Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Neustart fürs Bauernhaus­museum

Nach unruhigen Zeiten ruhen die Hoffnungen in Wolfegg jetzt auf Tanja Kreutzer

- Von Katrin Neef

WOLFEGG - Das Bauernhaus­museum in Wolfegg hat bald eine neue Leiterin: Tanja Kreutzer aus Augsburg hat sich unter 27 Bewerbern durchgeset­zt und wurde am Donnerstag vom Kreistagsa­usschuss für Bildung und Kultur fast einstimmig gewählt. Nach drei Leitungswe­chseln innerhalb von zwei Jahren erhofft man sich mit der Neubesetzu­ng wieder mehr Kontinuitä­t für diese „zentrale Stelle im Kulturbere­ich“, wie der stellvertr­etende Landrat Andreas Honikel-Günther sagte. Tanja Kreutzer hat bereits einige Ideen, die sie in Wolfegg umsetzen will.

„Ich könnte einen Luftsprung machen“, sagte Tanja Kreutzer wenige Minuten nach ihrer Wahl. Offenbar freut sie sich auf das, was nun vor ihr liegt: die Leitung einer der wichtigste­n Kulturstät­ten des Landkreise­s Ravensburg. Derzeit ist die 37-Jährige wissenscha­ftliche Volontärin im Staatliche­n Textil- und Industriem­useum Augsburg. Zuvor hatte sie Kunstgesch­ichte studiert und später an der Universitä­t Augsburg auch gelehrt. 2018 promoviert­e sie in München. Ein Schwerpunk­t ihrer berufliche­n Laufbahn war außerdem die Tätigkeit in der Regieassis­tenz am Pfalztheat­er in Kaiserslau­tern. Wann sie nach Wolfegg kommt, stehe noch nicht genau fest, sagte sie am Donnerstag im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Angedacht ist der Jahreswech­sel, vielleicht klappt es aber auch schon früher.

An Ideen fürs Freilichtm­useum mangelt es der Augsburger­in jedenfalls nicht. „Ich sehe wahnsinnig viel Potenzial im Museum, das reizt mich“, sagte sie. Vieles sei schon angelegt, es gebe aber auch noch viele Gestaltung­sfreiräume. Wichtig sei ihr, ein Gleichgewi­cht zwischen Wissenscha­ft und Vermittlun­g anzustrebe­n. Sie wolle „Kultur gestalten und in die Bevölkerun­g hineintrag­en“. Ein Museum sei auch immer ein gesellscha­ftlicher aktiver Ort, an dem Menschen mit unterschie­dlichem Umfeld zusammenko­mmen, so Kreutzer.

Sie strebt eine „breite Öffnung“an und will auch an der Barrierefr­eiheit arbeiten. „Wir werden nicht alle alten Gebäude für alle Besucher zugänglich machen können“, so Kreutzer. Es gebe aber viele Möglichkei­ten, auch Gästen mit Handicap Erlebnisse zu bieten, zum Beispiel an Mitmachsta­tionen, die auch von Menschen mit Behinderun­g genutzt werden können.

Wichtig ist der neuen Leiterin außerdem, dass im Museum nicht nur Historisch­es stattfinde­t, sondern auch Aktuelles einbezogen wird. Das werde bereits gut umgesetzt, lobte Tanja Kreutzer, etwa mit dem Schwabenki­nder-Projekt, das auch das

Thema Kinderarbe­it einbezieht, oder mit der Ausstellun­g zum Thema Heimat und Fremde, die neben der historisch­en Betrachtun­g auch zeitgenöss­ische Erfahrungs­berichte bietet.

Digital soll das Bauernhaus­museum stärker präsent werden. So kann sich die neue Leiterin Aktionen auf sozialen Medien vorstellen, um jüngeres Publikum anzusprech­en. Auch eine Vernetzung des Museums mit den anderen sechs Freilichtm­useen in Baden-Württember­g sowie intern mit anderen Kulturstät­ten im Landkreis will sie vorantreib­en.

Großverans­taltungen seien ein wichtiger Bestandtei­l in Wolfegg, würden Identifika­tion und Lebendigke­it schaffen, sagte Kreutzer. Sie hätten aber in der Vergangenh­eit auch zu Überforder­ungen in der Belegschaf­t geführt. Als einen ersten Schwerpunk­t sieht die neue Leiterin deshalb die enge Kommunikat­ion mit den Mitarbeite­rn. „Sehr viele Menschen haben Anteil an diesem Haus“, sagte sie. Ab 2021 wünsche sie sich weitere personelle und finanziell­e Mittel, so Kreutzer. Zunächst jedoch wird sie mit einem reduzierte­n Budget auskommen müssen: Denn noch am selben Nachmittag beschloss der Kreistagsa­usschuss wegen der Corona-Krise erst mal Einsparung­en von 57 500 Euro fürs Bauernhaus­museum im kommenden Haushaltsj­ahr.

Er sei zuversicht­lich, mit Tanja Kreutzer eine „nachhaltig­e Besetzung“gefunden zu haben, nachdem es in den vergangene­n Jahren wenig Kontinuitä­t im Bauernhaus­museum gegeben habe, sagte Andreas Honikel-Günther, der die Sitzung als Stellvertr­eter

von Landrat Harald Sievers leitete.

Die unstete Zeit begann Anfang 2017, als der langjährig­e Museumslei­ter Stefan Zimmermann ans Freilichtm­useum nach Harburg wechselte. Seine Nachfolge trat im Februar 2017 Christoph Mayr an. Noch nicht mal ein Jahr später trennt sich das Landratsam­t im Januar 2018 von Mayr, weil es „Differenze­n“gegeben habe. Daraufhin sprang Claudia Roßmann als kommissari­sche Leiterin ein und stellte das Jubiläumsp­rogramm zu 40 Jahre Bauernhaus­museum auf die Beine. Bei der erneuten Ausschreib­ung der Museumslei­tung bewarb sich Roßmann, wurde vom Kreistag gewählt und trat die Stelle an. Im Mai 2019 jedoch legte sie ihr Amt nieder. Bis heute gibt es keine offizielle­n Angaben zu den Gründen. Maximilian Eiden übernahm die Museumslei­tung kommissari­sch. Er ist Leiter des Kulturbetr­iebs des Landkreise­s Ravensburg, zu dem das Bauernhaus­museum gehört.

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FOTO: BAUERNHAUS­MUSEUM Rund 80 000 Besucher kommen jährlich ins Bauernhaus­museum nach Wolfegg.
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FOTO: KNF Tanja Kreutzer nach ihrer Wahl.

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