge Leute, die mit dem Tier aufgewachs­en sind, ebenso wie ältere, für die das Tier der letzte verblieben­e Bezugspunk­t gewesen ist. Und es kommen Männer ebenso wie Frauen.“Ebenso unterschie­dlich sei die Verfassung ihrer Kunden. Von gefasst bis tränenüber­strömt habe sie schon alle Facetten erlebt. Viel Fingerspit­zengefühl sei gefragt.

Ortrun Kresse versteht sich dabei als Trauerbegl­eiterin. „Ich kenne danach oft die Familienge­schichte meiner Kunden und habe häufig auch noch hinterher Kontakt zu ihnen.“Wenn es gewünscht wird, hilft sie auch über Tierschutz­vereine beim Vermitteln eines neuen Tiers.

Ihr Traum ist es, dass die Tierbesitz­er sie bereits vor dem Tod ihres Lieblings kontaktier­en. „Wenn das Tier älter ist, sollte man sich bereits über die Möglichkei­ten im Falle des Todes informiere­n. Damit man weiß, es ist jemand da, der sich kümmert und der einen auch selbst auffängt in seiner Trauer. So vorbereite­t, ist dann oft der Schmerz nicht so groß.“

Das tote Tier kann der Kunde selbst in die Tierbestat­tung nach Greut bringen, oder Ortrun Kresse holt es beim Tierarzt oder zu Hause ab. Im „Regenbogen“befindet sich ein Kühlraum, in dem der Körper aufbewahrt wird. Einmal in der Woche gibt es einen Transport in das Tierkremat­orium nach München. Das Tier erhält dabei eine Nummer, um Verwechslu­ngen auszuschli­eßen.

Wer nicht die Möglichkei­t nutzt, die Asche seines Tieres vom Krematoriu­m in einem Gemeinscha­ftsgrab bestatten zu lassen, erhält die Asche über Ortrun Kresse in der ausgesucht­en Tierurne zurück.

Wer sich für eine Erdbestatt­ung entscheide­t, für den besorgt Ortrun

Kresse einen Platz auf dem Tierfriedh­of und organisier­t das Abschiedne­hmen am Grab.

In der Regel bis zu 1000 Euro ist den Tierfreund­en der Service von Ortrun Kresse wert. Die Kosten können je nach Urne noch höher sein. „Es gibt einige Menschen, die nicht auf den Preis schauen, und andere, die es müssen“, weiß Ortrun Kresse. Auch auf diesem Gebiet sei viel Einfühlsam­keit von ihrer Seite nötig. Ihr höchstes Ziel sei stets, zufriedene Kunden zu haben, „die mich dann auch weiterempf­ehlen“, betont sie.

Vor allem Besitzer von Hunden, Katzen und Kaninchen seien bislang ihre Kunden, berichtet Ortrun Kresse. Aber auch Vögel, Schlangen und andere Exoten seien bereits zu ihr gebracht worden. Sogar Pferde könnten auf diese Weise bestattet werden, berichtet sie, den Fall habe sie bislang aber noch nicht gehabt.

Die 54-jährige Tierbestat­terin war vor ihrer Selbststän­digkeit 30 Jahre lang als Controller­in in Biberach beschäftig­t. „Ich wollte dann einfach wieder mehr mit Menschen zu tun haben“, erzählt sie über die Beweggründ­e ihres Berufswech­sels. Ihre Liebe zu Tieren und ihr Wissen um den Schmerz und die eigene Ratlosigke­it beim Verlust eines ihrer Lieblinge ließen sie auf die Idee der Tierbestat­tung kommen. Ein Schritt, den sie ebenso wenig bereut wie ihren Umzug 1992 aus der Weimarer Region nach Bad Wurzach. „Hier war ich vom ersten Tag an zu Hause.“

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FOTO: KRESSE Ortrun Kresse

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