Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Verlieben mit Abstand: Schwierig
Alleinstehende haben aktuell wenig Möglichkeiten, neue Bekanntschaften zu machen
KEMPTEN/OBERALLGÄU (bu) - In Zeiten der Kontaktbeschränkungen stehen vor allem Alleinstehende, die auf der Suche nach einem Partner sind, vor einem scheinbar unlösbaren Problem: Bars, Cafés und Partys fallen als Kennenlernbörsen weg. Wer im Internet nach Rat sucht, bekommt den Tipp, doch auf OnlineDating, Telefonate und Videochats zu setzen. Einem findigen Internetnutzer war das wohl zu unpersönlich, weshalb er sich mit seiner Flamme im Supermarkt zum Einkaufen verabredete. Junge Singles aus der Region scheinen da anders zu ticken: Von Internetdates wollen die meisten Befragten noch nichts wissen – zu unpersönlich, sagen sie. Sie kommen nach eigener Aussage auch gut alleine zurecht.
„Es ist entspannt, sich mal auf sich selbst zu konzentrieren“, sagt ein 22Jähriger. Jetzt wo jeder von Distanz spricht, wolle er gar niemanden kennenlernen. Datingplattformen und Videotelefonie sieht der 22-Jährige als letzten Ausweg – wenn die Beschränkungen noch länger als ein halbes Jahr andauern sollten. „Gerade als Date geht das gar nicht, das ist viel zu unpersönlich.“
Eine 21-jährige Oberallgäuerin stimmt dem zu: „Telefon und Videochat ist einfach nicht das Gleiche wie ein Treffen.“Sie genieße es aktuell, Single zu sein. Die 21-Jährige wohnt gerade bei ihren Eltern. „Wenn aber jemand alleine wohnt, ist es glaube ich schon traurig, wenn er in sozialen Medien die ganzen Pärchen sieht, die alles zusammen machen.“
Aufgeschlossener gegenüber moderner Flirttechnologie ist ein 24Jähriger aus der Kemptener Umgebung. Er nutzt schon seit Längerem die Dating-App „Tinder“. Seit den Lockerungen der vergangenen Woche kann er auch wieder bei Verabredungen mit jungen Frauen spazieren gehen. Das habe er schon vor der Corona-Krise gerne gemacht. „Da ist mehr Dynamik drin, als beispielsweise beim Kaffeetrinken“, sagt der Mann. „Das hat immer recht gut funktioniert.“
Was allerdings immer noch nicht geht: Intimitäten. „Das fehlt schon, das braucht man auch.“Ändern könne er daran natürlich nichts. Statt sich der Frustration hinzugeben, schaut der 24-Jährige, dass er die Zeit anders nutzt. So mache er sich nun zum Beispiel öfter mit dem Fahrrad auf den Weg.
Auch eine 22-Jährige entdeckt neue Beschäftigungen für sich: Sie habe jetzt mehr Zeit, um etwa Geschichten zu schreiben oder Tagebuch zu führen. Nicht alle sehen die Corona-Krise so positiv wie sie: „Ich habe eine Freundin, die frisch verliebt war – das ist während der Ausgangsbeschränkungen kaputt gegangen.“Was die 22-Jährige stört, ist die Ungewissheit, wie lange die Kontaktbeschränkungen noch dauern. „In einem Monat könnte dann die Einsamkeit kommen“, schätzt sie.