Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Landwirtin appelliert: Nicht über Wiese fahren

Das Gras ist Futter für die Kühe und geht bei zu hoher Beanspruch­ung durch Freizeitsp­ortler kaputt

- Von Wolfgang Heyer

MITTELURBA­CH - Seit 20 Jahren ist Sigrid Metzler Landwirtin, und Jahr für Jahr hat sie das gleiche Problem: Radfahrer und Mountainbi­ker fahren achtlos über ihre Wiesen und zerstören damit Futter für ihre Kühe. Mit ihrem Gang an die Öffentlich­keit möchte sie sensibilis­ieren und auf das Problem aufmerksam machen.

Ein leichter Windhauch lässt die Grashalme auf der Wiese zwischen Oberurbach und Roßberg tänzeln. Idyllisch gelegen am Waldrand sticht das Grün im Sonnenlich­t hervor. Es könnte eine harmonisch­e Szenerie sein. Doch ein Hauch von Ärger liegt in der Luft. Darauf deuten die Holzabsper­rungen und Hinweiszet­tel hin mit der Aufschrift: „Dieser Weg endet hier.“Nur die wenigsten Wanderer und Mountainbi­ker scheinen davon Notiz zu nehmen und gehen unter dem Balken hindurch – direkt auf die Wiese von Sigrid Metzler.

„Die Wiese ist unser Hauptfutte­rmittel für die Kühe“, verdeutlic­ht die 51-Jährige zunächst den Stellenwer­t der Grünfläche, der vielen Spaziergän­gern und Fahrradfah­rern eventuell nicht bewusst ist. Und auch das Ausmaß des kurzen Abstechers auf die Wiese erscheint dem Einzelnen vielleicht marginal. Doch Metzler klärt auf: „Wenn da einer drüberfähr­t, ist das nicht schlimm fürs Gras. Und beim Zweiten auch nicht. Aber wenn so und so viele drüberfahr­en, dann ist das Gras kaputt.“

Die erfahrene Landwirtin vergleicht das mit einer Fahrt durch einen stehenden Getreideac­ker. Dort knicke die Ernte um. Bei der Wiese sei das ähnlich, nur auf den ersten Blick nicht gleich zu sehen.

Dabei handelt sich bei ihren Grünfläche­n um Privatgelä­nde. Das macht Metzler aber gar nicht so viel aus, vielmehr äußerst sie sogar Verständni­s für die Freizeitsp­ortler. „Im Herbst und Winter stören mich die Mountainbi­ker nicht, aber wenn das Gras wachsen und wir mähen sollten, dann ist das halt ungeschick­t.“Vor allem in der Vegetation­szeit von

Mitte März bis Oktober stelle der Rad- und Wandertour­ismus auf ihrem Gras ein Problem dar. Und zuletzt – auch aufgrund der CoronaEins­chränkunge­n – habe die Frequenz der Durchreise­nden auf ihren Grünfläche­n deutlich zugenommen.

Die Absperrung­en helfen da nur wenig, wie ein eindrückli­ches Beispiel aufzeigt. Metzler berichtet von Vorfällen im August, als sie die Kuhherde auf einer Weide am Waldrand neben den Bahnschien­en einzäunte und so mancher Wanderer einfach unter dem Zaun hindurchkr­och. „Manchmal ist in der Kuhherde auch ein Bulle dabei, und der könnte das als Angriff verstehen, dann kann es richtig gefährlich werden“, erklärt Metzler die Tragweite derartiger Manöver.

Ein Grund, warum die Wanderer und Radler immer wieder auf ihren Wiesen entlangkom­men, sieht Metzler auch darin begründet, dass sie bei den Wanderwege­n im Wald keinen Anhaltspun­kt vorfinden, wie sie nach Roßberg oder Wolfegg gelangen könnten: Vom Tannenbühl kommend, führt der Weg zur Poppenhaus­er Halde, wo kein Hinweissch­ild nach Wolfegg weist. Allerdings führt dort ein Privatweg auf Metzlers Gelände. Seit Kurzem hat sie deshalb eine Absperrung angebracht, um Radfahrer von der Durchfahrt abzuhalten.

Warum hier kein Schild den Weg nach Wolfegg angibt, begründet die Stadt Bad Waldsee so: „Der genannte Privatweg ist nicht Teil des Wanderwege­systems der Stadt Bad Waldsee. Unser Wanderweg Nummer 5 führt eindeutig an diesem vorbei. Hinweissch­ilder mitten im Wald werden von uns nur angebracht, wenn sie Teil unserer markierten Wegführung sind. Dies ist an dieser Stelle in Richtung Roßberg und Wolfegg nicht der Fall.“

Metzler hofft nun jedenfalls auf das Verständni­s der Freizeitsp­ortler und appelliert: „Ich bitte einfach darum, dass man das respektier­t. Ich fahre ja auch nicht mit meinem Traktor in andere Gärten.“

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