Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Klimaschutz: Pilotprojekt für Süddeutschland
Energieautarke Baugebiete und Rufbus: Das planen zwei Gemeinden
FRONREUTE/WOLPERTSWENDE – Mehr als 1500 Kommunen in 16 Ländern beteiligen sich am European Energy Award, einem Instrument zum Qualitätsmanagement im Klimaschutz. Für kleinere Gemeinden ist das gar nicht so einfach. Deshalb der neue Gedanke: Auch Gemeindeverwaltungsverbände (GVV) sollen beim European Energy Award mitmachen dürfen.
Wie das funktionieren kann, erprobt jetzt der GVV Fronreute-Wolpertswende in einem Pilotprojekt für Süddeutschland. So sollen Radwege, Ladestationen für Elektroautos oder energieautarke Baugebiete gemeinsam geplant, sowie ein gemeinsames Rufbussytem oder eine engere Zusammenarbeit der beiden Bauhöfe realisiert werden.
Der Geschäftsführer der Energieagentur Ravensburg Walter Göppel sieht eine Menge Themen, die die beiden Gemeinden gemeinsam angehen können: Radwege und Ladestationen für Elektroautos zum Beispiel ließen sich gut gemeinsam planen. Göppel rechnet damit, dass der Stromverbrauch in Zukunft zunimmt. Deshalb sei es sinnvoll, Neubauten bereits für die PhotovoltaikNutzung vorzubereiten. Bisher nutze die Gemeinde Wolpertswende ihr Potenzial für Photovoltaik nur zu 20 Prozent, die Gemeinde Fronreute zu 29 Prozent. Einer der größten Stromverbraucher der beiden Gemeinden sei die gemeinsame Kläranlage.
Bereits angedacht sind nach Auskunft der beiden Bürgermeister energieautarke Baugebiete, ein RufbusSystem und die engere Zusammenarbeit der beiden Bauhöfe, die sich in Zukunft so manche Gerätschaften teilen könnten. Für das Pilotprojekt bekommt der GVV 10 000 Euro Zuschuss vom Land. „Uns ist es wichtig, die Bevölkerung, die Vereine und die Gewerbetreibenden im Projekt mitzunehmen“, sagt Oliver Spieß, Bürgermeister von Fronreute. Das sei jetzt in der Corona-Pandemie jedoch nicht einfach.
Losgehen wird es im ersten Quartal 2021 zunächst mit sogenannten „Energieteams“, in denen Mitarbeiter beider Kommunen Kennzahlen und neue Ideen sammeln. Mit ersten Ergebnissen rechnet Göppel Anfang 2022. Dann sollen konkrete Maßnahmen für die Jahre 2022 bis 2030 geplant werden. Ende 2023 ist die erste gemeinsame Zertifizierung eines GVV geplant. Dann will der Geschäftsführer der Energieagentur das Pilotprojekt im Umweltministerium in Stuttgart vorstellen.
Göppel geht davon aus, dass dann viele andere kleine Gemeinden die neue Möglichkeit aufgreifen, sich im Verband am European Energy Award zu beteiligen: „Den Kommunen kommt im Klimaschutz eine Schlüsselrolle zu.“
Fronreute und Wolpertswende sind bereits seit einigen Jahren beim European Energy Award dabei – jede Gemeinde separat. „Aber der Klimaschutz kennt keine Grenzen“, sagt Göppel und berichtet, wie er auf das Umweltministerium in Stuttgart und auf die Bundesgeschäftsstelle des European Energy Award in Berlin zugegangen ist und vorgeschlagen hat, das Qualitätsmanagementsystem auch für Gemeindeverwaltungsverbände zu öffnen. Als Pilotgemeinden seien Fronreute und Wolpertswende dafür geradezu ideal: Die Gemeinden arbeiten schon jetzt eng zusammen.
Der European Energy Award erstreckt sich über sechs Handlungsfelder: Entwicklungsplan und Raumordnung, kommunale Gebäude, Verund Entsorgung, Mobilität, Kommunikation und Kooperation sowie interne Organisation. „Im südwürttembergischen Raum sind wir der einzige GVV, der das alles gemeinsam hat“, sagt Oliver Spieß. „So viel Gemeinsamkeit gibt es sonst nirgends“, bestätigt sein Kollege in Wolpertswende, Daniel Steiner. Die beiden rechnen mit kräftigen Synergieeffekten: „Gemeinsam kommen wir viel schneller voran“, sagt Steiner.