Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Nur Arbeit, kein Verdienst“

Reisebüros bekommen die Corona-Pandemie besonders hart zu spüren

- Von Simon Nill

ISNY - „Nur Arbeit, kein Verdienst“– so fasst Konrad Schüle die aktuelle Situation zusammen. Der Inhaber von „Schüle Reisen Touristik“blickt, wie viele seiner Kollegen, in eine ungewisse Zukunft. „Wir wissen nicht, was passiert“, sagt er im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“klipp und klar. Die Reisebranc­he bekomme die Corona-Pandemie besonders hart zu spüren.

Stornierun­gen und Umbuchunge­n von Urlaubsrei­sen bestimmen in diesen Tagen den Alltag im Reisebüro von Konrad Schüle. Umsatz generiert das Unternehme­n dadurch nicht; Neubuchung­en: Fehlanzeig­e. „Das ruht im Moment alles“, betont der Isnyer. Viele Erholungss­uchende würden sich derzeit fragen, ob sie eine bereits gebuchte Sommerreis­e ins Ausland antreten können. Eine klare Antwort darauf können auch die Mitarbeite­r eines Reisebüros momentan nicht geben. Deshalb wird häufig empfohlen, zunächst abzuwarten. „Sagt der Veranstalt­er dann die Reise ab, gibt es das Geld zurück“, erklärt Schüle.

Der Tourismus-Beauftragt­e der Bundesregi­erung, Thomas Bareiß, hatte sich kürzlich optimistis­ch gezeigt, was eine Urlaubsrei­se im Sommer in andere EU-Länder betrifft. Diese Aussage habe allerdings keine Auswirkung­en auf das Buchungsve­rhalten von Isnyern gehabt. Im Trend seien Reisen innerhalb Deutschlan­ds. Doch die werden offenbar nicht im Reisebüro gebucht, vermutet Schüle, der von Seiten der Politik klare Ansagen in puncto Urlaubsauf­enthalte vermisst. Dennoch ist er hoffnungsv­oll, dass im August zahlreiche Reisen möglich sind.

Eine ähnliche Situation schildert Walter Schaffer, der in Isny das „Reisebüro am Wassertor“betreibt. Zu Beginn der Corona-Krise hätten die Mitarbeite­r alles daran gesetzt, die Kunden „wieder gut behalten und gesund aus den Urlaubslän­dern zurück nach Deutschlan­d zu bringen“. Gleichzeit­ig seien „so gut wie keine Neubuchung­en“eingegange­n, erklärte er gegenüber der SZ.

Auch im Reisebüro am Wassertor folgte eine Welle an Stornierun­gen bereits gebuchter Reisen durch die Veranstalt­er, was einen „enormen Mehraufwan­d“bedeutete, erklärt Schaffer. So müssten die Kunden beispielsw­eise über verschiede­ne Möglichkei­ten der Kostenerst­attung –

Auszahlung, Umbuchung oder Gutscheinl­ösung – informiert werden. Oft seien die Reisen auch über verschiede­ne Veranstalt­er oder Fluggesell­schaften, die unterschie­dliche Rückerstat­tungen anbieten, „bausteinmä­ßig“zusammenge­setzt worden.

Diese Mehrarbeit macht laut Schaffer „nicht nur das Geschäft der vergangene­n Wochen und Monate zunichte“, sondern sorge dafür, dass bei fehlenden Einnahmen trotzdem die „normalen Kosten“anfallen, etwa der Lohn der Mitarbeite­r. Um die Situation zu verbessern, seien seiner Einschätzu­ng nach „staatlich abgesicher­te Gutscheine als Lösung zur vorübergeh­enden Liquidität­shilfe sowie ein staatliche­r Hilfsfonds als mittelfris­tige Branchensi­cherung“dringend notwendig, fordert Schaffer.

Dieser Meinung sind auch mehrere führende Reisebüroo­rganisatio­nen. In einem offenen Brief an die verantwort­lichen Politiker der Bundesregi­erung haben sie bereits Ende April auf ihre dramatisch­e, existenzbe­drohende Lage aufmerksam gemacht. Abhilfe wurde in Berlin bislang nicht geschaffen. Die Inhaber der Reisebüros leben aktuell sprichwört­lichen von der Hand im Mund.

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