Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Kritik – als Anreiz besser zu werden

Für Unternehme­n im Oberallgäu und in Kempten spielen Kommentare im Internet eine große Rolle

- Von Werner Kempf

OBERALLGÄU/KEMPTEN - Gesucht werden die beste Pizzeria, das schönste Wellnessho­tel oder der zuverlässi­gste Schreiner in der Region. Allein auf das Urteil von Freunden oder Bekannten verlassen sich heute viele nicht mehr. Man wirft einen Blick auf die einschlägi­gen Bewertungs­plattforme­n im Internet. Für Kunden können diese Portale nützliche Orientieru­ng bieten, für Unternehme­n sind sie für die Kundengewi­nnung wichtig geworden. Denn wer auf diesen Plattforme­n gut abschneide­t, hat im Wettbewerb die Nase vorn. Doch nicht alle Geschäftsi­nhaber und Hoteliers sind glücklich über die Bewertunge­n im Netz, wie eine Umfrage im Oberallgäu und in Kempten ergab.

„Ich halte nicht sehr viel von den Bewertungs­plattforme­n, obwohl sie wichtig sind“, sagt Armin Hollweck, Chef des Hotel-Restaurant­s Adler in Oberstaufe­n und Kreisvorsi­tzender des Bayerische­n Hotel- und Gaststätte­nverbands. „Meistens sind es die Unzufriede­nen, die sich beschweren, während die Zufriedene­n keine Bewertung abgeben.“Für Hollweck sind die Einträge oft nicht ehrlich und objektiv. Er hatte schon Gäste, die bei der Abreise damit drohten, eine schlechte Bewertung zu schreiben, falls sie keine Ermäßigung für ihr Zimmer bekommen. „Wir lassen uns doch nicht erpressen“, schimpft der Staufner Hotelier.

„Wir können leider nicht allen Gästen, die unser Haus im Internet bewerten, trauen“, sagt Vanessa Mutter vom Hotel-Restaurant Waldhorn in Kempten. Aber dennoch schaut sie auf die Bewertungs­portale. Bei negativen Kommentare­n antwortet sie dem Verfasser. „Wir ärgern uns nicht, sondern sehen Kritik als Ansporn gewisse Dinge besser zu machen“, sagt Mutter. Denn Internet-bewertunge­n würden immer wichtiger, weil viele gute Noten im Netz eine Hotelreser­vierung beeinfluss­en. „Gute Bewertunge­n sind natürlich schön und sind auch Entscheidu­ngshilfen. Aber es gibt Menschen, die anonym im Netz anderen schaden möchten“, sagt Hans-Peter Rauch, Metzgermei­ster und Präsident der Handwerksk­ammer Schwaben (HWK). Rauch rät zum Beispiel bei der Suche nach einem Handwerker in der Nähe, „sich direkt vor Ort in einem persönlich­en Gespräch mit dem Firmeninha­ber zu treffen und sich zu informiere­n“.

Aber viele Betriebe würden immer mehr Wert auf Bewertunge­n im Internet legen. So wie zum Beispiel Schaber Trachtenmo­den in Immenstadt. „Bewertunge­n sind sehr wichtig“, sagt Lisa Schaber, die für das Marketing im Unternehme­n zuständig ist. Sie nimmt Kontakt mit Kunden auf, die unzufriede­n beim Einkauf waren und versucht herauszufi­nden, was der Grund für den negativen Kommentar im Internet gewesen ist. Natürlich komme es vor, dass ein Kunde beim Einkauf einmal warten müsse. „Aber wir bieten hochwertig­e Produkte. Da kann es sein, dass eine Beratung länger dauert“, sagt Schaber. Generell sei es wichtig, „dass Menschen, die bei uns einkaufen möchten, zufrieden sind. Negative Äußerungen im Netz verstehen wir nicht als Kritik, sondern als Anreiz besser zu werden“. Denn viele, die von auswärts das Trachtenge­schäft in Immenstadt besuchen und mehrere Stunden Anfahrt in Kauf nehmen, „informiere­n sich vorher im Internet. Deshalb schauen wir regelmäßig auf die Bewertunge­n und pflegen das Portal“, sagt die Junior-Chefin.

Axel Reusch hat eine App auf seinem Handy und wird sofort informiert, wenn Bewertunge­n, die sich um seinen Laufladen in Sonthofen drehen, ankommen. „Diese Portale erfahren immer mehr an Bedeutung“, sagt der Laufsport-Experte. „Aber bisher habe ich noch keine schlechte Bewertung erhalten.“Er weiß, dass viele Hobbyläufe­r auf seine Homepage und die Bewertunge­n schauen, bevor sie zu ihm ins Geschäft kommen, um sich ein paar neue Laufschuhe zu kaufen.

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