Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Gewinner und Verlierer auf Deutschlands Straßen
Die Zahl der Autos in Deutschland wächst kontinuierlich – Welche Marken kaufen die Deutschen am liebsten?
RAVENSBURG - Die Deutschen lieben ihre Autos, und die Zahl der Fahrzeuge auf den Straßen steigt kontinuierlich. Daran rüttelt auch die Corona-Krise nicht. Laut Daten des Duisburger Center Automotive Research (CAR) waren zu Beginn des Jahres in Deutschland 48,2 Millionen Autos registriert. Vor einem Jahr waren es noch 47,7 Millionen und vor zehn Jahren 41,7 Millionen.
Laut CAR betrug der Zuwachs bei den Autos in den vergangenen elf Jahren durchschnittlich 1,3 Prozent pro Jahr. „Umgelegt auf die Bundesbürger bedeutet dies, dass mittlerweile auf 1000 Einwohner 580 Pkw kommen“, heißt es in der Auswertung. 2010 waren es noch 510.
Der größte Gewinner auf Deutschlands Straßen ist die Marke Skoda. In den vergangenen elf Jahren hat die tschechische Tochter von VW 1,36 Millionen Autobesitzer und damit ganze 130 Prozent mehr deutsche Kunden gewonnen. „Skoda nutzt identische Technik wie VW“, sagt CAR-Direktor Ferdinand Dudenhöffer. Damit erhielten die Kunden Volkswagen-Technik und Qualität zum Skoda-Preis. „Und, das Design der Fahrzeuge ist ansprechend geworden“, erklärt Dudenhöffer den Erfolg. Auf Skoda folgt in der Gewinnerliste sogleich die Mutter VW mit einem Zuwachs von 1,35 Millionen Fahrzeugen. Danach Hyundai mit einem Zuwachs von 859 000 und Mercedes mit 735 000 Fahrzeugen.
Insgesamt zeigt sich, dass vor allem die Premiummarken bei den Deutschen beliebt sind. Im Zeitraum 2010 bis 2021 haben Audi, BMW, Jaguar, Land Rover, Mercedes, Mini, Porsche, Tesla und Volvo zusammen laut CAR 2,81 Millionen zusätzliche Kunden gewonnen haben. Das ist ein Zuwachs von 28,1 Prozent über den Elf-Jahreszeitraum, während der gesamte Autobestand in den elf Jahren um 6,511 Millionen oder 15,6 Prozent gewachsen ist. Zur Begründung des Premiumtrends sagt Dudenhöffer: „Erstens sind Premiumanbieter in die Kompaktklasse – also die Klasse mit den größten Verkäufen – vorgerückt. Zweitens sind die Preise deutlich angepasst worden. Und drittens leisten sich viele Menschen gerne etwas ,Besseres’“. Insbesondere gelte dies für ältere Menschen, die gerne SUVs von Audi, BMW, Mercedes oder Porsche fahren.
„Ein kleines Wunder“ist laut Autoexperte Dudenhöffer indes das Kult-Auto Trabi der Firma Sachsenring. Obwohl dies Geschichte ist, stieg die Zahl der zugelassenen Trabis in Deutschland von gut 37 100 Anfang 2020 auf knapp 38 200 zu Beginn dieses Jahres. „Scheinbar ist einigen der alten Zweitakter in den vergangenen Jahren ein kleines neues Leben eingehaucht worden“, sagt Dudenhöffer. Damit liege der deutsche Bestand an Sachsenring-Autos bislang noch vor der Zahl zugelassener Tesla-Fahrzeuge (rund 34 000) in Deutschland. Auch Autos anderer Marken, deren Unternehmen schon längst nicht mehr am Markt sind, tummeln sich nach wie vor auf Deutschlands Straßen, wie beispielsweise noch 65 000 Daihatsu-Modelle. Den Verkauf von Neuwagen hatte die Toyota-Tochter Ende Januar 2013 in ganz Europa eingestellt.
Der größte Verlierer unter den Fahrzeugmarken ist Opel. Die Rüsselsheimer
Marke verliere seit sehr langer Zeit kontinuierlich Marktanteile im Neuwagenmarkt, sagt Dudenhöffer. Im Zeitraum von 2010 bis 2021 habe der Hersteller in Deutschland rund 1,1 Millionen Kunden verloren. Doch damit sei der Schwund wohl noch nicht zu Ende. Allein zwischen 2020 und 2021 seien dem Hersteller in Deutschland 116 000 OpelFahrer verloren gegangen. Opel werde in den nächsten Jahren weiter an Sichtbarkeit auf deutschen Straßen einbüßen. „Ob die Übernahme durch Peugeot-Citroen den Aderlass bei Opel stoppen kann ist eher weniger zu vermuten, denn der neue Opel-Eigentümer Peugeot-Citroen hat ebenfalls Autofahrer in den vergangenen elf Jahren in Deutschland trotz steigender Motorisierung verloren“, sagt Dudenhöffer.
Zu den Verlierern gehören auch die Marken Renault, Jeep, Peugeot und einige japanische Hersteller, wie Honda oder Toyota. Die Japaner haben in Deutschland eingebüßt, während die Koreaner auf der anderen Seite zu den Gewinnern zählen. „Hyundai und Kia haben in den vergangenen Jahren eine sehr gute Entwicklung gemacht. Die Japaner sind eher abgefallen mit zum Teil ungewöhnlichem Design der Fahrzeuge“, sagt Dudenhöffer, „dagegen ist das Design der Koreaner elegant und sportlich, der Trend zum SUV wurde frühzeitig aufgenommen, ebenso wie der Trend zum Elektrofahrzeug“.
Ob Koreaner, Japaner oder doch eine heimische Marke: Welches Auto die Deutschen am Ende auch immer kaufen, sie wollen es vor allem für sich selbst nutzen. Carsharing-Alternativen, also Angebote, bei denen sich mehrere Personen ein Auto teilen, sind laut CAR deutlich in der Minderheit. Zu Beginn des Jahres seien 26 220 Fahrzeuge als Car Sharing Fahrzeuge in Betrieb gewesen, zitiert das CAR den Bundesverband Carsharing. Dies seien nur 0,5 Prozent aller registrierten Autos. Die Chance, in Deutschland auf einen Trabi zu treffen sei größer, als auf ein Carsharing-Auto.
Wenig vertreten sind weiterhin auch Elektroautos. 65 Prozent der zugelassenen Autos seien mit einen Benzinmotor ausgestattet, 31,2 Prozent seien dieselangetrieben und nur 309 089 oder 0,6 Prozent seien reine Elektroautos. „Es dauert also noch bis weit nach 2030, bis die Elektroautos auf unseren Straßen die Benziner überholen“, sagt Dudenhöffer.
Unter allen Autos in Deutschland bleibt der Volkswagen das am stärksten vertretene. 10,1 Millionen VW sind laut CAR in Deutschland registriert. Jeder fünfte Pkw auf der Straße sei demnach ein VW-Modell. Mit großem Abstand folgt Mercedes, mit 4,6 Millionen Autos und Opel, das aufgrund vieler älterer Fahrzeuge noch auf dem dritten Platz liegt. Das dürfte sich in den nächsten Jahren aber angesichts des Opel-Kundenschwunds ändern. Wer sich dann vor den Rüsselsheimern einreiht, ist noch unklar. Das Rennen ist offen.