Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Scherer kündigt „schwierige und schmerzhafte Entscheidungen“an
Bürgermeisterin übt in ihrer Haushaltsrede Kritik am Land
BAD WURZACH - „Schwierige und schmerzhafte Entscheidungen“sieht Bad Wurzachs Bürgermeisterin Alexandra Scherer (CDU) auf die Stadt zukommen.
In ihrer Haushaltsrede am Montagabend im Gemeinderat stimmte sie das Gremium bereits darauf ein, dass möglicherweise nicht alles, was im Plan für 2021 steht, tatsächlich auch umgesetzt wird: „Nicht nur die Projekte, die mit einer Planungsrate versehen sind, stehen unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit.“Zwar könne man das Minus „durch unser Sparpolster einmalig ausgleichen, aber dann müssen wir die Kehrtwende schaffen“, machte die Bürgermeisterin unmissverständlich klar.
Deutliche Worte richtete sie auch an das Land Baden-Württemberg. Dessen verbindliche Zusage, die Kosten für den Glasfaserausbau zu 40 Prozent zu tragen, fehlt nämlich noch, während der Bund seine 50 Prozent bereits zugesagt hat. Ohne einen verbindlichen Bescheid „können wir nicht beginnen“, so Scherer, die Zeit dränge aber. Sie betonte auch: „Mehr als den aktuell geplanten Eigenanteil von rund 7,5 Millionen Euro insgesamt können wir nicht stemmen“. Der Glasfaserausbau ist für die kommenden Jahre mit insgesamt 58 Millionen Euro veranschlagt.
Die Stadt Bad Wurzach hat alljährlich die große Aufgabe, ihre aufgrund der Dezentralität hohe Anzahl kommunaler Gebäude und Einrichtungen zu bewirtschaften und instandzuhalten. Scherer zählte sie auf, um dieses Ausmaß an notwendigen und kaum zu kürzenden Ausgaben vor Auge zu führen: zwölf Schulen, elf Kindergärten, neun Ortsverwaltungen, elf Sport- und Festhallen, zehn Friedhöfe und elf FeuerwehrAbteilungen.
Dazu kommen neben dem Glasfaser weitere laufende Projekte, die zu Ende geführt werden müssen. Zuvorderst steht da der Neubau des Hallenbads. Die Sanierung von Mehrzweckhalle und Kindergarten in Hauerz und die Erschließung des Baugebiets in Ziegelbach kommen neu hinzu. Diese beiden Projekte wurden in diesem Jahr bekanntlich gestrichen.
Zur Vorbereitung weiterer Projekte stellt die Stadt Geld für deren Planung in den Etat ein. Scherer nannte die Baugebiete in Arnach und Hauerz, weiteren Grunderwerb für künftige Baugebiete, die Jugendarbeit, die Dorfentwicklung Seibranz, das Feuerwehrhaus Eintürnen und den Turm im Ried.
Doch überall gilt eben den Worten von Scherer zufolge der Vorbehalt der Finanzierbarkeit. Verwaltung und Gemeinderat müssten die Entwicklung der städtischen Finanzen „sehr genau und sehr engmaschig verfolgen“und dann „die notwendigen Schlüsse daraus ziehen“.
Für die Finanzmisere will Scherer nicht nur Corona verantwortlich machen. „Es bestand eine Art ,Vorerkrankung’ aufgrund des Umbaus der Industrie durch neue gesellschaftliche Ansätze in der Mobilität und im Klimaschutz.“Nicht umsonst habe sie bereits vor einem Jahr bei ihrer Haushaltsrede, damals noch ganz ohne Corona-Krise, von einer sich allgemein eintrübenden Konjunktur gesprochen.
Scherer strich in ihrer Rede aber auch die positiven Seiten hervor. Sie lobte „die gute Wirtschaftsleistung und die gute Wirtschaftskraft unserer örtlichen Unternehmen und Betriebe“und dankte diesen. Gut tue es der Stadt auch, dass der Kreistag eine weitere Senkung der Kreisumlage beschlossen und das Land bei den Schlüsselzuweisungen den Flächenfaktor eingeführt hat.
„Voller Zuversicht“ist die Bürgermeisterin trotz allem: „Denn wir haben in Bad Wurzach einen starken Zusammenhalt in unserer Gemeinschaft, ein gutes und verlässliches Unternehmertum mit soliden Betrieben, wir haben eine bodenständige Grundhaltung bei allen kommunalpolitischen Akteuren, eine große Begeisterungsfähigkeit und ein großes Verständnis bei der Bürgerschaft, und wir haben in der Verwaltung gute und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, sagte sie verbunden mit ihrem Dank an die Aufgezählten.