Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Wenn’s zur „Schnappatmung“kommt
Gespräch mit Elmar Reichle, dem Ulmer Finanzamtschef aus Ziegelbach
ZIEGELBACH/ULM - Der Ziegelbacher Elmar Reichle ist seit Ende Januar neuer Vorsteher des Finanzamts Ulm. Ob er seine Steuererklärung selbst macht und wie neue Bekannte reagieren, wenn er ihnen von seinem Beruf erzählt, verriet er, unter anderem, im Gespräch mit SZ-Redakteur Steffen Lang.
Herr Reichle, Sie stammen aus Ziegelbach. Können Sie ein wenig von Ihrem Leben dort und Ihren Verbindungen dorthin heute erzählen? Elmar Reichle: In Ziegelbach verbrachte ich meine erste Lebensdekade. Ich besuchte die Katholische Volksschule bis zur vierten Klasse. Damals waren übrigens die Klassen eins bis vier in einem Klassenraum untergebracht – eine für die einzige Lehrerin große Herausforderung! Einen Kindergarten habe ich als Kind weder von außen, noch von innen gesehen. Das gab’s einfach nicht. Im Alter von zehn Jahren wechselte ich dann in das Bischöfliche Knabenseminar Regina Pacis, umgangssprachlich auch Pfarrfabrik genannt, in Leutkirch, um am dortigen Gymnasium dann höhere schulische Weihen zu erhalten. Ziegelbach blieb natürlich meine Heimat – auch wenn ab diesem Zeitpunkt eine räumliche Trennung eintrat –, und auch heute fühle ich mich dahin noch heimatlich verbunden. Gerne nutze ich jede Gelegenheit zum Besuch meiner Heimat und fühle mich jederzeit willkommen. Es ist einfach ein Flecken, an dem die Welt noch in Ordnung ist, zumindest für einen Außenstehenden so erscheint.
Wollten Sie schon immer Finanzbeamter werden?
Ehrlich gesagt habe ich an eine berufliche Laufbahn in der Finanzverwaltung bis zum Abschluss meines Studiums der Rechtswissenschaften keinen einzigen Gedanken verloren. Die Steuerverwaltung wurde für mich als ausgebildeten Jungjuristen dadurch interessant, dass sie die Möglichkeit einer betriebswirtschaftlichen Zusatzausbildung an der Bundesfinanzakademie bot. Bis heute habe ich die damalige Entscheidung nicht bereut.
der gemeinhin ja als „sehr trocken“gilt?
Ganz im Gegensatz zu der landläufige Einschätzung ist die Tätigkeit im Finanzamt gar nicht trocken. Sie sind mit sehr vielen menschlichen Höhen und auch Abgründen nahezu täglich konfrontiert, als Vorgesetzter von nunmehr über 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ohnehin.
Wie reagieren neue Bekannte, wenn sie von ihrem Beruf erfahren?
Tja, das ist immer wieder lustig, und meist sind die Szenarien sehr ähnlich: Zunächst wird’s ruhig, und es sieht irgendwie nach Schnappatmung aus, aber der Zustand hält sich meist nur sehr kurz und führt dann über in einen Wasserfall von Fragen und oft auch Rechtfertigungen auf nie gestellte Fragen.
Kam es auch schon mal vor, dass Freunde oder Bekannte Sie um Tipps für ihre Steuererklärung gebeten haben?
Das kommt öfter vor. Eine Beratung verbietet sich allerdings aus dienstrechtlichen Gründen.
Machen Sie Ihre Steuererklärung selbst?
Ja, gemeinsam mit meiner Frau. Die ist auch vom Fach. Ich finde es sehr wichtig, die Steuererklärung selber zu machen, dass man so halbwegs weiß, mit welchen Problemen der Steuerbürger zu kämpfen hat. Ganz nachdrücklich empfehle ich übrigens, die Steuererklärung elektronisch abzugeben.
Wird man als Finanzbeamter, als Vorsteher besonders, oft angefeindet – Stichwort Hass-Mails – und wie gehen Sie damit um?
Hass-Mails sind immer Thema. Wir versuchen, mit Anfeindungen deeskalierend umzugehen.
Wie schalten Sie von Ihrem Beruf ab?
Ich gehe gern wandern oder Rad fahren. Da kann man herrlich abschalten. Den Geist halte ich auf der Höhe mit regelmäßigen Theaterbesuchen, ich habe unter anderem ein Abo beim Theater Ulm; und mit Lesen, am liebsten Bücher von Martin Walser.