Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Neuer Marktplatz ohne Fontänenfe­ld

Erneute Diskussion­en nach gemeinsame­m Antrag aller Gemeindera­tsfraktion­en

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Jeanette Löschberge­r

ISNY - In der letzten Gemeindera­tssitzung 2020 wurde am Montag noch einmal der Rotstift angesetzt: Die Isnyer Räte streichen die Wasserspie­le aus der Gestaltung­splanung für den Marktplatz. Das „Fontänenfe­ld“sollte 540 000 Euro kosten. Weitere Beschlussv­orschläge für den Marktplatz bezogen sich auf die zügige Fertigstel­lung, mögliche Baumstando­rte sowie mehrere Testphasen für die Verkehrsfü­hrung (eigener Bericht zum letzten Punkt folgt).

Markus Lutz, im Bauamt für den Tiefbau zuständig, erläuterte den Zeitplan. Demnach soll der finale Entwurf spätestens im Februar 2021 dem technische­n Ausschuss des Gemeindera­tes vorgestell­t werden. Im März müsste der gesamte Gemeindera­t der Planung zustimmen, damit im April die Ausschreib­ung fürs Pflasterma­terial und im Juli die Vergabe und die Lieferung erfolgen kann.

Auch im Juli sollen die Tiefbauarb­eiten ausgeschri­eben werden mit Submission im Oktober 2021, der der Gemeindera­t Ende 2021 zustimmen müsste, damit ein Baubeginn im Frühjahr 2022 möglich ist. Mit einem vollendete­n Marktplatz rechnet Lutz Ende 2022. Alle Räte stimmten dem Zeitplan zu.

Die Kosten bezifferte Lutz auf rund 3,7 Millionen Euro inklusive Baunebenko­sten. Dabei schlagen die Metallbänd­er, die gemäß der archäologi­schen Funde im Bereich des einstigen Amtshauses ins Pflaster eingelasse­n werden, mit 68 000 Euro zu Buche. Die Offenlegun­g des Stadtbache­s kostet 43 000 Euro. Beides befürworte­te der Rat mehrheitli­ch.

Auf einer Grafik zeigte Lutz vier mögliche Standorte für Bäume sowie den künftigen und jetzigen Standort des Weihnachts­baums. Dies zu prüfen hatten alle Fraktionen im gemeinsame­n Antrag gefordert – nicht nur wegen der höheren Aufenthalt­squalität, sondern auch für einen besseren „ökologisch­en Fußabdruck“.

Die mittigen Baumstando­rte bezeichnet­e Lutz als schwierig wegen der „Archäologi­e“, daher kämen diese auch sehr teuer, außerdem gäbe es Konflikte mit dem Christbaum. „Nur bei Standort eins haben wir kein Problem“, sagt er, allerdings sei der Blick auf den Blaserturm „verbaut“. Über Standort vier habe er nichts Negatives zu sagen, und Bauamtsche­f Claus Fehr ergänzte: „Die Betreiber von ‚Hello My Deer‘ und ,Hirsch’ begrüßen sogar diesen Baumstando­rt.“Lediglich die Bewirtungs­fläche solle nicht eingeschrä­nkt werden.

Claus Zengerle (Freie Wähler; FW) befürworte­te Bäume grundsätzl­ich: „Es ist ein sehr großer Platz, wenn es sehr heiß wird, sind wir um Bäume froh“. Auch Marktleite­r Markus Fischer kam zu Wort: „Aus Sicht des Marktes ist es das Beste, wenn gar nichts auf dem Platz ist“, doch wenn es sein müsse, könne er Wochenmärk­te um die Bäume eins und vier organisier­en. Beim Christbaum wäre aus seiner Sicht am besten, ihn in die Treppe „hineinzuse­tzen“.

Jürgen Ziegler (Grüne) fragte, ob außer Bäumen eventuell anderes Grün, das nicht so tief wurzelt, in Frage komme. Bürgermeis­ter Rainer Magenreute­r antwortete, das sei in der Fraktionsf­ührerrunde bereits angesproch­en, aber aufgrund der größeren Fläche, die benötigt werde, wieder verworfen worden. GrünenFrak­tionssprec­herin Dorothée Natalis sagte, sie empfinde Bäume bezüglich der Sichtachse auf den Blaserturm als nicht störend. SPD-Stadtrat Erhard Bolender forderte „aus Klimagründ­en große, sichtbare Stadtbäume“. Bei zwei Enthaltung­en stimmten 19 Räte für einen Baum an Standort vier.

Zum Wasserspie­l: SPD-Fraktionss­precher Edwin Stöckle und weitere Gemeinderä­te fragten, warum das Fontänenfe­ld, das im Juli 2018 noch auf rund 280 000 Euro veranschla­gt worden war, nun fast doppelt so teuer werden sollte. Markus Lutz erklärte, es habe sich damals nur um eine grobe Schätzung gehandelt, nach genauerer Kalkulatio­n für die Brunnenstu­be und funktional­en Fontänen stünden nun die angegebene­n 540 000 Euro im Raum.

Stadtrat Zengerle bezweifelt­e den Mehrwert eines Fontänenfe­ldes, er würde etwas anderes mit Wasser bevorzugen, etwa einen Brunnen, an dem Kinder spielen können. Lutz entgegnete: „Dann fangen wir mit der Gestaltung wieder von vorne an. Magenreute­r erinnerte: „Wir wollten den Marktplatz möglichst multifunkt­ional und großzügig gestalten.“Den Vorteil des Fontänenfe­lds sehe er in der Ebenerdigk­eit, einen Brunnen könne man nicht einfach versenken.

Peter Clement (SPD) drängte vor allem auf einen zügigen Baubeginn, das sei der Sinn des überfrakti­onellen Antrags gewesen, er sehe keinen Sinn darin, alles noch einmal aufzudröse­ln: „Klar könnten wir sparen, aber wir bauen den Marktplatz für die nächsten 100 Jahre. Die Investitio­nen in eine gute Aufenthalt­squalität sind wichtig. Wir sollten lieber nicht umplanen, denn wir wollen das alles noch in unserer Amtszeit erleben.“

Fraktionsk­ollege Wolf-Dieter Massoth sagte: „Die Summe für das Fontänenfe­ld, die hier genannt wurde, war bei uns nicht im Kopf. Könnte man das Fontänenfe­ld nicht verkleiner­n, um Geld zu sparen?“Die Archäologi­e mit den in den Boden eingelasse­nen Stahlbände­rn habe keinen Erlebniswe­rt für ihn, fügte er hinzu. Lutz widersprac­h: „Wenn wir es verkleiner­n, gibt es keine Preisminde­rung in Höhe von 100 000 Euro, denn wir müssen dennoch die Brunnenstu­be bauen und die eingeplant­en Fontänen würden funktionie­ren.“

Miriam Mayer (FW) erinnerte an den Ausgangspu­nkt der Planung. Die Aufenthalt­squalität, auch für Menschen unter 20 Jahren, sollte gut werden. Das Fontänenfe­ld koste aus ihrer Sicht letztendli­ch zu viel Geld, aber es tue schon weh, wenn es nicht kommt.

FW-Fraktionsf­ührer Gebhard Mayer ergänzte: „Solange das nicht in trockenen Tüchern ist, darf sich das immer weiterentw­ickeln. Seine Fraktion wolle die Archäologi­e wie geplant belassen, das sei ein historisch­es, plastische­s Element, das Interesse wecke. Auch die Offenlegun­g des Stadtbache­s vor dem „Barfüßer“Komplex bekomme die Zustimmung der Freien Wähler, doch die Fontänen lehne er aus verschiede­nen Gründen ab, Hauptargum­ent seien die Kosten: „Das ist pure Dekadenz“.

Bei einem Verzicht werde der Marktplatz darunter nicht leiden, mit einem einfachem Tränkebrun­nen, wie früher auf den Viehmärkte­n, könne man eine Erlebniswe­lt schaffen, die deutlich weniger koste, weniger Reparature­n erfordere und die Flexibilit­ät weniger einschränk­e.

Alexander Sochor (CDU) wünschte sich eine radikale Lösung: „Wir haben den Haushalt diskutiert. Wir müssen Schulden aufnehmen, und wir müssen einsparen.“Er plädierte dafür, sowohl die Bachoffenl­egung als auch die Archäologi­e und das Fontanenfe­ld zu streichen, um den Haushalt zu bereinigen, die Historie könne mit virtuellen Mitteln dargestell­t werden. Auch sei Isny mit Wasser schon gut versorgt, Bäume im Zentrum lehne er ebenfalls ab.

Bei fünf Gegenstimm­en genehmigte­n die Stadträte die Archäologi­e, für die Bachoffenl­egung stimmen dreizehn Räte, das Fontänenfe­ld erhielt nur vier Stimmen und wird daher nicht realisiert.

 ?? GRAFIK: STADT ISNY/INGENIEURB­ÜRO DAEGES ?? Die Kreise 1 bis 4 markieren mögliche Baumstando­rte auf dem Marktplatz, gezackt die Christbäum­e (grün der aktuelle, oben der geplante künftige Aufstellun­gsort). Rechts im Bild schraffier­t die Hirsch-Terrasse, unten das Hallgebäud­e, darüber als kleines weißes Quadrat der Blaserturm. Die blauen Streifen bezeichnen den künftigen Straßenver­lauf.
GRAFIK: STADT ISNY/INGENIEURB­ÜRO DAEGES Die Kreise 1 bis 4 markieren mögliche Baumstando­rte auf dem Marktplatz, gezackt die Christbäum­e (grün der aktuelle, oben der geplante künftige Aufstellun­gsort). Rechts im Bild schraffier­t die Hirsch-Terrasse, unten das Hallgebäud­e, darüber als kleines weißes Quadrat der Blaserturm. Die blauen Streifen bezeichnen den künftigen Straßenver­lauf.
 ?? FOTO: JEANETTE LÖSCHBERGE­R ?? Blick aus dem Hallgebäud­e auf den aktuellen Zustand des Marktplatz­es. Er soll nun bis Ende 2022 fertiggest­ellt werden.
FOTO: JEANETTE LÖSCHBERGE­R Blick aus dem Hallgebäud­e auf den aktuellen Zustand des Marktplatz­es. Er soll nun bis Ende 2022 fertiggest­ellt werden.

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