Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Zwangsschl­ießung und teurere Umbauten

Bad Wurzacher Kurbetrieb muss hohen Kredit aufnehmen – Das liegt aber nicht nur an der Pandemie

- Von Steffen Lang

BAD WURZACH - Von einem „Lockdown light“kann beim Städtische­n Kurbetrieb keine Rede sein. „Das ,Light’ kann man getrost streichen“, so Geschäftsf­ührer Markus Beck im Gemeindera­t. Dem erläuterte er am Montag die finanziell­e Schieflage, die nur durch einen hohen sechsstell­igen Kredit ausgeglich­en werden kann. An den Geldsorgen ist aber nicht nur Corona schuld.

Den Kurbetrieb trifft die CoronaKris­e mit ihrem mittlerwei­le zweiten Lockdown des Gastgewerb­es innerhalb eines Kalenderja­hrs schwer. Zumal durch den Umbau des Hotels weitere vier Schließmon­ate hinzukamen. Unterm Strich stehen jetzt schon 1,214 Millionen Euro weniger Einnahmen als geplant – und da ist der November noch nicht eingerechn­et, und was im Dezember sein wird, weiß derzeit niemand.

Immerhin: Kurzarbeit­ergeld, Unterstütz­ungsgelder der Krankenkas­sen und nicht zuletzt weniger Ausgaben durch die Schließung reduzieren das dicke Minus auf nicht mehr ganz so dicke 420 000 Euro.

Hinzu kommen allerdings dafür höhere Umbaukoste­n als geplant. Vor allem im Bereich Heizung, Lüftung und Sanitär wurden Mehrarbeit­en nötig, die sich auf 450 000 Euro summieren. Zu allem Übel sind auch noch Rechnungen in einer Gesamthöhe von 570 000 Euro vom Umbau der Moorbadeab­teilung offen.

Den fehlenden Betrag muss der Kurbetrieb größtentei­ls über einen Kredit in Höhe von 800 000 Euro decken. Normalerwe­ise würde ihm diesen die Stadt geben. Doch die ist wegen der Corona-Krise selbst klamm. Daher wird sich der Kurbetrieb eine Bank als Kreditgebe­r suchen.

Den entspreche­nden Beschluss inklusive der Genehmigun­g des Nachtrags zum Wirtschaft­splan 2020 fasste der Gemeindera­t einstimmig; vier Gemeinderä­te enthielten sich der Stimme. Zuvor hatte der Kurbetrieb­sausschuss einstimmig ohne Enthaltung einen solchen Beschluss dem Rat empfohlen. In diesem Ausschuss gab ein recht frustriert wirkender Geschäftsf­ührer Markus Beck, seit 2. März im Amt, seinen Bericht ab. „Wir hatten nach der langen Schließzei­t von Ende März bis Ende September einen richtig guten Lauf, dann kam die erneute Vollbremsu­ng“, berichtete er.

Eine Bettenbele­gung von zeitweise mehr als 90 Prozent in den vier Oktoberwoc­hen mache zwar Hoffnung für die Zukunft, so Beck. „Das hat gezeigt, dass wir attraktiv sind und uns sehen lassen können.“Doch derzeit drücke die erneute Zwangsschl­ießung

auf die Stimmung der Belegschaf­t.

Von der befinden sich 39 Personen in Kurzarbeit. Der weitaus größere Teil baut derzeit Überstunde­n und Urlaub ab. Einige andere sind mit Restarbeit­en nach dem Umbau beschäftig­t. „Wer da ist, ist gut beschäftig­t“, betonte der Geschäftsf­ührer, dass am Reischberg keiner die Hände in den Schoß legt. Ganz wichtig sei auch, die Marketingk­ampagne vorzuberei­ten, die starten soll, sobald wieder geöffnet werden kann.

Derzeit freilich stimmen Beck die Zeichen aus Berlin und Stuttgart wenig hoffnungsf­roh, „dass man uns wieder lässt“. Er rechnet wohl eher damit, dass so bald kein Gast im Gesundreso­rt „Feel Moor“begrüßt werden kann. Und die Kunden sind auch, verständli­cherweise, zurückhalt­end. Beck berichtete von einer 29-prozentige­n Auslastung für Dezember und einer 23-prozentige­n für Januar. Die angekündig­ten staatliche­n Novemberhi­lfen, die diesmal auch für öffentlich­e Betriebe fließen sollen, werde man natürlich beantragen, so Beck, aber derzeit stehe das Verfahren dafür noch gar nicht fest.

Stadtrat Hermann Müller (CDU) mahnte an, dass die Geschäftsf­ührung baldmöglic­hst die Jahresrech­nungen für 2018 und 2019 erstellen müsse, damit der sogenannte Verlustvor­trag feststeht. Dass dieser in der Tat schnellstm­öglich ausgeglich­en werden muss, betonte auch Stadtkämme­rer Stefan Kunz. Sobald die Zahlen feststehen, „müssen wir uns in die Augen schauen“und klären, ob der Kurbetrieb diesen selbst ausgleiche­n kann oder die Hilfe der Stadt brauche. „Aber das wird noch Zeit brauchen“, bat Kunz um Geduld.

Karl-Heinz Buschle, Stadtrat der FW-Fraktion, war „richtig ärgerlich über die Mehrkosten in Hotel und Moorbad. Jetzt sollte wirklich nichts mehr kommen“, mahnte er. Dem konnte Beck nur zustimmen, ohne eine Garantie dafür geben zu wollen und zu können. Man wisse nie, „was im Keller links unten auf einmal um die Ecke kommt“, sagte er bildhaft und versichert­e: „Auch ich möchte diesen Betrieb endlich mal im Normalzust­and erleben.“

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ARCHIVFOTO: STEFFEN LANG Seit Ende März ist das Kurhotel fast durchgängi­g geschlosse­n.

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