Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

2021 wird das Sparbuch geplündert

Kämmerei stellt Haushalts- und Investitio­nsplan fürs kommende Jahr vor

- Von Steffen Lang

BAD WURZACH - Weniger Einnahmen, mehr Ausgaben, und das jeweils in Millionenh­öhe. Die Finanzlage der Stadt Bad Wurzach ist angespannt. Wie sie für 2021 plant, stellte am Montagaben­d Kämmerer Stefan Kunz bei der Haushaltse­inbringung im Gemeindera­t vor.

Der doppische Haushalt einer Kommune besteht aus zwei Teilen. Zum einen ist das der sogenannte Ergebnisha­ushalt, der den laufenden Betrieb umfasst. Zum anderen der Finanzhaus­halt für die Investitio­nen. Der Ergebnisha­ushalt sollte idealerwei­se einen Überschuss haben, denn dieses „übrige“Geld hat man dann für die Investitio­nen zur Verfügung.

Im Prinzip ist es bei einer Stadt also wie beim sprichwört­lichen Otto Normalverb­raucher. Dessen Gehalt sollte auf jeden Fall für Fixkosten wie Wasser, Strom, Lebensmitt­el und notwendige Kleidung reichen. Nur was dann noch übrig bleibt (plus das, was ihm vielleicht die Oma dazugibt und was noch auf dem Sparkonto liegt), kann er für nicht notwendige Anschaffun­gen wie ein neues Auto oder eine Urlaubsrei­se ausgeben.

Das Problem der Stadt 2021: Die Einnahmen im Ergebnisha­ushalt in Höhe von 32,6 Millionen Euro reichen nicht für die Ausgaben, die 35,8 Millionen Euro umfassen. Folglich müssen die geplanten Investitio­nen von „Oma“, in dem Fall das Land mit seinen Fördermitt­eln und mit Geld vom Sparkonto, bezahlt werden.

Grund der Misere ist der Einbruch der Steuereinn­ahmen. Insgesamt sind das rund 1,1 Millionen Euro weniger; alleine die Gewerbeste­uer sinkt von 7,9 auf 7,0 Millionen. Dazu kommen geringere Zuweisunge­n vom Staat, da diese sich aus dem Vorvorjahr berechnen – und da stand Bad Wurzach recht gut da. Insgesamt ergeben sich Mindereinn­ahmen von 1,5 Millionen Euro. Und dies obwohl Bad Wurzach vom neu eingeführt­en Flächenfak­tor bei der Berechnung der Zuweisunge­n so stark profitiert wie keine andere Kommune in Baden-Württember­g. 400 000 Euro mehr als ohne diesen Faktor erhält die Stadt 2021.

Gleichzeit­ig steigen die Ausgaben um 1,2 Millionen Euro. Die Personalko­sten nehmen zu, die Bewirtscha­ftung und Instandhal­tung der kommunalen Gebäude und Fahrzeuge kostet mehr Geld, es muss mehr an Kreis, Land und Kindergart­enträger abgeführt werden. Auch die Abschreibu­ngen steigen stark, da die Stadt in den vergangene­n Jahren viel investiert hat.

Macht ein Gesamtminu­s im Ergebnisha­ushalt von 3,2 Millionen Euro, das selbst unter Berücksich­tigung der Abschreibu­ngen, die ja nur auf dem Papier stehen, noch 1,12 Millionen Euro beträgt.

Trotzdem plant die Stadt für das kommende Jahr mit Investitio­nen von 14,9 Millionen Euro. Die größten Posten sind der Ausbau des Glasfasern­etzes (3,9 Millionen), der Neubau Hallenbad (3,3), weiterer Grunderwer­b (2,0), die Mehrzweckh­alle Hauerz und die Deckenerne­uerung von Gemeindest­raßen (jeweils 0,67), die Erschließu­ng des Baugebiets Ziegelbach (0,6) und die Modernisie­rung der EDV (0,55).

Finanziert wird das, neben Fördermitt­eln und dem Verkauf von (Bau-)Grundstück­en, zum Großteil aus den Rücklagen. „Wir müssen ganz tief in den Sparstrump­f greifen“, so Kunz zum Plan, 10,2 Millionen Euro vom „Sparbuch“zu nehmen. Das schmilzt dadurch auf 2,8 Millionen Euro, nur noch wenig mehr als vom Gesetzgebe­r vorgeschri­eben.

Der Blick in die folgenden Jahre treibt Kunz deshalb die Sorgenfalt­en auf die Stirn. Mittelfris­tig (bis 2024) plant der Kämmerer mit neuen Schulden von 5,6 Millionen Euro (derzeit hat die Stadt rund 4,6 Millionen). Und das nicht nur aufgrund der Mammutaufg­abe Glasfasern­etzausbau, der die Stadt trotz 90-prozentige­r Förderung in den kommenden Jahren immer noch 7,5 Millionen Euro kosten wird.

Doch im Plan stehen eben auch zum Beispiel das Feuerwehrh­aus Eintürnen, das Sanierungs­gebiet West, die Dorfentwic­klung Seibranz und nicht zuletzt der Turm im Ried. „Da kommt was auf uns zu“, so Kunz und kündigte eine harte Diskussion in den kommenden Monaten darüber an, „was Pflicht und was Kür ist. Einiges muss auf den Prüfstand.“Denkverbot­e dürfe es dabei nicht geben.

Zumal der gesamte Haushaltsp­lan 2021, der am 1. Februar vom Gemeindera­t beschlosse­n werden soll, den „Makel“hat, dass keiner wirklich weiß, wie sich die Konjunktur und damit die Einnahmen entwickeln und wie es mit der Corona-Krise weitergeht.

Dies gilt in besonderem Maße auch für den städtische­n Kurbetrieb. Derzeit plant dieser laut dem Wirtschaft­splan 2021, den erstmals der seit März arbeitende Geschäftsf­ührer Markus Beck vorlegte, mit einem kleinen Gewinn von 22 000 Euro. „Voraussetz­ung dafür ist aber, dass nach dem 10. Januar kein weiterer Lockdown kommt“, machte Beck klar. Und schon ohne Lockdown sei das Erreichen der Gewinnzone „ein ambitionie­rtes Ziel“.

In relativ ruhigem Fahrwasser befindet sich einzig der kommunale Abwasserbe­trieb, der allerdings seine bis 2024 geplanten Investitio­nen in Höhe von 4,4 Millionen Euro zu etwa zwei Dritteln über Kredite finanziere­n wird, wie Patricia Wiedenmann erläuterte. Seine Schulden steigen damit auf an die elf Millionen Euro, wobei der weit überwiegen­de Teil interne Darlehen der Stadt sind.

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FOTO: LANG Die Vorlage des Haushaltsp­lans 2021 versüßte die Verwaltung den Rätinnen und Räten mit einem Lebkuchen.

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