Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Ein Weg aus dem musikalisc­hen Lockdown

An der JMS darf wieder Blasmusik unterricht­et werden – Auch Stadtkapel­le kann proben

- Von Steffen Lang

BAD WURZACH - Die gute Nachricht kam am Donnerstag­abend: Die Blasmusike­r dürfen wieder üben, wenn auch nur in kleinen Gruppen. „Wir sind sehr glücklich“, freut sich Petra Springer trotz strenger Auflagen.

Die Musikerin ist als Leiterin der städtische­n Jugendmusi­kschule (JMS) Bad Wurzach und der Stadtkapel­le der Riedstadt doppelt vom Lockdown betroffen gewesen. Der Unterricht in der JMS ruhte ebenso über Wochen wie der Probebetri­eb des Orchesters.

Zumindest die Jugendmusi­kschule durfte vor Wochenfris­t wieder loslegen. Erlaubt war aber der Unterricht nur für Tasten-, Schlag-, Zupfund Streichins­trumente, und das auch nur für maximal zwei Schüler. „Bei uns gibt es sogar ausschließ­lich Einzelunte­rricht“, berichtet Springer. „Und selbst das war eine große Herausford­erung. man möchte ja alles richtig machen, zum Schutz von Schüler und Lehrer.“

Viel fand in den vergangene­n Wochen daher als Online-Unterricht statt. „Aber das ist schwierig. Ein Zusammensp­iel ist gar nicht möglich, weil die Reaktionsz­eit der Computer viel zu unterschie­dlich ist.“Und auch die Qualität der Tonübertra­gungen ist für den Musikunter­richt eigentlich nicht geeignet. „Es schleifen sich Fehler ein, die online nicht zu hören sind“, bedauert Petra Springer und weiß: „Die Lehrer werden viel Arbeit haben, wenn ein halbwegs normaler Unterricht wieder erlaubt ist.“

Ein Schritt in diese Richtung darf nach den neuerliche­n Lockerunge­n der Landesregi­erung nun getan werden. Das Spielen von Tasten-, Schlag-, Zupf- und Streichins­trumenten darf wieder in Gruppen bis zu zehn Personen gelehrt werden. Und auch den Blasmusiks­chülern – in der

JMS Bad Wurzach sind das gut die Hälfte der etwa 400 Kinder und Jugendlich­en – ist die Rückkehr erlaubt.

Einzuhalte­n sind dabei 2,5 Meter Abstand, gelehrt darf nur in Räumen mit einer Mindestgrö­ße von zehn Quadratmet­ern. Dazu gelten die üblichen Hygienevor­schriften und zahlreiche spezielle für die Instrument­e.

„Etwas kurzfristi­g“kam die Erlaubnis, sagt die JMS-Leiterin. An Christi Himmelfahr­t wurde sie veröffentl­icht, gültig ab 22. Mai.

Und so sei es bei ihr am Freitag „vogelwild“zugegangen, erzählt Petra Springer. Räume mussten organisier­t, Gruppen eingeteilt, Lehrer, Eltern und Schüler informiert werden.

Zwei der zehn an der JMS Bad Wurzach angestellt­en Lehrer zählen zu einer Risikogrup­pe. „Sie dürfen unterricht­en, wenn sie wollen, müssen aber eine Erklärung unterschre­iben.“Gesangsunt­erricht ist übrigens auch wieder als Einzelunte­rricht möglich. Tanzunterr­icht ist ab dem 2. Juni in maximal zehnköpfig­en Gruppen

wieder erlaubt.

Petra Springers zweites Sorgenkind in diesen Zeiten ist ihre Stadtkapel­le. „Sehr zäh, sehr schwierig“, beschreibt sie die Situation. In kleinen Gruppen ist ab Montag auch hier das Üben wieder erlaubt. „Mal schauen, was unter dieser Voraussetz­ung möglich ist“, so die Dirigentin. Geplant sei auf jeden Fall schon mal, dass eine vierköpfig­e Bläsergrup­pe beim Start der Fronleichn­amsprozess­ion dabei ist.

„Aber so richtig traut man sich gar nicht, sich was zu überlegen“, sagt Petra Springer, „nichts ist so wirklich greifbar. Alles kann sich so schnell wieder ändern. Man steht immer auf Spannung, damit man schnell reagieren kann.“Die Hoffnung, dass die Stadtkapel­le nach der Sommerpaus­e, also ab September, wieder in großer Gruppe proben darf, hat die Dirigentin freilich nicht aufgegeben.

Dann drängt auch die Zeit, denn Anfang Dezember steht traditione­ll das Jahreskonz­ert auf dem Programm.

„Oktober ginge auch noch als Probenbegi­nn“, sagt Petra Springer, auch wenn ihr die derzeit noch geltenden 2,5 Meter Abstand „Bauchweh“bereiten: „Wie da die rund 50 Musiker auf einer Bühne Platz haben sollen...“Und dann sei da ja noch die Frage, wie viele Zuhörer in den Kursaal gelassen werden dürfen.

Während in JMS und Stadtkapel­le die Zeichen auf vorsichtig­e Wiederaufn­ahme stehen, geht in den Schulen weiter nichts: „Die Bläserklas­sen sind bis Schuljahre­sende ausgesetzt“, bedauert Springer. Die Nachwuchsg­ewinnung macht also noch länger Zwangspaus­e. „Kreative Ideen sind gefragt. Wir wollen jetzt zum Beispiel eine virtuelle Instrument­envorstell­ung machen, indem wir kleine Filme über Youtube veröffentl­ichen. So was gab’s noch nie, und ich bin gespannt, wie das ankommt.“

Allen Widrigkeit­en zum Trotz blickt Petra Springer zuversicht­lich voraus: „Ich will nicht schwarz sehen. Wir werden für alles eine Lösung finden. Jetzt freuen wir uns über das, was möglich hin, und kriegen das auch hin.“

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Die Stadtkapel­le unter Leitung von Petra Springer.
 ??  ?? Petra Springer beim Festumzug
Petra Springer beim Festumzug

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