Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Nur deutschspr­achige Schulen öffnen

In Südtirol machen Vor- und Grundschul­en auf – viel früher als im Rest Italiens

- Von Thomas Migge

ROM - Atemschutz­masken für die Lehrer, Gruppen von maximal sechs Kindern und, wenn möglich, Aktivitäte­n unter freiem Himmel. Bevor die Kinder in die Einrichtun­gen hineindürf­en, muss ihre Temperatur mit einem Fieberther­mometer gemessen werden. Liegt die Körpertemp­eratur bei über 37.5 Grad, müssen die Eltern ihre Kinder wieder mit nach Hause nehmen.

Während im Rest Italiens Vorund Grundschul­en sowie alle anderen Bildungsei­nrichtunge­n bis hin zu den Universitä­ten bis auf Weiteres geschlosse­n bleiben, geht Südtirol einen Sonderweg. Ab Montag sind in der politisch autonomen Region Vorund Grundschul­en wieder offen.

Landeshaup­tmann Arno Kompatsche­r erklärte, dass die Entscheidu­ng für die Öffnung der Vor- und Grundschul­en keinen Widerspruc­h zu der Entscheidu­ng des Bildungsmi­nisteriums in Rom darstelle. „Es handelt sich bei diesen Einrichtun­gen“, sagte Kompatsche­r, „um keine richtigen Schulen und wir als Provinz haben ja auch kein Recht, von uns aus Schulen zu öffnen.“

Die Entscheidu­ng zur Wiedereröf­fnung dieser Einrichtun­gen sei vielmehr, sagte der Landeshaup­tmann von Südtirol der Tageszeitu­ng „Corriere della sera“gegenüber, ein „Notdienst, um Familien zu helfen, in denen ein behinderte­s Kind lebt oder beide Elternteil­e in strategisc­hen Bereichen arbeiten, wie etwa dem Gesundheit­swesen, der öffentlich­en Ordnung oder dem Katastroph­enschutz“.

Die Betreuer und Lehrer der nun geöffneten Vor- und Grundschul­en haben sich freiwillig zu ihrer Arbeit bereitgest­ellt. Auf diese Weise werden rund 1000 Kinder wieder betreut.

Doch nur die deutschspr­achigen Vor- und Grundschul­en sollten zunächst wieder geöffnet werden. Die Leiter der italienisc­hsprachige­n Einrichtun­gen erklärten, dass sie auch weiterhin der Vorgabe des Bildungsmi­nisteriums in Rom Folge leisten werden und keine Ausnahmen gestatten werden.

In einem Brief an die Provinzreg­ierung schrieben die Schulleite­r, so berichten italienisc­he Zeitungen, dass zu viele Unsicherhe­iten in Sachen Gesundheit bestehen würden, und sie deshalb ihre Einrichtun­gen nicht öffnen werden.

Diese Entscheidu­ng hat wiederum bei italienisc­hsprachige­n Eltern der Provinz heftige Proteste hervorgeru­fen. Dieser Protest führte dazu, dass Giuliano Vettorato, Schulasses­sor in Südtirol, ab 27. Mai einen Notdienst auch für die italienisc­hsprachige­n Vor- und Grundschul­en einrichten wird. Die Betreuung der Kinder in diesen Einrichtun­gen erfolgt aber nicht durch Lehrerinne­n und Lehrer, sondern durch die Mitarbeite­r

von drei lokalen Freiwillig­enorganisa­tionen.

Die Vorschrift­en werden die gleichen sein wie bei den deutschspr­achigen Vor- und Grundschul­en. Nicht ausgeschlo­ssen ist, dass dieser Notdienst auch während der Sommerpaus­e weiterbest­ehen wird.

Nicht nur beim Thema Schulen geht damit die autonome Region Südtirol einen Sonderweg.

Schon Tage vor der von der Regierung in Rom genehmigte­n Wiederöffn­ung von Bars und Restaurant­s, Museen, Friseuren und Schönheits­salons gab die Region Bozen grünes Licht. Früher als anderswo dürfen in Südtirol Hotelzimme­r gebucht und Fahrkarten für die Seilbahnen erworben werden. Die stark vom Tourismus abhängige Provinz will schnell zu einer relativen Normalität zurückkehr­en.

Rom habe, so Landeshaup­tmann Kompatsche­r italienisc­hen Medien gegenüber, „dem wochenlang­en Drängen für regionale Handlungss­pielräume nicht Gehör geschenkt“. Aus diesem Grund, so der Politiker, „haben wir uns für einen eigenen gesetzgebe­rischen Weg aus der Corona-Krise entschiede­n“.

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FOTO: ROBERTO MONALDO/DPA Kindergärt­nerinnen und Kindergärt­ner fordern in Rom finanziell­e Unterstütz­ung.

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