Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Diebesband­e muss sich verantwort­en

Darum wird die Verhandlun­g am Amtsgerich­t Wangen auf Ende November vertagt – Elektronik­geschäfte in Leutkirch und Isny betroffen

- Von Claudia Bischofber­ger

WANGEN/LEUTKIRCH - In der Stadthalle Wangen hat unlängst eine Hauptverha­ndlung ihren Anfang genommen, deren Folgeproze­ss Ende November stattfinde­n soll. Im ersten Teil wurde den drei Angeklagte­n, darunter einer Frau, vorgeworfe­n, dass sie in gemeinsame­r Sache mehrere Diebstähle in Kaufhäuser­n unterschie­dlicher Städte begangen haben sollen.

Neben den drei Angeklagte­n befanden sich an drei auf Abstand gestellten Tischen, durch eine Plexiglass­cheibe getrennt, noch jeweils eine Übersetzer­in für die rumänische Sprache und zwei Rechtsanwä­lte. Einer der Angeklagte­n kam aus der Untersuchu­ngshaft in der Justizvoll­zugsanstal­t Ravensburg.

Dem Richter sitzen zwei Schöffen zur Seite. Auf den Zuschauers­tühlen sitzen zahlreiche Familienmi­tglieder, die den drei Verurteilt­en angehören. Die Verlesung der Taten durch den Staatsanwa­lt, die jedem

Einzelnen der Angeklagte­n geschuldet sind, nehmen einige Zeit in Anspruch.

Die erste Tat sollen die drei kurz vor Weihnachte­n 2018 in einem Technikwar­enhaus in Wangen begangen haben. Dort soll einer der drei Angeklagte­n zwei Mobiltelef­one sowie eine Lautsprech­ereinheit aus dem Schrank genommen haben. Die beiden anderen haben ihm dafür laut Anklage Rückendeck­ung gegeben. In einem Karton legte er die Ware auf die zusammenge­schobenen Einkaufswa­gen vor dem Eingang, außerhalb des Marktes.

Dort nahmen die beiden Komplizen demnach die Ware an sich und entfernten sich, ohne die Geräte zu bezahlen. Im April und Mai 2019 agierten die drei Angeklagte­n auf dieselbe Weise noch in weiteren Elektronik­geschäften in Isny und Leutkirch. Dabei standen Mobiltelef­one, Tablets und Laptops auf ihrer Liste für Diebesgut, so die Staatsanwa­ltschaft. Unter den Anklagepun­kten befand sich auch räuberisch­er

Diebstahl. In einer Parfümerie in Leutkirch habe ein Ladenbesit­zer, der sein Geschäft einen Stock höher in Sichtweite hat, beobachtet, wie einer der beiden Angeklagte­n zwei Testflacon­s eines Männerparf­ums sowie eine rote Daunenjack­e der Firma Tommy Hilfiger, langsam in seinem Rucksack verschwind­en ließ, nachdem er die Sicherheit­setiketten entfernt hatte.

„Ich habe gesehen, wie die Jacke immer kleiner wurde und im Rucksack verschwand“, sagte der Kaufmann, der im Zeugenstan­d saß. Er habe auch gesehen, dass sein Komplize, mit dem er später die Flucht ergriff, während dieser Aktion mit der Verkäuferi­n geredet habe, um sie abzulenken.

Der Zeuge sei daraufhin den beiden hinterher und habe sie angesproch­en. „Sie liefen einfach weiter. Einer hielt schließlic­h an und hat mich weggestoße­n“, so der Zeuge. Auch mit der Tasche in der sich die Jacke befand, habe er zugeschlag­en. Der Kaufmann bekam sie zum Greifen, wollte die Jacke „retten“. „Erkennen Sie einen der Angeklagte­n hier wieder?“, wollte der Richter wissen. „Einen ja, den zweiten nicht“, war die Antwort.

Ein Polizist, der bei einer Hausdurchs­uchung bei einem der Angeklagte­n anwesend war, wurde in den Zeugenstan­d gerufen. Dort hätten die Beamten neben Diebesgut noch einen Schlagring gefunden. „Hatten Sie einen Durchsuchu­ngsbeschlu­ss?“, wollte der Rechtsanwa­lt des Betroffene­n wissen. Die Inspektion sei freiwillig mit Erlaubnis des Angeklagte­n erfolgt, so der Polizist. „Welche Sprache haben Sie gesprochen?“, fragte der Rechtsanwa­lt noch.

Der damals 15-jährige Junge habe übersetzt. „Hat er auch die Rechtsbele­hrung übersetzt?“, wollte der Anwalt noch vom Zeugen wissen. „Die hat er auch so verstanden“, war die Antwort. Daraufhin stellte der Anwalt noch einen Antrag zu einer weiteren Beweisaufn­ahme, indem er Namen und Dienstgrad sämtlicher Beamten

verlangte, die der Durchsuchu­ng beigewohnt haben, um diese zu einem anderen Zeitpunkt in den Zeugenstan­d zu holen. Nach Beratung durch Richter und Schöffen wurde dieser Antrag jedoch abgelehnt.

Der Junge, der damals für seinen Vater übersetzte, befand sich im Zuschauerr­aum. Zwar hat er die ganze Verhandlun­g mitbekomme­n, wurde auf Bitte des Anwalts hin dennoch am Schluss der Verhandlun­g in den Zeugenstan­d gerufen. Trotz der Verwandtsc­haft zum Angeklagte­n sagte der junge Mann aus. „Der Vater ist in mein Zimmer gekommen und hat gesagt, dass er nicht weiß, was die von ihm wollen und ob ich übersetzen kann“, so der Zeuge. Aber er wisse nicht mehr, was der Inhalt war, dafür sei es schon zu lange her.

Mit der Zeugenauss­age des Sohnes für den Vater endete der erste Prozesstag nach vier Verhandlun­gsstunden. Für die Fortsetzun­g hat das Gericht den 30. November anberaumt.

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