Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Attraktive Regionen gewinnen
Isnyer Immobilienmakler analysiert die Situation im westlichen Allgäu
ISNY - Die Corona-Pandemie gibt in zahlreichen Branchen Anlass zur Sorge oder gar zu Existenzängsten. Viele Menschen sind in Kurzarbeit, die Staatshilfen betreffen in großen Teilen nicht die Arbeitnehmer. Wie wirkt sich das auf die Lage des Immobilienmarkts aus? Sebastian Igel und Patrick Kaufmann, die vor fünf Jahren ein Immobilienunternehmen in Isny eröffnet und in den vergangenen Jahren zwei feste Mitarbeiter und zwei Auszubildende eingestellt haben, geben einen Überblick über die aktuelle Lage im Westallgäu.
Eindeutig schätzt Igel das westliche Allgäu weiterhin als Zuzugsgebiet ein. Der Bedarf an Wohnraum entstehe insbesondere durch junge Erwachsene, die nach einer Ausbildung wieder in ihre Heimat zurückkehren, Menschen am Ende ihres Berufslebens, oder beispielsweise ehemalige Reha-Patienten, die die Lebensqualität im Westallgäu zu schätzen wissen. Hinzu komme ein weiterer Faktor: Durch zahlreiche Unternehmen mit wachsendem Personalbedarf gibt es viel Zuzug aus Südosteuropa. Für diesen Personenkreis ist vor allem bezahlbarer Mietwohnraum ein Thema.
Die starken Unternehmen der Region, wie Dethleffs und Hymer, zählt der Immobilienexperte ohnehin zu den Corona-Gewinnern. Ähnlich schätzt er die Situation für den regionalen Tourismus ein. Aber auch innovative Unternehmen wie Vecnum in Isny, Variahome in Wangen oder Initiativen wie das „Digitale Zukunftszentrum“in Leutkirch sowie eine stark wachsende Hochschule in Kempten zeigen die Attraktivität der
Region. „Auch wenn es jetzt bei einigen Unternehmen einen Knick gibt: Langfristig sind die Perspektiven gut“, ist sich Igel sicher. Der „Prognos Zukunftsatlas“, der jährlich eine Analyse der regionalen Wohnungsmärkte herausgibt, sieht es ähnlich: „Es gewinnen Regionen, die attraktiv für junge Menschen sind.“
Alle diese Faktoren zeigen: Der Bedarf an Mietwohnungen ist weiterhin hoch. Lange Zeit lag der Fokus jedoch zu stark auf Mietwohnungen, das Eigentum im erschwinglichen Bereich wurde politisch vernachlässigt. Deutschland ist innerhalb der EU das Land mit der niedrigsten Quote an Immobilieneigentum. Für Igel wäre es folgerichtig, dieser Entwicklung durch einen „Eigentumspakt“zu begegnen. Denn nur Eigentum schütze vor hohen Mieten, und der Eigentümer nimmt an Preissteigerungen
teil. Von der derzeitigen Corona-Krise und die durch die Corona-Maßnahmen entstandene Rezession ist auf den Wohnungsmärkten derzeit noch nichts zu spüren. Im Gegenteil: Sowohl die Preise als auch die Bautätigkeit nehmen weiter zu. Igel und Kaufmann prognostizieren fürs laufende Jahr gar neue Rekorde bei den Zahlen der Baugenehmigungen.
Denn in Isny entstehen in den kommenden drei Jahren rund 500 Wohneinheiten. In Leutkirch entstehen allein auf dem ehemaligen Peter & Sohn-Areal rund 350 Wohnungen. In Lindenberg sind im neuen Wohngebiet „Am Gierenbach“etwa 250 Einheiten geplant. Und auch in Wangen ist mit den Gebieten „Wittwais“, „ERBA“, „Auwiesen“und dem ehemaligen NTW-Areal einiges in der Pipeline.
Es stellt sich demnach die Frage, ob das hohe Bauniveau inzwischen die Nachfrage übersteigt und die Preise für Wohnraum, zumindest perspektivisch, sinken. Dazu meint Igel: „Die Mietpreise werden in naher Zukunft, auch aufgrund der großen Bautätigkeit, keine großen Sprünge machen. Aber auf hohem Niveau leicht zulegen, aufgrund weiter steigender Baupreise.“
Worauf solle jemand achten, der in der jetzigen Zeit daran denkt, eine Immobilie zu kaufen? Igel rät: „Derzeit gilt dasselbe wie sonst auch: Nicht auf Kante finanzieren, die monatliche Belastung so kalkulieren, dass etwas Luft bleibt für mögliche Verdienstausfälle. Wichtig ist es immer, im Vorfeld genug Eigenkapital anzusparen, das senkt das Risiko und macht die Finanzierung günstiger. Meine Empfehlung: mindestens zehn, besser 20 Prozent Eigenkapital einbringen“.
Jungen Immobilieneinsteigern gibt er einen persönlichen Tipp: Eine kleine Eigentumswohnung zur Eigennutzung oder als Kapitalanlage eignet sich als Start in den Immobilienmarkt. Sie zwinge zum Sparen und man partizipiere an steigenden Preisen.
Ihre Geschäftsbereiche haben die beiden Immobilienmakler kontinuierlich erweitert. „Gerade ist Ramon Netzer, der seit August bei uns arbeitet, dabei, den Bereich der Immobilienverwaltung weiter auszubauen“, sagt Igel. Ein weiterer Mitarbeiter wird im Januar im Büro am Burgplatz beginnen. Und einen Ausbildungsplatz in dieser Branche, die weiter zu boomen scheint, haben die beiden Jungunternehmer 2021 ebenfalls neu zu besetzen. Hierfür werden ab sofort Bewerbungen angenommen.