Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Film ab: Lindau von einem anderen Blickwinkel
Max Fohrer und Joshua Witt drehen Kurzfilm am Bodensee mit kleinem Budget
LINDAU - Kleines Budget, viel Kreativität: Zwei junge Männer aus der Region machen einen Kurzfilm am Bodensee. Sie wollen wollen damit zeigen, dass Lindau viel mehr Potential hat – auch für junge Menschen. Wie der Film die Menschen zum Denken anregen soll.
Sie wacht erschrocken auf und weiß nicht, wo sie ist. Um sie herum: Wasser, das Ufer ist weit entfernt. Die junge Frau will da hin, schwimmt, kommt aber nicht voran. Wie in einem Albtraum hält sie ein unsichtbarer Griff fest. Erst als die Frau sich treiben lässt, spült sie das Wasser ans Bodenseeufer. „Das ist eine der Traumwelten, in der unsere Protagonistin landet“, erklärt Max Fohrer. Für ihn ist klar: In dieser Szene geht’s ums Loslassen. Das ist ein wichtiger Teil in dem Kurzfilm „De fracto“, den er zusammen mit seinem Freund Joshua Witt produziert.
Die beiden haben sich im August zusammengesetzt und an einem Drehbuch gearbeitet. Ursprünglich kennen sie sich von der Ausbildung zum Grafikdesigner. Joshua Witt studiert mittlerweile in Köln Kommunikationsdesign an der Ecosign. Max Fohrer hat in Ravensburg Mediendesign studiert und sich jetzt als Art Director selbstständig gemacht.
Zusammen mit Schauspielerin Ramona Walser sind sie fast fertig mit den Dreharbeiten. Lindau und die Bodenseeregion spielen dabei eine wichtige Rolle. Am vergangenen Wochenende haben die beiden im Lindauer Parktheater gedreht. Davor waren die Filmemacher aber auch in Langenargen und Vorarlberg unterwegs.
„Ich bin hier in der Umgebung aufgewachsen und in Lindau auf die Schule gegangen“, sagt Max. Seiner Meinung nach sei die Region nicht so spannend, um kreative Ideen umzusetzen. Im Lockdown wollen die beiden aber die Gelegenheit nutzen, Lindau in ein anderes Licht zu rücken.
„Die Sachen, die man kennt, sind oft die Langweiligsten. Aber das sind auch die Dinge, die für Andere am Spannendsten rüberkommen“, sagt Joshua Witt. Oft blende man als Ortsansässiger die Schönheit des Bodensee aus.
Seiner Meinung nach habe Lindau sehr viel Potenzial. „Gibt man auf Youtube Lindau ein, dann kommen da ganz schreckliche Sachen“, sagt er. Das sei natürlich Geschmackssache,
sagt Max Fohrer. Aber seiner Meinung nach wirken viele der Videos in ihrer Aufmachung eher konservativ. Die Kunst- und Kulturszene gebe normalerweise vor, wie ein Film gut aussehe.
Außerdem gebe es eine modernere Art und Weise, wie Filme geschnitten werden und wie sie ästhetisch umgesetzt werden können. Das wollen die beiden mit ihrem Film zeigen: „Vielleicht wirkt die Region dann in einem anderen Licht.“Die Ästhetik spielt im Kurzfilm von Max Fohrer und Joshua Witt eine wichtige Rolle. Das zeigt schon allein der Trailer, den Max Fohrer mittlerweile schon veröffentlicht hat.
Die beiden jungen Männer wollen mit dem Film auch auf Corona anspielen. „Jeder der im Lockdown sitzt, fragt sich doch irgendwann: Was mache ich mit meinem Leben?“, sagt Joshua Witt. Diese Art der Reflexion sei ein wichtiges Thema im Film.
Das Drehbuch haben die beiden Männer am Mythos des Sisyphos von Albert Camus orientiert. Der Philosoph beschäftigte sich mit dem Absurden. „Da geht es darum, die Akzeptanz zum Absurden aufzubauen, um ein glücklicher Mensch zu werden“, weiß Witt.
Auch im Film gehe es darum, dass die Darstellerin im Kino arbeitet, aber keiner wegen Corona ins Kino komme. Sie arbeite ohne Ziel und versuche der Situation zu entkommen. Ohne Erfolg. Erst durch die verschiedenen Traumwelten scheint sie etwas zu erkennen.
Max Fohrer und Joshua Witt arbeiten seit August an dem Projekt. Momentan zahlen sie alles noch aus eigener Tasche. Damit das Budget niedrig bleibt, haben sich die beiden Hilfe von Freunden und Künstlern geholt, die Equipment ausgeliehen oder freiwillig geholfen haben. Außerdem mussten die Drehorte kostenlos sein. Auch das Parktheater verlangt kein Geld von den beiden.
Um am Ende alle Kosten zu decken, haben die beiden eine Kickstarter-Kampagne gestartet. 3000 Euro wollen sie sammeln. „Würden wir nur die Arbeitsstunden abrechnen, würden wir auf schnell auf 30 000 bis 40 000 Euro kommen“, sagt Joshua Witt.
Geld spiele bei dem Projekt aber keine Rolle, sagt Max Fohrer. „Wir hatten Lust auf das Projekt. Wir würden uns aber freuen, wenn das Ziel der Kampagne erreicht wird, damit die Premiere richtig gut wird.“