Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Ein Weg aus dem musikalischen Lockdown
An der JMS darf wieder Blasmusik unterrichtet werden – Auch Stadtkapelle kann proben
BAD WURZACH - Die gute Nachricht kam am Donnerstagabend: Die Blasmusiker dürfen wieder üben, wenn auch nur in kleinen Gruppen. „Wir sind sehr glücklich“, freut sich Petra Springer trotz strenger Auflagen.
Die Musikerin ist als Leiterin der städtischen Jugendmusikschule (JMS) Bad Wurzach und der Stadtkapelle der Riedstadt doppelt vom Lockdown betroffen gewesen. Der Unterricht in der JMS ruhte ebenso über Wochen wie der Probebetrieb des Orchesters.
Zumindest die Jugendmusikschule durfte vor Wochenfrist wieder loslegen. Erlaubt war aber der Unterricht nur für Tasten-, Schlag-, Zupfund Streichinstrumente, und das auch nur für maximal zwei Schüler. „Bei uns gibt es sogar ausschließlich Einzelunterricht“, berichtet Springer. „Und selbst das war eine große Herausforderung. man möchte ja alles richtig machen, zum Schutz von Schüler und Lehrer.“
Viel fand in den vergangenen Wochen daher als Online-Unterricht statt. „Aber das ist schwierig. Ein Zusammenspiel ist gar nicht möglich, weil die Reaktionszeit der Computer viel zu unterschiedlich ist.“Und auch die Qualität der Tonübertragungen ist für den Musikunterricht eigentlich nicht geeignet. „Es schleifen sich Fehler ein, die online nicht zu hören sind“, bedauert Petra Springer und weiß: „Die Lehrer werden viel Arbeit haben, wenn ein halbwegs normaler Unterricht wieder erlaubt ist.“
Ein Schritt in diese Richtung darf nach den neuerlichen Lockerungen der Landesregierung nun getan werden. Das Spielen von Tasten-, Schlag-, Zupf- und Streichinstrumenten darf wieder in Gruppen bis zu zehn Personen gelehrt werden. Und auch den Blasmusikschülern – in der
JMS Bad Wurzach sind das gut die Hälfte der etwa 400 Kinder und Jugendlichen – ist die Rückkehr erlaubt.
Einzuhalten sind dabei 2,5 Meter Abstand, gelehrt darf nur in Räumen mit einer Mindestgröße von zehn Quadratmetern. Dazu gelten die üblichen Hygienevorschriften und zahlreiche spezielle für die Instrumente.
„Etwas kurzfristig“kam die Erlaubnis, sagt die JMS-Leiterin. An Christi Himmelfahrt wurde sie veröffentlicht, gültig ab 22. Mai.
Und so sei es bei ihr am Freitag „vogelwild“zugegangen, erzählt Petra Springer. Räume mussten organisiert, Gruppen eingeteilt, Lehrer, Eltern und Schüler informiert werden.
Zwei der zehn an der JMS Bad Wurzach angestellten Lehrer zählen zu einer Risikogruppe. „Sie dürfen unterrichten, wenn sie wollen, müssen aber eine Erklärung unterschreiben.“Gesangsunterricht ist übrigens auch wieder als Einzelunterricht möglich. Tanzunterricht ist ab dem 2. Juni in maximal zehnköpfigen Gruppen
wieder erlaubt.
Petra Springers zweites Sorgenkind in diesen Zeiten ist ihre Stadtkapelle. „Sehr zäh, sehr schwierig“, beschreibt sie die Situation. In kleinen Gruppen ist ab Montag auch hier das Üben wieder erlaubt. „Mal schauen, was unter dieser Voraussetzung möglich ist“, so die Dirigentin. Geplant sei auf jeden Fall schon mal, dass eine vierköpfige Bläsergruppe beim Start der Fronleichnamsprozession dabei ist.
„Aber so richtig traut man sich gar nicht, sich was zu überlegen“, sagt Petra Springer, „nichts ist so wirklich greifbar. Alles kann sich so schnell wieder ändern. Man steht immer auf Spannung, damit man schnell reagieren kann.“Die Hoffnung, dass die Stadtkapelle nach der Sommerpause, also ab September, wieder in großer Gruppe proben darf, hat die Dirigentin freilich nicht aufgegeben.
Dann drängt auch die Zeit, denn Anfang Dezember steht traditionell das Jahreskonzert auf dem Programm.
„Oktober ginge auch noch als Probenbeginn“, sagt Petra Springer, auch wenn ihr die derzeit noch geltenden 2,5 Meter Abstand „Bauchweh“bereiten: „Wie da die rund 50 Musiker auf einer Bühne Platz haben sollen...“Und dann sei da ja noch die Frage, wie viele Zuhörer in den Kursaal gelassen werden dürfen.
Während in JMS und Stadtkapelle die Zeichen auf vorsichtige Wiederaufnahme stehen, geht in den Schulen weiter nichts: „Die Bläserklassen sind bis Schuljahresende ausgesetzt“, bedauert Springer. Die Nachwuchsgewinnung macht also noch länger Zwangspause. „Kreative Ideen sind gefragt. Wir wollen jetzt zum Beispiel eine virtuelle Instrumentenvorstellung machen, indem wir kleine Filme über Youtube veröffentlichen. So was gab’s noch nie, und ich bin gespannt, wie das ankommt.“
Allen Widrigkeiten zum Trotz blickt Petra Springer zuversichtlich voraus: „Ich will nicht schwarz sehen. Wir werden für alles eine Lösung finden. Jetzt freuen wir uns über das, was möglich hin, und kriegen das auch hin.“