Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Zwangsschließung und teurere Umbauten
Bad Wurzacher Kurbetrieb muss hohen Kredit aufnehmen – Das liegt aber nicht nur an der Pandemie
BAD WURZACH - Von einem „Lockdown light“kann beim Städtischen Kurbetrieb keine Rede sein. „Das ,Light’ kann man getrost streichen“, so Geschäftsführer Markus Beck im Gemeinderat. Dem erläuterte er am Montag die finanzielle Schieflage, die nur durch einen hohen sechsstelligen Kredit ausgeglichen werden kann. An den Geldsorgen ist aber nicht nur Corona schuld.
Den Kurbetrieb trifft die CoronaKrise mit ihrem mittlerweile zweiten Lockdown des Gastgewerbes innerhalb eines Kalenderjahrs schwer. Zumal durch den Umbau des Hotels weitere vier Schließmonate hinzukamen. Unterm Strich stehen jetzt schon 1,214 Millionen Euro weniger Einnahmen als geplant – und da ist der November noch nicht eingerechnet, und was im Dezember sein wird, weiß derzeit niemand.
Immerhin: Kurzarbeitergeld, Unterstützungsgelder der Krankenkassen und nicht zuletzt weniger Ausgaben durch die Schließung reduzieren das dicke Minus auf nicht mehr ganz so dicke 420 000 Euro.
Hinzu kommen allerdings dafür höhere Umbaukosten als geplant. Vor allem im Bereich Heizung, Lüftung und Sanitär wurden Mehrarbeiten nötig, die sich auf 450 000 Euro summieren. Zu allem Übel sind auch noch Rechnungen in einer Gesamthöhe von 570 000 Euro vom Umbau der Moorbadeabteilung offen.
Den fehlenden Betrag muss der Kurbetrieb größtenteils über einen Kredit in Höhe von 800 000 Euro decken. Normalerweise würde ihm diesen die Stadt geben. Doch die ist wegen der Corona-Krise selbst klamm. Daher wird sich der Kurbetrieb eine Bank als Kreditgeber suchen.
Den entsprechenden Beschluss inklusive der Genehmigung des Nachtrags zum Wirtschaftsplan 2020 fasste der Gemeinderat einstimmig; vier Gemeinderäte enthielten sich der Stimme. Zuvor hatte der Kurbetriebsausschuss einstimmig ohne Enthaltung einen solchen Beschluss dem Rat empfohlen. In diesem Ausschuss gab ein recht frustriert wirkender Geschäftsführer Markus Beck, seit 2. März im Amt, seinen Bericht ab. „Wir hatten nach der langen Schließzeit von Ende März bis Ende September einen richtig guten Lauf, dann kam die erneute Vollbremsung“, berichtete er.
Eine Bettenbelegung von zeitweise mehr als 90 Prozent in den vier Oktoberwochen mache zwar Hoffnung für die Zukunft, so Beck. „Das hat gezeigt, dass wir attraktiv sind und uns sehen lassen können.“Doch derzeit drücke die erneute Zwangsschließung
auf die Stimmung der Belegschaft.
Von der befinden sich 39 Personen in Kurzarbeit. Der weitaus größere Teil baut derzeit Überstunden und Urlaub ab. Einige andere sind mit Restarbeiten nach dem Umbau beschäftigt. „Wer da ist, ist gut beschäftigt“, betonte der Geschäftsführer, dass am Reischberg keiner die Hände in den Schoß legt. Ganz wichtig sei auch, die Marketingkampagne vorzubereiten, die starten soll, sobald wieder geöffnet werden kann.
Derzeit freilich stimmen Beck die Zeichen aus Berlin und Stuttgart wenig hoffnungsfroh, „dass man uns wieder lässt“. Er rechnet wohl eher damit, dass so bald kein Gast im Gesundresort „Feel Moor“begrüßt werden kann. Und die Kunden sind auch, verständlicherweise, zurückhaltend. Beck berichtete von einer 29-prozentigen Auslastung für Dezember und einer 23-prozentigen für Januar. Die angekündigten staatlichen Novemberhilfen, die diesmal auch für öffentliche Betriebe fließen sollen, werde man natürlich beantragen, so Beck, aber derzeit stehe das Verfahren dafür noch gar nicht fest.
Stadtrat Hermann Müller (CDU) mahnte an, dass die Geschäftsführung baldmöglichst die Jahresrechnungen für 2018 und 2019 erstellen müsse, damit der sogenannte Verlustvortrag feststeht. Dass dieser in der Tat schnellstmöglich ausgeglichen werden muss, betonte auch Stadtkämmerer Stefan Kunz. Sobald die Zahlen feststehen, „müssen wir uns in die Augen schauen“und klären, ob der Kurbetrieb diesen selbst ausgleichen kann oder die Hilfe der Stadt brauche. „Aber das wird noch Zeit brauchen“, bat Kunz um Geduld.
Karl-Heinz Buschle, Stadtrat der FW-Fraktion, war „richtig ärgerlich über die Mehrkosten in Hotel und Moorbad. Jetzt sollte wirklich nichts mehr kommen“, mahnte er. Dem konnte Beck nur zustimmen, ohne eine Garantie dafür geben zu wollen und zu können. Man wisse nie, „was im Keller links unten auf einmal um die Ecke kommt“, sagte er bildhaft und versicherte: „Auch ich möchte diesen Betrieb endlich mal im Normalzustand erleben.“