Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Mein Schutzenge­l braucht mal eine Pause“

Julia Schultz erreicht als erste Frau den Explorer-Grand-Slam – Sie ist auf Skiern zum Nord- und zum Südpol gegangen

- Von Christine Hofer-Runst

AITRACH - Um es vorweg zu nehmen: Ob Julia Schultz, Bergsteige­rin und Buchautori­n aus Memmingen, den Mount Everest tatsächlic­h in Ringelsock­en bestiegen hat, wurde bei der Lesung in Aitrach nicht bestätigt. Dafür ließ sie ihr Publikum in Wort und Bild an ihren beeindruck­enden Expedition­en teilhaben.

In ihrer Begrüßung stellte Berta Frey, Verantwort­liche des Kulturkrei­ses Aitrach, die Sportlerin und ihre bisherigen Höchstleis­tungen vor: „Sie ist die erste deutsche Frau, die den Explorer-Grand-Slam geschafft hat, die auf Skiern sowohl zum Nord- als auch zum Südpol gegangen ist, die bei Markus Lanz eingeladen war und deren Besuch bei der Frankfurte­r Buchmesse eingeplant war“.

Julia Schultz eröffnete die Lesung aus ihrem Buch „In Ringelsock­en aufs Dach der Welt“, mit grandiosen Fotoaufnah­men ihrer Expedition­en. Begonnen hatte sie schon als Kind mit, zumeist langweilig­en und unliebsame­n, Wanderunge­n durchs Allgäu. Erst als junge Frau suchte sie wieder die Ruhe der Natur und die Herausford­erungen der Berge und mutierte vom Bergmuffel zum Bergfloh, wie sie sich selbst beschreibt.

Ein hilfreiche­r und motivieren­der Partner war zu dieser Zeit Udo von der Bergschule Allgäu. Er war es auch, der die reiselusti­ge und sehr sympathisc­he Bergsteige­rin überredete, 2007 den Kilimandsc­haro zu besteigen. In ihrer Buchpassag­e beschreibt sie darin das Eintauchen in die fremde, afrikanisc­he Kultur, das Zusammenle­ben des Bergsteige­rteams und die Faszinatio­n des Gipfels, der sich, nach ihren Worten: „Wie ein gezuckerte­r Gugelhupf“präsentier­te. Insgesamt vier Tage dauerte der Aufstieg über die Rongai-Route, der vermutlich schönste Weg, den Gipfel zu erreichen. Sie ließ ihre Zuhörer wissen, wie Körperhygi­ene in großer Höhe aussieht, ohne Dusche, dafür mit ausreichen­d

Feuchttüch­ern, dass hartgefror­ene Energierie­gel unbedingt gegen Schokolade und Kekse auszutausc­hen sind und wie der innere Schweinehu­nd stets überwunden werden muss, um schlussend­lich die Euphorie genießen zu können, wenn man sein gewünschte­s Ziel erreicht hat und ganz oben steht.

„Der Mount Everest war eigentlich nie ein Ziel von mir, zumal ich meinem Vater immer verspreche­n musste: Bloß keinen Achttausen­der“, sagte Julia Schultz und ergänzte: „Mit meiner extravagan­ten Art Urlaub zu machen, habe ich meiner Familie schon Einiges abverlangt“. Nachdem sie jedoch sechs Summits bestiegen und zudem beide Pole erlaufen hatte, gab es nur noch dieses eine Ziel, das ihr fehlte und so machte sie sich auf den Weg. Der Gipfel sei dabei vordergrün­dig nicht das Ziel gewesen, vielmehr nahm sie sich vor, die tägliche Etappe zu überstehen.

Dank eines ausgezeich­neten Teams, gelangte die Gruppe gesund und wohlbehalt­en wieder ins Tal. In diesem Zusammenha­ng verschweig­t Schultz nicht, dass sie ihren Schutzenge­l mitunter schon arg strapazier­t habe. Da war das schwere Erdbeben, als sie gerade auf Trekkingto­ur in Nepal unterwegs war, und während ihren Expedition­en erlebte sie so manchen Lawinenabg­ang in unmittelba­rer Nähe mit. Es sei aber immer alles gut gegangen und dafür sei sie wirklich dankbar. Auf ihre künftigen Reisepläne angesproch­en, überlegte Schultz nicht lange; Bhutan soll es sein. Die Mischung aus buddhistis­chen Sehenswürd­igkeiten und ausgefalle­nen Trekkingto­uren im Hochhimala­ya seien ihr nächstes Ziel.

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FOTO: CHRISTINE HOFER-RUNST Ihr Buch „In Ringelsock­en aufs Dach der Welt“entstand aus den Reisetageb­üchern, die Julia Schultz stets führte.

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