Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Ein Ruderer klagt an
Weltmeister Zeidler kritisiert die Politik und die Parallelwelt des Profifußballs
INGOLSTADT (dpa/sz) - Ruder-Weltmeister Oliver Zeidler hat die Wiederaufnahme des Spielbetriebs in der Bundesliga energisch kritisiert und sogar zu einer Abkehr vom Fußball aufgefordert. „Ich kann den Start der Bundesliga in keinster Weise gutheißen und hoffe, dass noch mehr Menschen so denken und diesem wahnsinnigen System den Rücken zukehren“, sagte der 23-Jährige in einem Interview auf der Homepage von „Sportler des Jahres“: „Über gute und schlechte Entscheidungen, die von der Politik in den letzten Monaten getroffen wurden, kann man sicherlich diskutieren, aber die Entscheidung zum Start der Bundesliga ist – ohne Wenn und Aber – falsch.“
Der Welt- und Europameister im Einer begründet dies mit einer Ungleichbehandlung der Sportarten. „Mannschaftssport und sportliche
Wettkämpfe sind momentan für niemanden in Deutschland erlaubt, außer für die Millionäre der Bundesliga, die eh schon seit Jahren in einer sich immer stärker abdriftenden Parallelwelt befinden“, sagte Zeidler: „Bei uns im Rudern darf kein Mannschaftsboot aufs Wasser, das mehr als zwei Personen trägt, nicht mal der Deutschlandachter, der die letzten Jahre stets Weltmeister geworden ist und nicht wie unsere Superfußballer in der WM-Vorrunde ausschied.“
Er selbst habe sein Interesse für den Fußball „damals komplett eingestellt, als für einen Spieler zum ersten Mal ein neunstelliger Eurobetrag bezahlt wurde“, sagte der Ingolstädter: „Und davon werde ich jetzt nicht abkommen, nur weil es der einzige Sport ist, der ab nun im Fernsehen zu sehen sein wird. Ich habe die letzten
Jahre und die gesamte Bevölkerung in den letzten Wochen gut ohne den Fußball überstanden und das zeigt ja eigentlich, dass der Fußball die momentane Sonderstellung nicht verdient hat.“
Auch andere prominente Sportler, etwa Handball-Nationalspieler Martin Strobel, hatten vor der Fortsetzung der Fußball-Saison gewarnt. „Darunter könnte die Außendarstellung leiden“, hatte der 33-Jährige vom HBW Balingen-Weilstetten schon vor Wochen gewarnt: „Kein Mensch darf in ein größeres Einkaufszentrum, aber im Strafraum tummeln sich bei einer Ecke vielleicht 22 Fußballer. Da können die für alle anderen geltenden Regeln logischerweise nicht mehr eingehalten werden", hatte der Spielmacher betont: „Ich bin gespannt, wie das akzeptiert wird.“