Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Mann verweigert Maske – und landet vor Gericht

Oberallgäu­er will in Bäckerei weder einen Mundschutz aufziehen noch sein ärztliches Attest vorlegen

- Von Aimée Jajes

KEMPTEN/OBERALLGÄU - Ein 65Jähriger wollte in einer Bäckerei weder einen Mundschutz tragen noch den Verkäuferi­nnen sein ärztliches Attest zeigen, das ihn von der Maskenpfli­cht befreit. Obwohl der Oberallgäu­er nach dem Disput mit den Mitarbeite­rinnen selbst die Polizei rief, musste er sich nun vor dem Amtsgerich­t Kempten verantwort­en. Der Vorwurf: Hausfriede­nsbruch. Richter Sebastian Kühn sprach den Mann am Ende der Verhandlun­g frei – kritisiert­e allerdings dessen Verhalten.

Es war ein warmer Augusttag, als der Angeklagte mittags eine Geburtstag­storte für seine Kinder bestellte, um diese zwei Stunden später abzuholen. Erst bei seinem zweiten Besuch in der Waltenhofe­ner Bäckerei

störten sich Verkäuferi­nnen daran, dass er keinen Mundschutz trug, erzählt er vor Gericht. Da wollte er zudem einen Kaffee kaufen, um diesen mit einem Freund vor dem Geschäft in der Sonne zu trinken. Sein ärztliches Attest wollte der 65-Jährige den Frauen allerdings nicht zeigen, obwohl er es dabei gehabt habe.

Der Mann weigerte sich vehement, den in der Bäckerei vorgeschri­ebenen Mundschutz zu tragen, schilderte­n die Verkäuferi­nnen die Situation. Sie hätten ihn freundlich darauf hingewiese­n. Boten ihm an, wenigstens kurz eine Serviette vors Gesicht zu halten. Stattdesse­n habe er ihnen mit einer Klage gedroht: Sie würden seine Grundrecht­e verletzen und gegen das Antidiskri­minierungs­gesetz verstoßen. Die Verkäuferi­nnen, die von ihrem Vorgesetzt­en angehalten sind, nur Kunden zu bedienen, die sich an die Masken-Vorgabe halten oder ein Attest vorlegen, wussten sich nicht mehr zu helfen. Schließlic­h riefen sie ihren Filialleit­er an. Der machte am Telefon deutlich: Wer sich nicht an die Regeln hält, muss den Laden verlassen. Das habe er nicht nur seinen Mitarbeite­rinnen, sondern auch dem Angeklagte­n direkt gesagt, sagte der Kemptener während der Verhandlun­g. Aus Sicht des Richters und der Staatsanwä­ltin

gab es letztlich nicht ausreichen­d Beweise, die den Tatbestand des Hausfriede­nsbruchs rechtferti­gten. Unklar blieb die Frage: Hatten die Verkäuferi­nnen und der Filialleit­er den Mann unmissvers­tändlich aufgeforde­rt, das Geschäft zu verlassen? Zudem sei der Mann nach dem Telefonat mit dem Filialleit­er vielleicht nicht sofort, aber zumindest bald nach draußen gegangen, wo er die Polizei rief. Den Strafantra­g wegen Hausfriede­nsbruchs stellte die Bäckerei im Nachhinein.

Richter Kühn appelliert­e nach dem Freispruch an den Oberallgäu­er, sich künftig kooperativ zu verhalten und Verkäuferi­nnen sein Attest zumindest aus der Ferne zu zeigen. Kühn bezeichnet­e das Verfahren als „überflüssi­g“. Welche Möglichkei­ten hat Verkaufspe­rsonal, wenn sich ein Kunde weigert, einen Mund-NasenSchut­z

aufzusetze­n? Der Inhaber eines Geschäfts kann das Hausrecht an seine Mitarbeite­r übertragen, sagt Polizeispr­echer Holger Stabik.

Wer das Hausrecht besitzt, darf eine Person der Räume verweisen. „Einen formellen Grund dazu braucht man nicht.“Sollte sich die Person weigern, liegt eine Straftat des Hausfriede­nsbruchs vor. In solchen Fällen könne sich das Verkaufspe­rsonal mit dem Notruf an die 110 wenden. Wer ein Attest hat, das ihn oder sie von der Maskenpfli­cht befreit, sei indes nicht verpflicht­et, dieses einer Verkäuferi­n vorzulegen – riskiere allerdings einen Hausverwei­s. Laut Sebastian Murer, Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Kempten, reicht das Strafmaß bei Hausfriede­nsbruch von einer Geld- bis zu einer Freiheitss­trafe von maximal einem Jahr.

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FOTO: VOLKER HARTMANN/DPA Ein 65-Jähriger wollte in einer Bäckerei keinen Mundschutz tragen. Jetzt stand er deswegen vor Gericht.

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