Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Streit um Grundstückspreise geht weiter
Landwirt muss für B 32-Ausbau Grundstück hergeben – Enteignungsverfahren startet
FRONREUTE - Landwirt Günter Schwegler aus Blitzenreute kämpft weiter um sein Recht: Die Behörde hat das Enteignungsverfahren eingeleitet. Vergangenen Donnerstag kam es zur ersten mündlichen Verhandlung.
Was bisher geschah: Die B 32 zwischen Altshausen und Blitzenreute wurde ausgebaut und wird wieder befahren. Der für den Ausbau benötigte Grund, gut zwölf Hektar, sollte 2016 den Besitzern abgekauft werden für 2,80 Euro für den Quadratmeter Grünland, beziehungsweise 3,60 Euro pro Quadratmeter für Ackerfläche. Diese Preise waren den betroffenen 25 Eigentümern zu niedrig. Sie wehrten sich, reichten eine Petition ein, protestierten. Ohne Erfolg. Es folgte eine Besitzeinweisung – der Grund durfte dadurch vom Land bebaut werden. Der Streit um die Preise ging weiter.
Inzwischen hat die Enteignungsbehörde mit Sitz in Tübingen gegen Günter Schwegler, dem etwa drei Hektar des Grundes gehören, das Enteignungsverfahren eingeleitet. Vergangene Woche kam es in Altshausen zur ersten mündlichen Verhandlung.
Wie sieht der betroffene Landwirt die Situation? „Früher haben oft die Bürgermeister die Preise für Baumaßnahmen verhandelt. Einzeln wurde da möglicherweise übertrieben. Jetzt wurde das wohl neu geregelt, und nun sollen wir als Präzedenzfall dienen – das macht unsere Sache ziemlich aussichtslos. Aber ich möchte jetzt nicht nachgeben. Die Regelungen sind nicht fair.“Das ärgert Schwegler, wie auch seine Kollegen. Es gebe wohl einen Beschluss vom Rechnungshof, so berichtet Schwegler, dass die Preise dem gutachterlich festgestellten Verkehrswert zu entsprechen haben. Der Verkehrswert orientiere sich an in der Vergangenheit getätigten Verkäufen, nehme aber die Spitzen raus. „Schon beim ersten Angebot vor vier Jahren wurde uns praktisch mit Enteignung gedroht, sollten wir uns gegen die niedrigen Preise wehren. Das hat mich wirklich geärgert. Es ist doch allen bekannt, dass der Markt leer geräumt ist und dass wir für dieses Geld nichts kaufen können. Wir sind der Meinung, dass allgemeine Preissteigerungen in die Berechnungen mit einfließen sollten. Gleich zu drohen, bevor die Gespräche überhaupt angefangen haben, das ist nicht nett“, findet Günter Schwegler.
Die meisten der 25 betroffenen Landwirte warten laut Schwegler auf ihren Termin betreffend der Enteignung, nur wenige haben die Preise so akzeptiert. „Ich persönlich werde nicht einlenken“, betont Schwegler. Laut Regierungspräsidium werden die Beteiligten zu der Verhandlung schriftlich eingeladen. Ein Rechtsanwalt werde eingeschaltet. Zeitgleich beantrage die Behörde beim Grundbuchamt die Eintragung einer Verfügungsund Veränderungssperre bezüglich des Grundstücks, so das Regierungspräsidium zum Enteignungsverfahren. Wird auch in der mündlichen Verhandlung keine Einigung erzielt, entscheidet der Enteignungsausschuss über den Antrag und die Entschädigung. Der Enteignungsbeschluss ersetzt dann die fehlende vertragliche Einigung zwischen den
Beteiligten, damit geht das Eigentum auf das Land über.
Am 10. Dezember hat eine mündliche Verhandlung in dem Enteignungsverfahren gegen die Familie Schwegler stattgefunden. Bislang wurde laut Pressesprecherin Katrin Rochner des Regierungspräsidiums Tübingen erst ein Verfahren eingeleitet. Im Enteignungs- und Entschädigungsverfahren sei zur Ermittlung des Verkehrswerts der betroffenen Grundstücksflächen immer auf die jeweils konkret betroffenen Grundstücke abzustellen, so Rochner. Insofern sei die Reihenfolge der Antragstellung und Verhandlung vor der Enteignungskommission nicht von Bedeutung. Das bedeutet, gegen jeden der Grundstückseigner wird ein eigenes Verfahren eingeleitet und jedes Stück Grund einzeln bewertet. Damit könnte man den Fall Schwegler als Präzedenzfall bezeichnen.
Laut Rochner wurde letzten Donnerstag noch keine Entscheidung getroffen. Das weitere Vorgehen sei abhängig davon, was Günter Schwegler vorbringe, gegebenenfalls komme es zu einer Fortsetzung der mündlichen Verhandlung. Mit einer Entscheidung der Enteignungskommission sei daher nicht vor Februar 2021 zu rechnen, vermutet Rochner. Während des laufenden Verfahrens sei eine Einigung nach wie vor möglich.