Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
OSK bereitet sich auf mehr Patienten vor
Infiziertenzahlen steigen weiter – Warum der Landkreis dennoch halbwegs gut dasteht
RAVENSBURG - Die Corona-Zahlen im Kreis Ravensburg steigen weiter an. Am Dienstag meldete das Kreisgesundheitsamt 31 neue Fälle, die sich fast über den gesamten Kreis Ravensburg verteilen. Eine Häufung mit neun Fällen gab es in Wangen, gefolgt von Bad Waldsee (vier). Jeweils drei Menschen wurden in Ravensburg, Amtzell und Leutkirch positiv getestet, zwei in Kißlegg und jeweils einer in Altshausen, Argenbühl, Bad Wurzach, Horgenzell, Schlier, Weingarten und Wolpertswende. Sorgen bereitet die Altersverteilung. 18 der 31 positiv Getesteten sind 50 bis 75 Jahre alt. Ab diesem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit für einen schweren Krankheitsverlauf. Parallel zu den Neuinfizierten meldet das Landratsamt 14 Genesene. Damit steigt die Zahl der bekannten aktiven CoronaFälle auf 187.
Die sogenannte 7-Tage-Inzidenz stieg im Kreis am Dienstag auf 23,5. Der Wert beschreibt die Zahl an Neuinfektionen innerhalb von einer Woche auf 100 000 Einwohner. Er ist entscheidend, wenn es um die Verschärfung von Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie geht. In den vergangenen drei Wochen hat sich dieser Wert verdreifacht: Am 28. September lag er noch bei 7,4. Das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg (LGA) meldet aktuell einen etwas niedrigeren Wert von 23,1 (Stand: Dienstagabend). Dass die Zahlen uneinheitlich sind und das LGA immer ein wenig hinter den Zahlen des Landratsamtes herhinkt, liegt am sogenannten Meldeverzug. Laut LGA sind daran die Landkreise schuld: „Die sehr hohe Arbeitsbelastung der Gesundheitsämter vor Ort kann besonders bei Gesundheitsämtern mit hohen Fallzahlen zu einer Verzögerung der Dateneingabe und der Übermittlung der Fälle führen“, antwortet die Pressesprecherin des zuständigen Regierungspräsidiums Stuttgart, Stefanie Paprotka, auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Teilweise würden die Gesundheitsämter die aktuellen Daten erst nach 16 Uhr einpflegen, sodass sie es nicht mehr in den Tagesbericht der Landesbehörde schaffen.
Im Vergleich mit den anderen Stadt- und Landkreisen in BadenWürttemberg steht der Kreis Ravensburg trotz des hohen Anstiegs noch vergleichsweise gut da: Viele andere Kreise haben mittlerweile einen höheren Inzidenzwert. Das deutet auf eine gut funktionierende Nachverfolgung im Kreisgesundheitsamt hin. Die 7-Tage-Inzidenz lässt sich auch auf einzelne Städte und Gemeinden herunterbrechen. Wangen hat mit 14 neuen Fällen innerhalb von sieben Tagen bei 27 000 Einwohnern derzeit einen Wert von 51,8, Ravensburg von 19,6. Weingarten liegt mit fünf Fällen in einer Woche aktuell bei einem 7Tage-Inzidenzwert von ungefähr 20. Je kleiner die Kommune, desto mehr verzerren sich jedoch die Werte, wenn es selbst zu einer minimalen Häufung von Fällen, etwa in einer größeren Familie, kommt. So hat Baindt (5288 Einwohner) mit drei Fällen innerhalb einer Woche bereits eine 7-Tage-Inzidenz von 56,7 erreicht – normalerweise die Grenze, bei der über starke Kontaktbeschränkungen nachgedacht wird.
Derweil bereitet sich die Oberschwabenklinik (OSK) auf steigende Patientenzahlen vor. Derzeit werden fünf Menschen wegen einer Covid-19-Erkrankung an den Häusern des kommunalen Klinikverbunds behandelt. Drei liegen auf der CovidStation im Ravensburger Elisabethenkrankenhaus, zwei im Westallgäuklinikum Wangen. Von den Wangener Patienten muss einer auf der Intensivstation beatmet werden.
„Wir haben einen Vier-StufenPlan in der Schublade, wie wir bei steigenden Fallzahlen reagieren“, erklärt OSK-Pressesprecher Winfried Leiprecht. Momentan befinde man sich angesichts der überschaubaren Zahlen noch in Phase 1. Phase 2 trete ein, wenn die Zahl der Betten auf den Intensivstationen zwar noch ausreiche, aber das Personal knapp wird, etwa, weil es dort Krankheits- oder Quarantänefälle gibt. Dann müssten wieder Pflegekräfte aus anderen Abteilungen abgezogen werden, planbare Eingriffe und Behandlungen werden in dieser Phase verschoben, falls die Gefahr besteht, dass ein Patient nach der Operation eventuell auf die Intensivstation muss. Der Hintergrund: Beatmete Covid-19-Patienten brauchen eine deutlich intensivere Betreuung und medizinische Überwachung als „normale“Intensivpatienten. „Im Frühjahr kamen wir nie an die Grenze der Betten“, beschreibt Leiprecht die Situation während des Höhepunkts der ersten Welle. Kritischer sei die Frage: „Wie stellen wir das Personal sicher?“In Phase 3 würden die 36 Intensivbetten nicht mehr ausreichen, dann könne man auf 51 Betten aufstocken, und in Phase 4 würden auch die Aufwachräume zusätzlich genutzt. Für weniger schwere Fälle stehen in Wangen und Ravensburg auch Normalstationen bereit, die ebenfalls ausgeweitet werden können. Während im Kreis Sigmaringen, wo der frühere Medizinische Direktor der OSK, Jan-Ove Faust, hingewechselt ist, am Dienstag schon wieder ein weitgehendes Besuchsverbot mit wenigen Ausnahmen erlassen wurde, denkt man darüber aktuell in Ravensburg und Wangen noch nicht nach. „Wenn die 7-Tage-Inzidenz von 50 überschritten wird, muss man aber auch bei uns mit Besuchseinschränkungen rechnen“, sagt Leiprecht. Um sich auf die bevorstehende Welle vorzubereiten, hat die OSK 25 000 Schnelltests bestellt. Treffen diese rechtzeitig ein, sollen ab übernächster Woche Patienten parallel zum PCR-Test auch mit dem Schnelltest abgestrichen werden, um herauszufinden, wie zuverlässig die Ergebnisse sind. So könne erheblich schneller festgestellt werden, ob jemand mit Sars-CoV-2 infiziert ist. Leiprecht: „Das bedeutet für die Patienten und das Personal einfach mehr Sicherheit.“