Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Kritik nach Aufschub des CDU-Parteitags
Vorsitzendenfrage bis ins nächste Jahr ungelöst – Merz sieht sich im Nachteil
BERLIN/RAVENSBURG - Die CDUSpitze verschiebt angesichts der sich zuspitzenden Corona-Lage den für den 4. Dezember in Stuttgart geplanten Parteitag zur Wahl eines neuen Vorsitzenden nun endgültig ins nächste Jahr. Der Parteitag mit seinen 1001 Delegierten solle im neuen Jahr idealerweise in Präsenz stattfinden, teilte Generalsekretär Paul Ziemiak am Montag nach den Gremiensitzungen mit. Wenn dies nicht möglich sei, solle ein digitaler Parteitag abgehalten werden. Fehle dafür noch eine Gesetzesgrundlage, dann solle es einen digitalen Parteitag mit einer Vorstellungsrunde und anschließender Briefwahl geben.
Die Entscheidung stößt innerhalb der CDU teils auf Unmut. So äußerte CDU-Vorsitzendenkandidat Friedrich Merz scharfe Kritik an der Verschiebung. „Es gibt Teile des ParteiEstablishments, die verhindern wollen, dass ich Parteivorsitzender werde und damit wird jetzt auch dieser Parteitag verbunden“, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“.
Auch eine Gruppe baden-württembergischer CDU-Politiker, zu der unter anderem Christian Natterer (CDU-Kreisvorsitzender Ravensburg) und Maria-Lena Weiß (CDUKreisvorsitzende von Tuttlingen) zählen, fordert die Bundes-CDU dazu auf, alles dafür zu tun, die Entscheidung
für den Parteivorsitz doch noch im Jahr 2020 stattfinden zu lassen. Von Seiten des CDU-Landesverbandes sowie der Vertreter im Bundesvorstand müsse es dazu massiven Druck geben, heißt es in einer Mitteilung. Die Vertagung der Entscheidung ins neue Jahr sei nicht nachvollziehbar und schade der Partei.
Enttäuscht äußerte sich auch Kultusministerin Susanne Eisenmann. Sie sei „nicht gerade glücklich darüber, wie schnell von alternativen Veranstaltungsformen – hybrid oder digital – abgerückt wurde“, sagte die CDU-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl der „Schwäbischen Zeitung“. Durch eine Verschiebung ins Frühjahr, so Eisenmann, bestehe nun die Gefahr, dass parteiinterne Querelen aufkommen und diese die Landtagswahlen überlagern.
Der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl warb hingegen für Verständnis für den Aufschub: „Gesundheit geht vor“, sagte Strobl.
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Gegenkandidat von Merz, hatte sich früh für eine Verschiebung des Parteitags stark gemacht. Auch CDU-Vorsitzendenkandidat Norbert Röttgen begrüßte den Beschluss genauso wie CSU-Chef Markus Söder: „Es geht ja nicht um die Karriere einzelner Personen, sondern um die Sorge um viele Menschen“, sagte Söder. Das allein stehe im Vordergrund.