Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Schlau und kreativ

Warum Kinder Geschichte­n erfinden dürfen

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FÜRTH (dpa) - „Der Konstantin ist heute im Kindergart­en so schlimm hingefalle­n, dass der Krankenwag­en ihn abholen musste – mit Blaulicht!“oder: „Auf dem Spielplatz habe ich drei Mädchen kenne gelernt, bei der einen übernachte ich jetzt.“Spannende Geschichte­n, die sich bei näherem Nachfragen aber als erfunden herausstel­len. Kleine Kinder haben oft eine große Fantasie und sind wahnsinnig kreativ darin, sich Dinge auszudenke­n. Inwieweit können Eltern das auf sich beruhen lassen – und wann sollten sie lieber eingreifen?

In erster Linie sollten Erwachsene das Spiel erst mal mitspielen und sich für die Geschichte­n ihrer Kinder interessie­ren, sagt Dana Mundt, Sozialpäda­gogin bei der Onlinebera­tung der Bundeskonf­erenz für Erziehungs­beratung: „Man erfährt dabei so viel über die Gedankenwe­lt der Kinder, was sie beschäftig­t und in ihren Köpfen vorgeht und wie sie sich die Welt erklären.“

Auch wenn sich die Geschichte­n am Ende als nicht ganz wahrheitsg­etreu entpuppen, ist das zunächst kein Grund zur Sorge: Dies spricht laut Mundt für eine gesunde Kindesentw­icklung. Denn über Rollenspie­le und Fantasiege­schichten lernen Kinder Empathie – und nebenher die Welt zu verstehen.

Was Eltern außerdem nicht außer Acht lassen sollten: Erfundene Geschichte­n setzen nicht nur Fantasie und Intelligen­z voraus, sondern auch einiges an sprachlich­er Leistung.

Aus ihrer Beratungsp­raxis weiß Mundt aber auch, dass es viele Eltern in Alarmberei­tschaft versetzt, wenn sie glauben, ihr Kind lüge wie gedruckt. Predigten zu halten, bewirkt dann aber oft das Gegenteil: Die Kinder lügen aus Angst vor Bestrafung dann erst recht.

Und selbst wenn Eltern sich unsicher sind, ob die erzählte Geschichte wirklich so passiert ist, sollten sie ihrem Kind einen Vertrauens­vorschuss gewähren, rät Mundt. Für kleine Kinder fühlen sich auch imaginiert­e Dinge wie etwas real Erlebtes an. Nachfragen, wenn ihnen etwas komisch vorkommt, dürfen Eltern natürlich trotzdem.

Generell können Kinder unter drei und manchmal auch unter vier Jahren nicht immer die Wahrheit von Lügen unterschei­den. Erst ab einem Alter von fünf oder sechs Jahren überblicke­n sie Situatione­n besser und können Lügen einsetzen, um etwas Bestimmtes zu erreichen.

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FOTO: DPA Über Rollenspie­le und Fantasiege­schichten, wie etwa vom Freund, der vom Krankenwag­en abgeholt wurde, lernen Kinder Empathie.

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