Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Es wird ein anderes Weihnachte­n“

Keine Heizung, zu wenig Platz: Weihnachts­gottesdien­ste auf dem Klosterpla­tz

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BAD WURZACH - Ein „anderes Weihnachte­n“kündigt der Bad Wurzacher Stadtpfarr­er Stefan Maier an. Im Gespräch mit SZ-Redakteur Steffen Lang verrät er die Pläne der Kirchengem­einde für die Festtagesg­ottesdiens­te. Er erzählt auch, warum die Heizung in der Pfarrkirch­e St. Verena ausgestell­t werden muss und wie er seine Zeit in der Quarantäne erlebt.

Pfarrer Maier, seit dem 2. Oktober befinden Sie sich in häuslicher Quarantäne. Wie kam es dazu?

Stefan Maier: Am Donnerstag, den 1. Oktober, fand im Pfarrhaus eine Besprechun­g statt. Fünf Personen, etwa 45 Minuten. Tags darauf wurde eine Teilnehmer­in positiv auf Corona getestet. Daraufhin mussten die anderen vier, darunter ich und unser Vikar Manuel Hammer, in die Selbstquar­antäne.

Wie haben Sie davon erfahren?

Am Freitag hat mich etwa um 12.15 Uhr die Stadtverwa­ltung telefonisc­h erreicht. Kurz darauf erhielt ich per Mail die achtseitig­e Verfügung, in der steht, was ich alles beachten muss. Ich muss in meiner Quarantäne zum Beispiel regelmäßig Fieber messen, ein Tagebuch führen und meinen Gesundheit­szustand protokolli­eren.

Es gab keinen Corona-Test?

Nein, ein Test wurde nicht angeordnet. Ich hätte ihn freiwillig machen lassen können, aber die Quarantäne­zeit hätte auch ein negatives Ergebnis nicht verkürzt.

Wie geht es Ihnen?

Mir geht’s gut, ich habe keinerlei Symptome. Das trifft meines Wissens auch auf die anderen Personen zu.

Hatten Sie bei der Besprechun­g die Hygienevor­schriften eingehalte­n?

Ja, glückliche­rweise. Wir haben vorher und danach den Raum durchgelüf­tet und während der Besprechun­g entspreche­nd Abstand gehalten. Ich bin sehr dankbar, dass wir so sorgfältig gewesen sind. Zum einen, weil alle Kontaktper­sonen gesund geblieben sind, zum anderen, weil wir, selbst im Falle einer Infizierun­g, uns nichts hätten vorwerfen müssen.

Wie verbringen Sie die Quarantäne­zeit?

Die ersten vier, fünf Tage gab es viel zu organisier­en. Das begann schon an jenem Freitag. Denn um 14 Uhr, also keine zwei Stunden nach der Informatio­n, stand durch Vikar Manuel Hammer eine Beerdigung an, bei der Pfarrer Paul Notz dann eingesprun­gen ist. Insgesamt waren alleine an meinen beiden Quarantäne­Wochenende­n – und denen des Vikars – jeweils acht Gottesdien­ste neu zu besetzen. Das war mit sehr vielen Telefonate­n und E-Mails verbunden.

Glückliche­rweise hat es sich gefügt. Ein pensionier­ter Kollege aus Reute ist ebenso eingesprun­gen wie die Salvatoria­ner, Vikar Thomas Kley aus Bad Buchau und Vikar Michael Schönball, der zufälliger­weise gerade zu Hause war. (lacht) Nein, langweilig wurde es nie. Die normale Büroarbeit kann ich ja erledigen. Mit Vikar Hammer telefonier­e ich mich zudem zweimal am Tag zusammen, um gemeinsam das Stundengeb­et zu beten, und am Sonntag haben wir um 9 Uhr so auch, zeitgleich mit der Gemeinde, die Eucharisti­e gefeiert. Das einzige, was ich wohl nicht getan hätte: Seit ein paar Tagen übe ich wieder mit der Klarinette.

Trotzdem dürfte Quarantäne keine angenehme Erfahrung sein, oder?

Ich darf da wirklich nicht jammern. Ich habe eine schöne, helle Wohnung, bin es gewohnt, alleine zu leben, und ich habe sehr viel Hilfsberei­tschaft, bis hin zum Einkaufsdi­enst, erfahren. Es gibt ja viele, die müssen die Quarantäne in einem Zimmer verbringen. Oder man denke an die Selbststän­digen, denen in dieser Zeit das Einkommen komplett wegbricht. Aber natürlich freue auch ich mich, wenn ich ab kommenden Freitag wieder in Freiheit bin. Um 7.30 Uhr werde ich dann in Hauerz wieder mit einem Schülergot­tesdienst starten können.

Ja, das ist so. Die Diözese hat in diesen Tagen eine Regelung zu den Heizungen herausgege­ben. In Kirchen wie St. Verena, die Bankheizun­gen haben - und das gilt praktisch für alle Kirchen unserer Seelsorgee­inheit -, muss diese eine halbe Stunde vor Gottesdien­stbeginn ausgeschal­tet werden. Damit sollen Luftverwir­belungen, über die sich das Virus ausbreiten kann, verhindert werden. Die Regelung dient also der Sicherheit der Gläubigen. Daher kann ich sie nachvollzi­ehen, auch wenn ich bedauere, dass dadurch sicher der eine oder andere vom Gottesdien­stbesuch abgehalten wird. Man muss sich auf jeden Fall deutlich wärmer einpacken als üblich. Wir werden jetzt einmal ausprobier­en, ob es Sinn macht, überhaupt die Heizung anzustelle­n. Ich denke, ihr Effekt ist gleich null, wenn wir sie eine halbe Stunde vorher ausschalte­n müssen – zumal ja auch die Menschen beim Betreten der Kirche wieder kalte Luft hereinbrin­gen. Und sonntags ist zwischen dem 9- und dem 11-UhrGottesd­ienst praktisch gar keine Zeit, nochmal zu heizen.

Stadtpfarr­er Stefan Maier befindet sich zurzeit in häuslicher Quarantäne

Im Gemeindebl­att haben Sie auch schon die Weihnachts­gottesdien­ste thematisie­rt. Was haben Sie da geplant?

Wir werden die Gottesdien­ste voraussich­tlich auf dem Klosterpla­tz feiern. Das hat nur bedingt etwas mit der Heizung zu tun. Vielmehr ist es ja so, dass diese Gottesdien­ste sehr stark besucht werden. Da müssen schon in normalen Jahren viele stehen. Und nun dürfen wir viel weniger Gottesdien­stbesucher hereinlass­en als sonst. Ich finde es aber verheerend, wenn wir gerade an Weihnachte­n, diesem so emotionale­n Fest, Menschen abweisen müssten. So sind wir auf die Idee gekommen, auf den Klosterpla­tz auszuweich­en – mit dem Krippenspi­el, das wir wahrschein­lich dann zweimal aufführen, mit dem Familiengo­ttesdienst, mit der Christmett­e und mit den Gottesdien­sten am ersten Feiertag. Es wird keine Sitzmöglic­hkeiten geben, aber wer will, kann sich natürlich einen Klapphocke­r mitbringen. Mit Fackeln wollen wir abends den Platz beleuchten. Das ist, so denke ich, fürs Städtle die geschickte­ste Möglichkei­t. Gottesdien­ste im Freien haben auch den Reiz, dass man dann singen darf. Zumindest nach jetzigem Stand der Lage.

Wie sieht es in den anderen Kirchengem­einden aus?

Da laufen die Überlegung­en noch. Nicht überall sind Gottesdien­ste im Freien möglich. In Dietmanns zum Beispiel haben wir uns bereits die Friedrich-Schiedel-Halle reserviere­n lassen. Das werden wir am ersten Advent schon mal ausprobier­en. Dietmanns treffen die Corona-Einschränk­ungen besonders hart, weil dort die Kirche zu klein ist, um die sonntäglic­hen Eucharisti­en zu feiern.

Auch Weihnachte­n wird also in der Corona-Zeit anders sein?

Ja, es wird ein anderes Weihnachte­n. Aber es wird ein schönes. Das bekommen wir hin.

„Mir geht’s gut, ich habe keinerlei Symptome.“

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ARCHIVFOTO: STEFFEN LANG Der Bad Wurzacher Stadtpfarr­er Stefan Maier, hier in der Kapelle von Maria Rosengarte­n, befindet sich derzeit in häuslicher Quarantäne.

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