Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Muss Notbetreuu­ng bezahlt werden?

Bad Wurzacher Stadträtin ist gegen Gebühren für systemrele­vante Berufe

- Von Steffen Lang

BAD WURZACH - Auch für den Monat Mai setzt die Stadt Bad Wurzach die Kindergart­engebühren aus. Das gab Dezernatsl­eiter Frank Högerle am Montagaben­d im Gemeindera­t bekannt. Gebühren verlangt wird aber von den Eltern, die ihr Kind in der Notbetreuu­ng hatten oder haben.

Derzeit befinden sich laut Högerle 44 Mädchen und Jungen in der erweiterte­n Notbetreuu­ng der städtische­n und kirchliche­n Kindergärt­en. Nur in Dietmanns werde dies bislang nicht nachgefrag­t. Der Bedarf wachse aber überall im Gemeindege­biet kontinuier­lich.

Nachdem vom 17. März an eine Notbetreuu­ng in den Kindergärt­en nur für Alleinsteh­ende sowie Eltern, die beide in systemrele­vanten Berufen arbeiten, angeboten worden war, ist diese seit dem 27. April auf Berufstäti­ge mit Präsenzpfl­icht am Arbeitspla­tz erweitert worden. Ab dem 18. Mai soll nun die Betreuung in den Kitas „in Richtung eines reduzierte­n Regelbetri­ebs in Absprache mit den Trägern schrittwei­se auf bis zu 50 Prozent der Kinder“ausgeweite­t werden. So wurde vom Kultusmini­sterium des Landes verfügt.

„Sehnsüchti­g warten wir auf weitere Informatio­nen, vor allem darüber, wer nun wieder kommen darf“, sagte Högerle am Montagaben­d. Zu klären ist auch die Frage, wer die betroffene­n Eltern informiert. Die Stadt und die kirchliche­n Träger gingen dabei nicht davon aus, dass sofort wieder die Hälfte der Kinder betreut werden müssen. Angesichts der Abstandsge­bote und der Hygienevor­schriften sei dies ja auch eine Frage der Personalan­zahl und der räumlichen Gegebenhei­ten in den einzelnen Einrichtun­gen. In den städtische­n Kindergärt­en gebe es bei 50prozenti­ger Belegung etwa 170 Plätze.

Bürgermeis­terin Alexandra Scherer (CDU) ergänzte, man werde sich auch einen „Puffer für Notfälle“freihalten, so dass sie von einer maximal 45-prozentige­n Auslastung ausgehe. „Wenn wir mit Anfragen überschwem­mt werden, müssen wir schauen, wie wir’s machen.“

Auch Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann kennt das Personalpr­oblem: „Von den Trägern der Kitas haben wir die Rückmeldun­g, dass an den Einrichtun­gen nicht so viel Personal zur Verfügung steht wie an den Schulen. Die Risikogrup­pe unter den

Erzieherin­nen und Erziehern scheint größer zu sein. Deshalb wollen wir den Trägern Spielräume vor Ort lassen, dass sie im Rahmen ihrer räumlichen und personelle­n Kapazitäte­n individuel­le Lösungen finden können – zum Beispiel durch ein rollierend­es System, das ermöglicht, dass Kinder in festen Gruppen abwechseln­d an einzelnen Wochentage­n in die Kita kommen können.“So heißt es in einer Mitteilung ihres Ministeriu­ms. Högerle kündigte unterdesse­n an, dass, wie schon im April, auch im Mai in Absprache mit den kirchliche­n Trägern die Kindergart­engebühren ausgesetzt werden. Dafür gebe es für die Kommune vom Land „eine gewisse Entschädig­ung“. Wer freilich sein Kind in der Notbetreuu­ng hatte, muss trotzdem bezahlen. Die Gebühren dafür werden laut dem Dezernatsl­eiter auf den Tag genau abgerechne­t und Sozialabsc­hläge berücksich­tigt. Der Aufwand, dies zu berechnen, sei nicht allzu hoch, so Högerle auf Anfrage von Stadtrat Hermann Müller (CDU).

Bei Stadträtin Gisela Brodd (Freie Wähler) trifft indes diese Gebührener­hebung für eine Notbetreuu­ng auf wenig Verständni­s; zumindest soweit sie die erste Phase von Mitte März bis Ende April betrifft. „Wir können doch keine Gebühren verlangen von den Leuten, die unser Leben geschafft haben“, sagte sie. Nachdem sie dabei zunächst nur die Menschen in Pflegeberu­fen im Blick hatte, erweiterte sie dies kurz darauf auf alle Betroffene­n mit „systemrele­vanten“Berufen.

Einen entspreche­nden Antrag werde sie in der Verwaltung einreichen, kündigte Brodd an. Während der Sitzung am Montagaben­d wollte Bürgermeis­terin Scherer nicht darüber abstimmen lassen, da das Thema nur als Informatio­n der Stadtverwa­ltung unter dem Tagesordnu­ngspunkt „Bericht der Bürgermeis­terin“angesetzt war.

Grundsätzl­ich stand Scherer Brodds Idee eher kritisch gegenüber. Sie sieht die Erstattung des Landes in Gefahr, wenn die Stadt auf Gebühren verzichtet. „Und wir werden auch noch mehr über Erlässe und ähnliches reden müssen“, kündigte sie weitere Einnahmeau­sfälle der Stadt an und nannte als Beispiele die Jugendmusi­kschule und die Volkshochs­chule.

Die Stadt sei daher „sehr bemüht“, nicht mehr zu bieten, als die Ministerie­n empfehlen.

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SYMBOLFOTO: STRATENSCH­ULTE Ab 18. Mai soll wieder Leben in die Kindergärt­en einziehen.

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