Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Nur Arbeit, kein Verdienst“
Reisebüros bekommen die Corona-Pandemie besonders hart zu spüren
ISNY - „Nur Arbeit, kein Verdienst“– so fasst Konrad Schüle die aktuelle Situation zusammen. Der Inhaber von „Schüle Reisen Touristik“blickt, wie viele seiner Kollegen, in eine ungewisse Zukunft. „Wir wissen nicht, was passiert“, sagt er im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“klipp und klar. Die Reisebranche bekomme die Corona-Pandemie besonders hart zu spüren.
Stornierungen und Umbuchungen von Urlaubsreisen bestimmen in diesen Tagen den Alltag im Reisebüro von Konrad Schüle. Umsatz generiert das Unternehmen dadurch nicht; Neubuchungen: Fehlanzeige. „Das ruht im Moment alles“, betont der Isnyer. Viele Erholungssuchende würden sich derzeit fragen, ob sie eine bereits gebuchte Sommerreise ins Ausland antreten können. Eine klare Antwort darauf können auch die Mitarbeiter eines Reisebüros momentan nicht geben. Deshalb wird häufig empfohlen, zunächst abzuwarten. „Sagt der Veranstalter dann die Reise ab, gibt es das Geld zurück“, erklärt Schüle.
Der Tourismus-Beauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, hatte sich kürzlich optimistisch gezeigt, was eine Urlaubsreise im Sommer in andere EU-Länder betrifft. Diese Aussage habe allerdings keine Auswirkungen auf das Buchungsverhalten von Isnyern gehabt. Im Trend seien Reisen innerhalb Deutschlands. Doch die werden offenbar nicht im Reisebüro gebucht, vermutet Schüle, der von Seiten der Politik klare Ansagen in puncto Urlaubsaufenthalte vermisst. Dennoch ist er hoffnungsvoll, dass im August zahlreiche Reisen möglich sind.
Eine ähnliche Situation schildert Walter Schaffer, der in Isny das „Reisebüro am Wassertor“betreibt. Zu Beginn der Corona-Krise hätten die Mitarbeiter alles daran gesetzt, die Kunden „wieder gut behalten und gesund aus den Urlaubsländern zurück nach Deutschland zu bringen“. Gleichzeitig seien „so gut wie keine Neubuchungen“eingegangen, erklärte er gegenüber der SZ.
Auch im Reisebüro am Wassertor folgte eine Welle an Stornierungen bereits gebuchter Reisen durch die Veranstalter, was einen „enormen Mehraufwand“bedeutete, erklärt Schaffer. So müssten die Kunden beispielsweise über verschiedene Möglichkeiten der Kostenerstattung –
Auszahlung, Umbuchung oder Gutscheinlösung – informiert werden. Oft seien die Reisen auch über verschiedene Veranstalter oder Fluggesellschaften, die unterschiedliche Rückerstattungen anbieten, „bausteinmäßig“zusammengesetzt worden.
Diese Mehrarbeit macht laut Schaffer „nicht nur das Geschäft der vergangenen Wochen und Monate zunichte“, sondern sorge dafür, dass bei fehlenden Einnahmen trotzdem die „normalen Kosten“anfallen, etwa der Lohn der Mitarbeiter. Um die Situation zu verbessern, seien seiner Einschätzung nach „staatlich abgesicherte Gutscheine als Lösung zur vorübergehenden Liquiditätshilfe sowie ein staatlicher Hilfsfonds als mittelfristige Branchensicherung“dringend notwendig, fordert Schaffer.
Dieser Meinung sind auch mehrere führende Reisebüroorganisationen. In einem offenen Brief an die verantwortlichen Politiker der Bundesregierung haben sie bereits Ende April auf ihre dramatische, existenzbedrohende Lage aufmerksam gemacht. Abhilfe wurde in Berlin bislang nicht geschaffen. Die Inhaber der Reisebüros leben aktuell sprichwörtlichen von der Hand im Mund.