Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Neustart fürs Bauernhausmuseum
Nach unruhigen Zeiten ruhen die Hoffnungen in Wolfegg jetzt auf Tanja Kreutzer
WOLFEGG - Das Bauernhausmuseum in Wolfegg hat bald eine neue Leiterin: Tanja Kreutzer aus Augsburg hat sich unter 27 Bewerbern durchgesetzt und wurde am Donnerstag vom Kreistagsausschuss für Bildung und Kultur fast einstimmig gewählt. Nach drei Leitungswechseln innerhalb von zwei Jahren erhofft man sich mit der Neubesetzung wieder mehr Kontinuität für diese „zentrale Stelle im Kulturbereich“, wie der stellvertretende Landrat Andreas Honikel-Günther sagte. Tanja Kreutzer hat bereits einige Ideen, die sie in Wolfegg umsetzen will.
„Ich könnte einen Luftsprung machen“, sagte Tanja Kreutzer wenige Minuten nach ihrer Wahl. Offenbar freut sie sich auf das, was nun vor ihr liegt: die Leitung einer der wichtigsten Kulturstätten des Landkreises Ravensburg. Derzeit ist die 37-Jährige wissenschaftliche Volontärin im Staatlichen Textil- und Industriemuseum Augsburg. Zuvor hatte sie Kunstgeschichte studiert und später an der Universität Augsburg auch gelehrt. 2018 promovierte sie in München. Ein Schwerpunkt ihrer beruflichen Laufbahn war außerdem die Tätigkeit in der Regieassistenz am Pfalztheater in Kaiserslautern. Wann sie nach Wolfegg kommt, stehe noch nicht genau fest, sagte sie am Donnerstag im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Angedacht ist der Jahreswechsel, vielleicht klappt es aber auch schon früher.
An Ideen fürs Freilichtmuseum mangelt es der Augsburgerin jedenfalls nicht. „Ich sehe wahnsinnig viel Potenzial im Museum, das reizt mich“, sagte sie. Vieles sei schon angelegt, es gebe aber auch noch viele Gestaltungsfreiräume. Wichtig sei ihr, ein Gleichgewicht zwischen Wissenschaft und Vermittlung anzustreben. Sie wolle „Kultur gestalten und in die Bevölkerung hineintragen“. Ein Museum sei auch immer ein gesellschaftlicher aktiver Ort, an dem Menschen mit unterschiedlichem Umfeld zusammenkommen, so Kreutzer.
Sie strebt eine „breite Öffnung“an und will auch an der Barrierefreiheit arbeiten. „Wir werden nicht alle alten Gebäude für alle Besucher zugänglich machen können“, so Kreutzer. Es gebe aber viele Möglichkeiten, auch Gästen mit Handicap Erlebnisse zu bieten, zum Beispiel an Mitmachstationen, die auch von Menschen mit Behinderung genutzt werden können.
Wichtig ist der neuen Leiterin außerdem, dass im Museum nicht nur Historisches stattfindet, sondern auch Aktuelles einbezogen wird. Das werde bereits gut umgesetzt, lobte Tanja Kreutzer, etwa mit dem Schwabenkinder-Projekt, das auch das
Thema Kinderarbeit einbezieht, oder mit der Ausstellung zum Thema Heimat und Fremde, die neben der historischen Betrachtung auch zeitgenössische Erfahrungsberichte bietet.
Digital soll das Bauernhausmuseum stärker präsent werden. So kann sich die neue Leiterin Aktionen auf sozialen Medien vorstellen, um jüngeres Publikum anzusprechen. Auch eine Vernetzung des Museums mit den anderen sechs Freilichtmuseen in Baden-Württemberg sowie intern mit anderen Kulturstätten im Landkreis will sie vorantreiben.
Großveranstaltungen seien ein wichtiger Bestandteil in Wolfegg, würden Identifikation und Lebendigkeit schaffen, sagte Kreutzer. Sie hätten aber in der Vergangenheit auch zu Überforderungen in der Belegschaft geführt. Als einen ersten Schwerpunkt sieht die neue Leiterin deshalb die enge Kommunikation mit den Mitarbeitern. „Sehr viele Menschen haben Anteil an diesem Haus“, sagte sie. Ab 2021 wünsche sie sich weitere personelle und finanzielle Mittel, so Kreutzer. Zunächst jedoch wird sie mit einem reduzierten Budget auskommen müssen: Denn noch am selben Nachmittag beschloss der Kreistagsausschuss wegen der Corona-Krise erst mal Einsparungen von 57 500 Euro fürs Bauernhausmuseum im kommenden Haushaltsjahr.
Er sei zuversichtlich, mit Tanja Kreutzer eine „nachhaltige Besetzung“gefunden zu haben, nachdem es in den vergangenen Jahren wenig Kontinuität im Bauernhausmuseum gegeben habe, sagte Andreas Honikel-Günther, der die Sitzung als Stellvertreter
von Landrat Harald Sievers leitete.
Die unstete Zeit begann Anfang 2017, als der langjährige Museumsleiter Stefan Zimmermann ans Freilichtmuseum nach Harburg wechselte. Seine Nachfolge trat im Februar 2017 Christoph Mayr an. Noch nicht mal ein Jahr später trennt sich das Landratsamt im Januar 2018 von Mayr, weil es „Differenzen“gegeben habe. Daraufhin sprang Claudia Roßmann als kommissarische Leiterin ein und stellte das Jubiläumsprogramm zu 40 Jahre Bauernhausmuseum auf die Beine. Bei der erneuten Ausschreibung der Museumsleitung bewarb sich Roßmann, wurde vom Kreistag gewählt und trat die Stelle an. Im Mai 2019 jedoch legte sie ihr Amt nieder. Bis heute gibt es keine offiziellen Angaben zu den Gründen. Maximilian Eiden übernahm die Museumsleitung kommissarisch. Er ist Leiter des Kulturbetriebs des Landkreises Ravensburg, zu dem das Bauernhausmuseum gehört.