Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Mehr Bürgerbeteiligung bei Baupolitik
Wie der „Runde Tisch Argenbühl“die bauliche Zukunft in der Gemeinde mitgestalten möchte
ARGENBÜHL - In Argenbühl wächst die Kritik an der Baupolitik. Der Grund ist die Entwicklung des Baugebiets „Eglofs-Fuchsbühl Erweiterung“. Hier sollen insgesamt 36 Einfamilienund Doppelhäuser, drei Reihenhäuser und vier Geschosswohnungsbauten entstehen. Der nötige Bebauungsplan entsteht im sogenannten „beschleunigten Verfahren“, das es der Verwaltung erleichtert, Flächen im Außenbereich zur Wohnbebauung freizugeben und den Verzicht auf eine Umweltprüfung sowie auf die Erstellung eines Umweltberichts ermöglicht.
Dieses Verfahren stößt in der Bevölkerung allerdings nicht nur auf Gegenliebe. Anton Kempter ist ein geborener Eglofser und promovierter Mediziner im Ruhestand. Er liebt seinen Heimatort, die lokale Architektur und ländliche Struktur. Jedoch sieht er die Gefahr, dass zu viele Neubaugebiete und Projekte ohne die notwendige Beteiligung der Bevölkerung beschlossen werden. Aus diesem Grund wurde im Juli 2019, nach einer Infoveranstaltung der Gemeinde zur Baugebietserweiterung Eglofs-Fuchsbühl, der Runde Tisch (RT) Argenbühl gegründet. Anfänglich ein Treffpunkt für Anlieger und Betroffene, hat sich der Teilnehmerkreis des RT inzwischen personell und thematisch weiterentwickelt. Es geht immer mehr um Grundsatzfragen der Baukultur und Entwicklung von Eglofs. SZ-Redakteur Bastian Schmidt hat mit Anton Kempter, Sprecher des RT Argenbühl, über dessen Ziele, Ansprüche und die Möglichkeiten gesprochen.
Herr Kempter, wen vertreten Sie als Sprecher des RT und was sind Ihre Anliegen?
Anton Kempter: Die Teilnehmer des RT sind interessierte Bürger – überwiegend aus Eglofs – aber auch aus Nachbargemeinden. Rund zehn Teilnehmer kommen zu unseren monatlichen Treffen, an denen mittlerweile auch ehemalige Gemeinderäte ihre kommunalpolitische Erfahrung einbringen. Wichtig ist es uns zu betonen, dass der RT keine reine Interessenvertretung der Anwohner ist, vielmehr steht das Dorf als Ganzes und die künftige Baukultur im Fokus. Wir möchten einen Beitrag zum Erhalt und der Weiterentwicklung unseres schönen und lebenswerten Dorfes Eglofs leisten.
In welcher Form möchte der Runde Tisch sich an der Bauplanung in der Gemeinde beteiligen?
Über die im Baugesetz vorgesehenen Möglichkeiten zur Stellungnahme hinaus will der RT ein Bürgerforum für eine breitere Diskussion der baulichen Zukunftsgestaltung unseres Dorfes sein. Wir arbeiten dazu eng mit dem Architekturforum Allgäu in Kempten zusammen. Es geht uns nicht um das Verhindern von Bauen, sondern um das Vor- und Nachdenken über dessen Gestaltung. Aus diesem Grund suchen wir die Diskussion mit Verwaltung, Gemeinderat, Gestaltungsbeirat sowie Planungsbüros und wir bieten der Öffentlichkeit Veranstaltungen wie Vorträge, offene Diskussionen, Workshops und Exkursionen an.
Inwiefern möchten Sie gerne konkret Einfluss auf das Baugebiet in Eglofs nehmen?
Wir möchten die Planung vor Übereilung bewahren. Die Anwendung der Verfahrensabkürzung nach Paragraph 13b des Baugesetzbuchs beschleunigt das Verfahren und setzt es unter Termindruck. Die Folge ist, dass die Diskussion wichtiger Gesichtspunkte der dörflichen Entwicklung und ihrer baulichen Gestaltung ebenfalls verkürzt wird, beziehungsweise nicht mehr stattfindet. Wir wollen das Verfahren entschleunigen, den Planungen wieder Raum und Zeit verschaffen. Unsere Vorstellung ist es nicht, möglichst schnell und viel zu bauen, unser Ziel ist es, hochwertiges Bauen unter Beachtung der sozialen und nachbarschaftlichen Bezüge des Dorfes zu fördern. Dazu gehört auch die Entwicklung eines nachhaltigen Energie- und Umweltkonzepts, also zum Beispiel unter Verwendung des CO2-sparenden Baustoffs Holz. Wir denken auch über neue Wohnmodelle, eine moderne Freiflächen- und Verkehrsraumgestaltung nach. Der Runde Tisch möchte im Gestaltungsbeirat der Gemeinde vertreten sein und er bietet seine Mitarbeit bei der Erstellung eines neuen Baumemorandums an.
Sie sprechen den Gestaltungsbeirat an. Wo liegen Ihrer Ansicht nach bislang die Schwächen dieses Gremiums?
Es gibt zwar einen Gestaltungsbeirat in Argenbühl, er ist jedoch bis jetzt für uns nicht wahrnehmbar in Erscheinung getreten. Gestaltungsbeiräte gibt es inzwischen in vielen Stadt- und Landgemeinden als institutionalisierte Gremien, die die Entscheidungsträger in baulichen Gestaltungsfragen beraten sollen. Wir haben festgestellt, dass dieses Gremium in den verschiedenen Gemeinden einen sehr unterschiedlichen Stellenwert besitzt, je nachdem, wie offen man für Beratung ist. Ein Gestaltungsbeirat ist dann am wirksamsten, wenn er kompetent, unabhängig und bürgerbeteiligt ist. Daraus sollte sich auch seine personelle Zusammensetzung ableiten. Es ist wichtig, dass ein Gestaltungsbeirat bereits in frühester Phase einer Planung hinzugezogen wird und seine Beratungen öffentlich sind.
Bürgerinformationsabende und eine öffentliche Auslage des geplanten Bebauungsplans sind erfolgt. Was gefällt Ihnen nicht an der bisherigen Teilhabemöglichkeit der Bevölkerung?
wird, der dann nur noch marginale Änderungsmöglichkeiten zulässt. Nach Ansicht des RT hätte der Planung des Baugebiets FuchsbühlErweiterung eine grundlegende Bürgerdiskussion über die bauliche Gesamtkonzeption unseres Dorfes vorausgehen müssen. Aus dieser Diskussion über Fragen der Verträglichkeit von Altem und Neuem, Nachhaltigkeit, Generationengerechtigkeit, Infrastrukturfolgekosten und Ähnlichem hätte dann der Vorgabenkatalog erstellt werden müssen, auf dessen Grundlage verschiedene Planungsbüros in den Planungswettbewerb hätten eintreten können. Leider noch viele Konjunktive.
Kann sich der Runde Tisch denn tatsächlich sachlich-konstruktiv an der Planung beteiligen?
Bürgerbeteiligung verlangt dem Bürger im Gegensatz zur Bürgerinformation natürlich mehr ab. Wir arbeiten am RT deshalb seit mehr als einem Jahr daran, uns für eine sachkundige Beteiligung zu rüsten: Wir machen uns kundig über das Baugesetz und seine Änderungen zugunsten beschleunigter Genehmigungsverfahren, wir befassen uns mit Architekturliteratur, insbesondere über kommunale Bauten und wir sind oft Gäste beim Architekturforum Allgäu. Zudem organisieren wir Exkursionen zu prämierten Beispielen gelungener Dorfentwicklung, auch außerhalb unserer Landesgrenzen und lassen uns deren spannenden Werdegang von der Idee bis zum
Was bemängeln Sie an der bisherigen Planung in Eglofs?
Unseres Wissens hat ein letzter Planungswettbewerb in Argenbühl vor vielen Jahren beim Bau des neuen Rathauses in Eisenharz stattgefunden. Es gibt keinen wirklichen Wettbewerb bei den Planungen in Argenbühl. Seit Jahren gibt es die Monopolstellung eines einzigen Planungsbüros. Dabei wäre die Gemeinde gehalten, bei öffentlichen Vergaben, auch wenn keine Ausschreibung erforderlich ist, mehrere Angebote einzuholen. Die Planungen für die Argenbühler Baugebiete basieren auf computergeneriertem Standard. Sie berücksichtigen nur unzureichend das Landschaftsbild und das unverwechselbare Gesicht unseres Dorfes. Eine derartige Planungsweise bringt die Stadt ins Dorf. Und wollen wir das?
Konkret bemängeln wir, dass dem vorgelegten Bebauungsplanentwurf keine grundlegende Bestandsaufnahme des Dorfes vorausgegangen ist. Es wurde keine bauliche Gesamtentwicklung des Dorfes Eglofs, geschweige denn der Gesamtgemeinde Argenbühl, dargestellt. Soll unser Dorf unverwechselbar bleiben, dann braucht es verbindliche Vorgaben der Gemeinde, auch wenn diese nicht jedem Bauherren oder Architekten gefallen.
Beschränkt sich die Aktivität des Runden Tisches auf das Baugebiet in Eglofs oder bleibt der Runde Tisch auch darüber hinaus erhalten?
Baukultur und Dorfentwicklung sind weite Felder. Der Blick des RT bleibt nicht auf das Baugebiet Eglofs-Fuchsbühl beschränkt. Wir werden auch über die gerade laufenden Bauplanungen hinaus versuchen, Perspektiven für die künftige Gestaltung unseres Dorfes zu entwickeln und zur Diskussion zu stellen. So nehmen wir gerade mit dem Bürgertisch Eglofs von ‚Altwerden in Argenbühl‘ Kontakt auf, in der Absicht, die Überlegungen dieses Projekts mit unseren bauplanerischen Vorstellungen zu bündeln.