Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Mobilität: Fördertopf gibt es doch nicht
Kreistagsausschuss befasst sich mit geplanten Regiobuslinien und der Linie 7549
KREIS RAVENSBURG/BAD WALDSEE - Im Dezember 2019 hatte der Kreistag Ravensburg auf Antrag der Freien Wähler einen separaten Fördertopf für Projekte aus den Städten und Gemeinden im Landkreis beschlossen, der die Verbesserung des ÖPNV zum Ziel hatte. Eine Million Euro jährlich sollten sich bis 2022 in dem Topf befinden und für zusätzliche lokale Verkehrsprojekte als Ergänzung zum bestehenden Verkehrsangebot zur Verfügung stehen (die SZ berichtete im Februar). Was ist aus dem Fördertopf geworden, nachdem das Geld im Kreishaushalt für 2020 eingestellt worden war?
Wie das Landratsamt Ravensburg auf SZ-Anfrage mitteilte, sei im April im Ausschuss für Umwelt und Mobilität (AUM) beschlossen worden, doch zuerst einmal das ÖPNV-Gesamtkonzept, das der Landkreis bekanntlich derzeit entwickelt, auf die Beine zu stellen, bevor einzelne lokale Zusatzprojekte mit dem Fördertopf vorangebracht werden. Somit war der Fördertopf nach kurzer Zeit wieder vom Tisch, noch bevor der Kreistag konkrete Fördermodalitäten festgelegt hat. Laut AUM-Beschluss fließt das Geld aus dem Fördertopf stattdessen in Projekte im Rahmen des Kreis-ÖPNV-Konzepts ein. Konkret nannte Landratsamtssprecherin Selina Nussbaumer etwa den Regiobus Konstanz-Ravensburg, der bereits fährt, oder etwa den geplanten Regiobus Ravensburg-Wangen-Isny. Die Kreisverwaltung wurde in der Aprilsitzung vom AUM einstimmig beauftragt, ein Konzept für diesen Regiobus zu entwickeln und beim Land einen entsprechenden Zuschussantrag für einen Förderzeitraum von bis zu fünf Jahren zu stellen.
Im kommenden März soll dann das ÖPNV-Gesamtkonzept im Kreistag beraten und verabschiedet werden. Kern sind laut Nussbaumer die Regiobusse, die weitläufige Verbindungen auch über Kreisgrenzen hinaus schaffen sollen. In einem weiteren Schritt steht ihren Angaben zufolge im Herbst 2021 der neue Nahverkehrsplan im Kreisparlament an. Dabei gehe es um weitere Linien und Mobilitätskonzepte, die an die Überlandbusse als Grundgerüst andocken.
Zurück zum wieder gestrichenen Fördertopf: Die Idee der Freien Wähler für dieses Angebot orientierte sich an einem ähnlichen und erfolgreichen Modell im Bodenseekreis (Emma). Sämtliche Gemeinden und Kommunen im Landkreis Ravensburg
sollten mit kreativen Ideen unkompliziert von dem Geld aus dem Topf profitieren, um bedarfsorientiert Verkehrslücken zu schließen. Wie berichtet, wurde der Antrag der Freien Wähler in die Kreistagssitzung Ende 2019 eingebracht und von SPD, ÖDP und Grünen unterstützt. Von der CDU gab es zunächst Gegenwind, bei acht Gegenstimmen größtenteils der Christdemokraten wurde der Topf jedoch mehrheitlich beschlossen („Mobilität: Fördertopf des Landkreises bietet neue Chancen“, SZ vom 6. Februar). Geplant war, dass neue Zusatzkonzepte, die vor allem in Ortschaften und kleineren Weilern eine Ergänzung zum bestehenden ÖPNV-Angebot sein sollten, gefördert werden. Dies könnten Modelle sein wie etwa Bürgerbusse, Anrufsammeltaxis, E-Scooter für die letzten Meter, Carsharing, Pool-Riding oder auch Jobtickets oder Parkplatzvergünstigungen für Fahrgemeinschaften. Ob ein solcher Fördertopf erneut aufgelegt wird, muss nach Angaben des Landratsamts erst erneut beraten werden, sobald das
Gesamt-ÖPNV-Konzept steht. In Bad Waldsee und vor allem den Ortschaften wurden nach Bekanntwerden des Fördertopfes bereits große Chancen für Verbesserungen und ergänzende Mobilitätsangebote gesehen („Mobilitätskonzepte: Ortschaften erhoffen sich Verbesserungen“, SZ vom 6. Februar 2020). Da generell gilt, dass frühzeitig entwickelte und gute Konzepte die Chancen erhöhen, auf einen Fördertopf zugreifen zu können, waren kreative Ideen gefragt. Aber da es den Fördertopf nun gar nicht gibt, sind dementsprechend nach Angaben des Landratsamts von keiner Kommune oder Gemeinde Anträge auf Förderung oder Projektideen eingegangen.
Auch die Stadt Bad Waldsee teilte auf Anfrage mit, dass bisher noch kein Konzept erarbeitet worden sei und für Bad Waldsee ohnehin erst noch das Gesamtmobilitätskonzept als Nächstes anstünde. „Wir möchten uns im kommenden Jahr diesem wichtigen Thema verstärkt widmen“, teilte die städtische Pressesprecherin Brigitte Göppel mit.