Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Der Anführer bleibt
Nicolas Gonzalez verlängert beim VfB bis 2024 – ohne Ausstiegsklausel
STUTTGART - Die Nachricht kommt überraschend – und könnte dem VfB Stuttgart eine finanziell entlastende Zukunft bescheren: Der BundesligaAchte hat den Vertrag mit dem argentinischen Torjäger und Anführer Nicolas Gonzalez vorzeitig um ein Jahr bis 2024 verlängert, laut „kicker“hat der 22-Jährige auf eine Ausstiegsklausel verzichtet. Sein Gehalt dürfte dafür kräftig aufgestockt worden sein. Gonzalez, der bis Mitte Dezember mit einem Innenbandanriss im Knie fehlt, wurde zuletzt immer besser: In der Liga schoss er, gerade erst von einem Muskelbündelriss kuriert, in 227 Minuten drei Tore. Beim 3:3 in Hoffenheim musste er bereits nach 32 Minuten verletzt vom Feld, hatte zuvor aber in Lionel-Messi-Manier das 1:1 erzielt, zudem die Latte getroffen und wurde vom „kicker“am Ende zum Mann des Spiels gewählt. Auch für Argentinien traf Gonzalez zuletzt zweimal – als Sturmpartner des echten Messi.
„Gonzalez ist ein Typ wie Arturo Vidal, ein echter Krieger“, sagte sein Entdecker Michael Reschke einst, Experten schätzen seinen Marktwert auf 30 Millionen Euro, Tendenz steigend. Womöglich könnte er eines Tages der teuerste Abgang des Clubs werden. Umso erstaunlicher, dass Gonzalez, der 2018 für 8,5 Millionen kam, beim VfB verlängerte – zumal er im Sommer noch weg wollte: „Es war eine schöne Zeit in Deutschland, aber nun habe ich mich entschieden: Ich möchte gehen, brauche eine Luftveränderung. Ich möchte Stuttgart verlassen“, sagte er damals. VfB-Sportdirektor Sven Mislintat hatte kürzlich erklärt, das damalige Interview sei „fremdgesteuert“gewesen. „Danach haben wir sauber miteinander geredet. Er hat sich absolut vorbildlich verhalten. Ich glaube, dass er froh ist, hier geblieben zu sein. Er sieht, dass wir nicht mehr der VfB aus dem Abstiegsjahr sind. Das war ein bisschen seine Sorge."
Mit einer hohen Ablöseforderung von 30 Millionen Euro hatte Mislintat den Abgang verhindert – und kann sich sein Bleiben nun ans Revers heften. Eine Verlängerung mit MittelfeldStratege Waturo Endo und ein Kauf des bisher ausgeliehenen Innenverteidiger-Talents Konstantinos Mavropanos, und Mislintats Meisterstück wäre perfekt: „Nico fühlt sich wohl beim
VfB und wir glauben, dass er seine positive Entwicklung fortsetzen wird. Er war ein wichtiger Faktor beim Aufstieg und hat diese Saison seine Qualitäten unter Beweis gestellt“, sagte Mislintat. Gonzalez klingt inzwischen sehr dankbar: „Ich fühle mich hier zuhause und bin glücklich über die Vertragsverlängerung. Die Entwicklung hier ist sehr positiv“, sagte er.
Eine Luftveränderung kommt auf den VfB dagegen in der Liga zu: Im zweiten Saisonviertel trifft er auf die Spitzenteams, unter den neun Gegnern sind gleich sechs aus den Top 7, das Gastspiel des FC Bayern (15.30/ Sky) macht am Samstag den Anfang. Gut möglich also, dass der VfB in der Tabelle bis Weihnachten noch nach unten rutscht. Immerhin steht gegen die Bayern die Blitz-Rückkehr von Mavropanos bevor. Der Grieche trainiert seit Dienstag wieder mit der Mannschaft – vier Wochen nach seinem Meniskusriss.
Finanziell rechnet der VfB wegen der Corona-Krise für diese Saison laut Thomas Hitzlsperger mit einem Verlust in mittlerer zweistelliger Millionenhöhe. „Jedes Heimspiel ohne Fans bedeutet einen Umsatzverlust von zwei Millionen Euro“, sagte der Vorstandschef. „Wir haben nach wie vor Kurzarbeit beantragt, und wenn die wirtschaftliche Lage sich über einen längeren Zeitraum nicht bessert, werden wir um drastische Maßnahmen nicht herumkommen.“Man warte noch auf eine Entscheidung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), bei der der VfB einen Corona-Hilfskredit in Millionenhöhe beantragt hat.