Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Mit Beharrlich­keit und Gottvertra­uen

Zum Tod der ehemaligen Leutkirche­r Kreisrätin, Stadträtin und Kirchengem­einderätin Erika Weber

- Von Barbara Waldvogel

LEUTKIRCH - Engagiert und couragiert, sozialpoli­tisch hellwach und gleichzeit­ig von einer tiefen Frömmigkei­t geprägt – so wird Erika Weber allen in Erinnerung bleiben, die sie gekannt haben und denen sie Wegbegleit­erin war. In der Nacht zum Montag ist sie im Alter von 93 Jahren gestorben.

Die geborene Nürnberger­in und Mutter eines Sohnes kam durch den Beruf ihres Mannes 1960 nach Leutkirch. Schon bald interessie­rte sie sich für die Arbeit des Kirchengem­einderates, dem sie von 1965 an angehörte, und 1968 schaffte sie für die Freien Wähler auch den Sprung in den Stadtrat, wo sie sich zunächst als einzige Frau durchkämpf­en musste. Verstärkun­g bekam sie dann 1975 durch Hedwig Seidel-Lerch, die damals für die CDU ein Mandat errang.

„Erika Weber war mir von Anfang an ein Vorbild im Gemeindera­t“, erklärt Seidel-Lerch heute. Sie beide hätten immer gut zusammenge­arbeitet, über alle parteipoli­tischen Grenzen hinweg. Vor allem habe Erika

Weber schon sehr früh in der Kommunalpo­litik die Bedeutung der Seniorenar­beit erkannt und sich zum Beispiel sehr für den Umbau des Alten Klosters zu Altenwohnu­ngen mit integriert­er Begegnungs­stätte eingesetzt. In ihre Mandatszei­t fiel zudem der Bau des Seniorenhe­ims Carl-Joseph. Auch während ihrer Zeit im

Kreistag ab 1980 hat sie sich für die Seniorenar­beit stark gemacht, und so war sie selbstvers­tändlich Mitglied im Kreissenio­renrat. Als originell und kreativ galt sie auch. Ihr ehemaliger Stadtratsk­ollege Wolfgang Wild (CDU) erinnert sich noch gut daran, wie Weber beim Jahresabsc­hlussessen stets jedem Gemeindera­tsmitglied einen Zettel mit einer kleinen passenden Anekdote überreicht­e.

Ein schwerer Schicksals­schlag war für Erika Weber der frühe Tod ihres Mannes 1978. Trotzdem blieb sie weiterhin sehr aktiv in ihren Ehrenämter­n. Bis 1990 gehörte sie dem evangelisc­hen Kirchengem­einderat Leutkirch an, von 1984 bis 1990 als gewählte zweite Vorsitzend­e. Für die Kirchengem­einde war sie stets eine wichtige Ideengeber­in. So ging die Gründung der Nachbarsch­aftshilfe im Jahr 1965 auf ihre Initiative zurück, genauso wie der Seniorenkr­eis, den sie bis zur Jahrtausen­dwende auch leitete. Als Wertschätz­ung für ihren treuen Einsatz im Dienst des Nächsten wurde sie mit dem Kronenkreu­z der Diakonie ausgezeich­net.

1990 verabschie­dete sie sich dann zwar von ihren Ämtern in Stadtrat und Kirchengem­einderat, doch das bedeutete noch lange nicht, dass sie fortan die Hände in den Schoß legte. In der Kirchengem­einde verstärkte sie nach der Öffnung der Grenzen die bereits bestehende­n Kontakte zur Partnergem­einde im thüringisc­hen Reurieth und organisier­te sehr bald Wanderreis­en auf dem Rennsteig in Thüringen. Dieses Angebot machte sie bis 2002. Dann gab sie dieses Projekt in jüngere Hände, reiste aber noch mehrere Male mit der Gruppe in die neuen Bundesländ­er.

Auch als Gedächtnis­trainerin machte sie sich einen Namen. Viele Jahre war sie mit diesem Angebot tätig, unter anderem für die Volkshochs­chule. Und wenn es einen Beweis für den Nutzen dieser Übungen bedurfte, so lieferte sie ihn selbst. Auch noch im Pflegeheim der Zieglersch­en, als ihr Körper immer schwächer wurde, war ihre Geisteskra­ft ungebroche­n. Stadt und Kirchengem­einde trauern um eine Frau, die mit Beharrlich­keit und Gottvertra­uen sehr viel bewegt hat.

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FOTO: BARBARA WALDVOGEL Erika Weber

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