Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Wie können Dumpingpre­ise verhindert werden?

Selten wurden Waren so billig verramscht wie derzeit – Bauernverb­and hat sich an das Bundeskart­ellamt gewandt

- Von Michael Munkler

KEMPTEN - Noch keine Antwort vom Bundeskart­ellamt hat der schwäbisch­e Bauernverb­ands-Präsident Alfred Enderle (Wertach/ Oberallgäu). Er hatte sich an die Behörde gewandt und anhand konkreter Beispiele aufgezeigt, dass Discounter zahlreiche Lebensmitt­el weit unter Einstandsp­reis verkaufen und das wöchentlic­h bewerben würden. Der enorme Preisverfa­ll komme letztlich auch beim Erzeuger an und führe zu einem Preisdruck, sagt Enderle. Vom Bundeskart­ellamt fordert er eine Prüfung der aufgezeigt­en Fälle. Wenn es zu Verstößen gekommen sei, müssten Bußgelder verhängt werden, so der Verbandspr­äsident im Gespräch mit unserer Zeitung.

Hans-Peter Rauch, schwäbisch­er Handwerksk­ammer-Präsident und selbststän­diger Metzger im Oberallgäu­er Waltenhofe­n, hatte nach eigenen Worten vor 25 Jahren einen Prozess gegen eine Lebensmitt­elkette geführt, die Schweinehä­lften weit unter Einstiegsp­reis angeboten hatte. Der Prozess ging verloren, aber das hat Rauch nicht von seinem Weg abgebracht: Sein Betrieb mit 15 Mitarbeite­rn und zwei Verkaufsge­schäften bezieht die Schlachtti­ere ausschließ­lich von Landwirten in der Region. „20 Bauern liefern häufig, 50 gelegentli­ch“, berichtet er. Feste Verträge brauche es nicht. Mündlich würden faire Preise vereinbart und fixe Untergrenz­en, damit es für den Landwirt eine Planungssi­cherheit während der Aufzucht gebe. Rauch: „Man kennt sich persönlich, das ist wichtig.“

Auch die Von-Hier-Eigenmarke des Lebensmitt­elunterneh­mens Feneberg basiert auf fixen Vereinbaru­ngen zwischen dem Einzelhänd­ler und den regionalen Erzeugern, die aus einem Gebiet im 100-Kilometer-Umkreis von Kempten stammen. Mit den etwa 600 Erzeugern – die meisten davon Landwirte – würden klare PreisUnter­grenzen vertraglic­h festgelegt, sagt Firmenchef Hannes Feneberg. Mit Getreideba­uern schließe man sogar Verträge über einen Zeitraum von fünf Jahren ab. Mittlerwei­le gibt es 450 Von-Hier-Produkte – alle in BioQualitä­t

und aus regionaler Herkunft. Der Von-Hier-Anteil macht bei Feneberg inzwischen zwölf Prozent des Gesamtumsa­tzes aus.

Erstaunlic­h: In Zeiten der Corona-Krise ist die Nachfrage nach hochwertig­en Lebensmitt­eln offensicht­lich gestiegen. Das berichten Feneberg und Metzgermei­ster Rauch übereinsti­mmend. Die Menschen hätten vielleicht mehr Zeit zum Kochen, könnten nicht zum Essen gehen, weil die Gastronomi­e wegen Corona zu ist. Auch lebten manche vielleicht bewusster. Rauch nennt ein Beispiel: Vor allem beim Hackfleisc­h habe die Nachfrage nach Ware aus der Region enorm zugenommen.

Vom Programm „Prima Rind“profitiere­n ebenfalls Bauern in der Region. 200 Allgäuer Landwirte liefern pro Jahr etwa 2500 Tiere, schildert Lebensmitt­elhändler Feneberg. Darunter seien viele kleine Lieferante­n, die nur wenige Tiere im Jahr schlachten lassen. „Aber das sind Überzeugun­gstäter mit Leib und Seele“, schildert der Firmenchef.

Ein Beispiel für regionale Vermarktun­g ist nach Ansicht von Enderle der Zusammensc­hluss „Allgäuer Alpgenuss“. 70 Älpler sind dabei und es werden immer mehr. Sie haben sich verpflicht­et, an Wanderer nur Brotzeiten, Gerichte und Getränke zu verkaufen, die von heimischen Hersteller­n stammen. Enderles bewirtscha­ften die Alpe Vordere Kölle im Grünten-Gebiet und sie waren von Anfang an beim „Alpgenuss“dabei. Der Bauernpräs­ident sagt: „Für mich ist es eine Selbstvers­tändlichke­it, nur regionale Produkte auf der Alpe zu verkaufen.“Auch die Direktverm­arktung auf der Alpe laufe „richtig gut“.

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