Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
ÖDP: Tagesgäste sollen Kurtaxe zahlen
Auch die per Auto angereisten Ausflügler sollen im Oberallgäu zur Kasse gebeten werden
OBERSTDORF/KEMPTEN - Die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) im Oberallgäu will auch von Tagesgästen eine Kurabgabe einbehalten. Einen entsprechenden Vorstoß weist die Allgäu GmbH zurück. Es müsse eine Willkommenskultur auch für Tagesgäste geben, heißt es in einer schriftlichen Erklärung zu der Tagestourismus-Debatte.
Für die ÖDP steht fest: Der Tagesausflügler erhalte eine Vielzahl von Leistungen umsonst, während der Urlauber sich mit dem Kurbeitrag an den Kosten beteilige, sagt der Oberstdorfer ÖDP-Gemeinderat Michael Finger. Als Beispiel nannte er die touristische Infrastruktur wie Wanderwege oder Loipen. „Denn beispielsweise pflegen Landwirte die Kulturlandschaft, die Feuerwehr organisiert den Parkraum und Kleinvermieter stellen die bayerische Herzlichkeit dar“, heißt es in einem Positionspapier der ÖDP. Die Partei bezieht sich auf ein Gutachten des Bundes Naturschutz (BN), demzufolge im Radius von zwei bis drei Autostunden rund um die Region Allgäu knapp acht Millionen potenzieller Gäste wohnen.
Der Kurbeitrag, den jeder Urlauber pro Nacht entrichten muss, beträgt in den meisten Allgäuer Kommunen etwa zwei bis drei Euro. Diese Abgabe soll der touristischen Infrastruktur zugutekommen.
Laut ÖDP-Kommunalpolitiker Finger könnte die Abgabe von den Tagesgästen zunächst zusammen mit der Parkgebühr erhoben werden. Somit käme beispielsweise in Oberstdorf für ein Tagesausflüglerehepaar neben einer Parkgebühr in Höhe von acht Euro nochmals fünf oder sechs Euro Kurbeitrag für einen Tag hinzu. Dieser Beitrag könne beispielsweise ebenfalls am Parkautomat entrichtet werden, sagt Finger. Und Tagesausflügler, die per Bus oder Bahn anreisen? Die umweltfreundlich angereisten Tagesgäste möchte der Oberstdorfer Kommunalpolitiker und dortige Vorsitzende des Bundes Naturschutz (BN) zumindest vorerst nicht zur Kasse bitten. Finger sagt: „Wer mit einem Auto für 50 000 Euro kommt, dem tun die zwei mal drei Euro auch nicht weh.“Schließlich kämen viele Tagestouristen aus 150 und mehr Kilometern Entfernung ins südliche Ober- oder Ostallgäu.
Wer aber ist Tagestourist, der zur Kasse gebeten werden soll? Ausnehmen will die ÖDP nach Angaben Fingers alle Ausflügler aus dem Oberallgäu, eventuell noch aus Kempten. Alle anderen sollen auch als Tagesgäste Kurtaxe zahlen. Den jetzigen Vorstoß der ÖDP bewertet Finger erst als Anfang einer Debatte über ein generelles Bezahlsystem für touristische Angebote wie beispielsweise Wanderwege. Irgendwann werde es so etwas wie eine „Eintrittsgebühr in die Berge“geben, glaubt er. Im September 2019 hatte der Oberstdorfer Michael Finger als BN-Ortsvorsitzender mit einem Vorschlag für eine Tagesparkgebühr von 100 Euro für eine emotional und kontrovers geführte Diskussion über die Belastungen durch Tagesausflügler gesorgt. Ursache war damals der massiv angewachsene Strom an Tagestouristen vor allem an schönen Wochenenden.
Nach Ende des ersten Lockdowns hatte der Tagestourismus im Ober- und Ostallgäu im vergangenen Sommer ein bis dahin nicht gekanntes Ausmaß erreicht. Die neue Geschäftsführerin der Oberstaufen Tourismus Marketing (OTM), Constanze Höfinghoff, hatte erst vor einigen Tagen für Erstaunen gesorgt. Sie hatte in einer Facebook-Videobotschaft an die Adresse der Tagestouristen gesagt: „Bitte kommen Sie nicht nach Oberstaufen.“
„Es stelle sich die Frage, was langfristig passiert, wenn es keine Willkommenskultur für Tagesgäste mehr gibt“, meint Simone Zehnpfennig von der Allgäu GmbH. Oft würden Tagesgäste auch zu Übernachtungsgästen, sagt sie. Und Allgäu-GmbH-Geschäftsführer Bernhard Joachim hält den Vorschlag der Partei nach eigenen Worten für vollkommen überflüssig. Wenn Tagestouristen aus Ballungsräumen praktisch ausgeschlossen werden, könne sich das vielleicht schon bald bitter rächen.