Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
BI macht mobil gegen Wohnmobile in Humbrechts
Initiative hat sich formiert und offenen Brief an Stadt formuliert
WANGEN/NIEDERWANGEN - Der schwelende Widerstand gegen die Wohnmobilstellplatz hat sich jetzt auch organisatorisch formiert: Bürger aus mehreren Wohngebieten der Kernstadt, aus Niederwangen und Humbrechts selbst, aber auch aus umliegenden Weilern wie Bürsten und Nieratz sowie anderen Wangener Ortschaften haben sich in einer Bürgerinitiative (BI) zusammengeschlossen. In mehreren Schriftstücken stellen sie ihre Befürchtungen dar, sollten die Stellplätze kommen. Außerdem wenden sie sich mit Forderungen und einem Offenen Brief an OB Michael Lang und die Wangener Stadträte.
Gestartet ist die BI Ende September mit 19 Mitgliedern, wie aus den Schreiben an die „Schwäbische Zeitung“hervorgeht. Die Gründer wohnen demnach fast alle an Zufahrtsstraßen nach Humbrechts. Laut Sprecherin Ulrike Schleifer haben sich darin inzwischen bereits insgesamt rund 200 Bürger zusammengefunden – teils aus einem deutlich weiteren Umkreis.
Schleifer berichtet, dass einige Mitglieder zum Beispiel auf dem Atzenberg, im Waltersbühl, in Deuchelried, Primisweiler und Neuravensburg wohnen. Es seien aber auch Touristen von weiter her dabei, die regelmäßig in Wangen Urlaub machten. Leonhardts Stallbesen sei ein Fahrradziel von ihnen, die Ausflügler wollten die Idylle in Humbrechts erhalten „und auf dem Weg dorthin nicht mit einem Wohnmobil kollidieren“.
In acht Punkten legen die BIGründer Argumente dar, die ihrer Meinung nach gegen die Realisierung der von der Humbrechtser Gastronomenfamilie Leonhardt betriebenen Stellplatzpläne sprechen. Das sind einerseits verkehrliche: So sagt die BI, die Zufahrtsstraßen dorthin seien „zu eng, schmal und unübersichtlich“. Auch seien sie bereits jetzt zu stark befahren und benennen dafür Pendler, „Stau- und Ampelumfahrer“sowie „Schleichwegenutzer“als Ursache. Deshalb litten die Anwohner bereits jetzt unter dem Verkehr und entsprechenden Gefahren. Dies gelte insbesondere für Kinder, da die Zufahrten in Niederwangen, der Wittwais und der Berger Höhe zugleich als Schul- und Kindergartenwege fungierten.
Ihre Argumente unterfüttert die Initiative mit Zahlen am Beispiel Bürsten: Dort habe es 2017 eine offizielle Verkehrszählung des Landratsamts gegeben. Ergebnis, nach BI-Angaben: Durch den Weiler fahren pro Tag rund 500 Fahrzeuge. „Das bedeutet alle zwei Minuten ein Fahrzeug.“
Allerdings geht es den BI-Mitgliedern nicht allein um mögliche zusätzliche Fahrzeuge auf den Straßen und Wegen nach Humbrechts. Sie sehen das zwischen Berger Höhe und Humbrechts befindliche Naherholungsgebiet Schlauchen/Hochholz in Gefahr und befürchten „die Zerstörung des Landschaftsbildes in diesem beliebten Ausflugsgebiet“.
In dem Acht-Punkte-Katalog kommt zudem Misstrauen zum Ausdruck. Denn die BI bezweifelt städtische Zusagen, dass die Anzahl der Stellplätze auf 20 gedeckelt werden. Ferner wirft sie der Stadt mangelnde Transparenz vor. Hintergrund: Als bei einer nicht-öffentlichen Veranstaltung in der Stadthalle die Pläne vorgestellt worden waren, sprach nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“der planende Architekt von einer ersten Ausbaustufe. Zuletzt hatte OB Michael Lang bei der Einwohnerversammlung allerdings erklärt: Es gehe um Raum für 20 Fahrzeuge – „und nicht mehr“.
Letztlich werfen die BI-Mitglieder der Stadt indirekt eine ungleiche Behandlung vor: „Es herrscht Unverständnis, warum im Ebnet rückgebaut wird und jetzt den Bürgern von Humbrechts, Niederwangen, Nieratz, Wittwais, Berger Höhe und Bürsten der Lärm und die Gefahren zugemutet werden soll“, heißt es in einem der Schreiben.
Zur Einordnung: Damit ist der vom Gemeinderat zuletzt endgültig beschlossene Umzug des bisherigen städtischen Wohnmobilstellplatz vom Ebnet auf den Parkplatz „Rote Erde“am Gehrenberg gemeint. Hier stand die Stadt nach eigenem Bekunden bei Ebnet-Anwohnern im Wort, die sich seit Jahren über Belastungen durch Touristen und deren Fahrzeuge in ihrer Nachbarschaft beklagt hatten.
Darüber hinaus haben die Gegner der Humbrechtser Stellplatzpläne einen Offenen Brief verfasst. Adressiert ist er an Rathauschef Michael Lang und die Stadträte. Auch darin finden sich die wesentlichen Forderungen beziehungsweise Befürchtungen des Acht-Punkte-Katalogs.
Darüber hinaus erhofft sich die BI Antworten zu einer ganzen Reihe von Fragen. Beispielsweise folgende: Wie können die Anzahl von 20 Stellplätzen und die Flächen(nutzung) baurechtlich dauerhaft gedeckelt werden?
Beziehungsweise: Kann ein erneuter Bauantrag auf Erweiterung gestellt werden – und falls ja, wann? Auch will die Initiative unter anderem wissen, wie die Stadt die verkehrsrechtliche Lage auf den Zufahrten nach Humbrechts beurteilt und ob dort Wohnmobile überhaupt fahren dürfen.
Diverse Fragen dürften wahrscheinlich am kommenden Montag auch im Gemeinderat zur Sprache kommen. Denn BI-Sprecherin Ulrike Schleifer kündigt dies für die Einwohnerfragestunde der dann anstehenden nächsten Sitzung des Stadtparlaments an. Offiziell auf der Tagesordnung steht das Thema dann aber noch nicht. Nach Auskunft der Stadtverwaltung soll das bei der darauffolgenden Sitzung am 23. November der Fall sein. Dann drehe es sich vor allem um die Frage, wie es generell mit den Stellplatzplänen weitergeht.