Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Denkmal-Straße durch Altdorfer Wald
Zwischen Baienfurt und Bergatreute sind viele Menschen ums Leben gekommen
BERGATREUTE - Wenn man den Altdorfer Wald aus der Luft betrachtet, ist deutlich zu erkennen, dass er praktisch in der Mitte durch die Landesstraße 314 durchschnitten wird. Und entlang dieser Straße zwischen Baienfurt und Bergatreute sind etliche Gedenksteine und Kreuze, die vor allem an tödliche Schicksale erinnern. Täglich rauschen an ihnen Hunderte von Menschen in ihren Autos vorbei und kaum jemand nimmt diese „Kleindenkmale“wahr. Die L 314 ist bekannt als gefährliche Straße und wer sich die Kleindenkmale genau anschaut, stellt fest, dass es hier schon immer Unfälle gegeben hat. Eine Fahrt über die Straße der Schicksale:
Stellt man von Baienfurt kommend, am Waldrand (auf Höhe des gelben Straßenwärterhäuschens) den Tageskilometerzähler auf Null, dann liegt bereits nach 200 Metern am rechten Straßenrand ein gewichtiger Gedenkstein. Der mit Efeu überwucherte Findling erinnert daran, dass am 21. August 1898 Karl Ludwig aus Bolanden mit dem Fahrrad in der Nähe des Waldbads tödlich verunglückte. Karl Ludwig hatte damals bereits ein „Sicherheits-Niederfahrrad“, während sein Kamerad Hammerschmied Weishaupt aus Bolanden noch mit einem Hochrad unterwegs war.
Nach 2,1 Kilometern sind rechts ein paar Meter neben dem Straßenrand gleich zwei Erinnerungsstätten eingerichtet. Die eine erinnert an eine 32-jährige Frau, die hier am 15. Oktober 2012 mit dem Auto tödlich verunglückte und die andere an einen 58-jährigen Mann, der am 19. Juli 2017 mit seinem Rennrad eine Kollision mit einem Auto nicht überlebt hat.
Bei Kilometer 2,2 steht auf der linken Seite ein kleiner Gedenkstein mit einem verwitterten Holzkreuz. Zum Gedenken an einen 20-jährigen jungen Mann, der hier am 9. Januar 1997 sein Leben lassen musste. „Jede Hilfe kam zu spät“titelte damals die „Schwäbische Zeitung“. Nach Polizeiangaben war der junge Fahrer mit seinem Audi-Coupé in Richtung Baienfurt auf teilweise glatter Fahrbahn zu schnell gefahren, dabei auf die Gegenfahrbahn geraten und mit einem entgegenkommenden Fahrzeug kollidiert.
Nur 100 Meter weiter, steht ebenfalls auf der linken Fahrbahnseite eine Stele mit einer einigermaßen rätselhaften Inschrift: „Hier opferte Jugendkaplan Philipp Ruf sein Leben für die Jugend *8.4.1926 †5.9.1960.“Ein Blick in die „Schwäbische Zeitung“vom 7. September 1960 klärt auf: Auf der Landstraße BergatreuteBaienfurt war Rufs Auto in einer unübersichtlichen Kurve ins Schleudern geraten und stieß mit einem entgegenkommenden Lastwagen zusammen. Ruf erlitt so schwere Verletzungen, dass er noch an der Unfallstelle verstarb. Sein Beifahrer wurde schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Ein Mysterium dieser Inschrift bleibt aber, warum er bei diesem offensichtlich selbstverschuldeten Unfall sein Leben für die
Jugend geopfert haben soll.
Bei Kilometer 2,9 kommt ein Abzweig nach links auf einen Parkplatz. Bei dieser langgezogenen „Parkplatz-Schleife“handelt es sich um ein Straßenstück der alten L 314. Am Abzweig in einen Waldweg befindet sich ein Gedenkstein zur Erinnerung an den Bau des Hängleswegs, der 1932 durch den Freiwilligen Arbeitsdienst gebaut wurde.
100 Meter weiter auf dem Parkplatz, über zwölf Stufen zu erreichen, befindet sich das „Jakobsbrünnele“. Doch wer weiß schon, wie dieses zu seinem Namen gekommen ist? Von einem betagten Mitbürger hat der Autor dieser Zeilen in den 1980erJahren folgende Geschichte gehört: „Der Jakob Schmid war (um 1900) bei der Flaschnerei Obermayer in Bergatreute beschäftigt und hatte oft in der Papierfabrik Baienfurt irgendwelche Flaschnerarbeiten zu erledigen. Mangels Fahrgelegenheit hat er morgens und abends den Weg von Bergatreute nach Baienfurt (und zurück) zu Fuß zurückgelegt.
Und an einer Quelle am Wegesrand hat er am Hin- und Rückweg Rast gemacht, sich am frischen Quellwasser gelabt und eine Pfeife geraucht. Und weil ihn da oft Leute gesehen haben, die da ebenfalls vorbeigekommen sind, nannten sie die Quelle dem Jakob sei Brünnele.“Und das habe sich im Volksmund über die Jahre so eingebürgert, dass die Quelle bei einer Neufassung Jakobsbrünnele getauft worden sei.
Wenn man vom Parkplatz weiter der L314 folgt und nach Bolanden abzweigt, kommt man über eine schmale Brücke, die Teil der alten L314-Trasse war. Kurz nach der Brücke steht links ein Bildstock mit der Figur des Brückenheiligen: Johannes von Nepomuk. Nachdem man wieder zurück auf die Landstraße fährt, ist rechts an der Einmündung eine kleine Gedenkstätte mit zwei Kreuzen, die an den tödlichen Unfall einer 18-jährigen Frau erinnert, die hier am 20. Februar 2013 tödlich verunglückt ist.
Weiter auf der L314, gerade wieder aus dem Wald heraus bei Kilometer 4,9, kurz vor der Dobelmühle ist links ein schmiedeeisernes Kreuz aufgestellt. Dies erinnert an den tödlichen Unfall eines landwirtschaftlichen Unternehmers am 28. April 1977.
Der 39-Jährige war oberhalb des Kreuzes nach getaner Arbeit mit seinem Traktor auf eine nasse, leicht abfallende Wiese gefahren und ins Rutschen geraten. Daraufhin war er die 60 Meter hohe Böschung herabgestürzt, hatte sich dabei mehrfach überschlagen und war durch die Windschutzscheibe hinausgeschleudert worden. Er verstarb noch an der Unfallstelle. Am Kreuz ist folgende Inschrift angebracht: „Seid wachsam und haltet euch bereit, denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht vermutet.“