Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Hör’ mal, wer da hämmert
Moor-Momente: Im Wurzacher Ried ist auch der seltene Grauspecht anzutreffen
BAD WURZACH (sz) - Grün, grau, schwarz oder bunt? Klein oder mittel? Mit weißem Rücken, drei Zehen oder mit Wendehals? Das alles trifft zu, wenn es um die heimischen Spechtarten geht. Sie machen ihre Bestimmung relativ leicht, denn sie sind nach ihren auffälligsten Merkmalen benannt, teilt das Naturschutzzentrum mit.
In den Wäldern des Wurzacher Rieds kommt neben dem Buntspecht und einzelnen Grün- und Schwarzspechten insbesondere auch der Grauspecht vor. Er ist in Deutschland zwar weit verbreitet, inzwischen aber vielerorts selten geworden. In den feuchten Bruchwäldern im Ried findet er gute Lebensbedingungen vor. Der graue Kopf, der nur wenige rote und schwarze Zeichnungen aufweist, unterscheidet den Grauspecht optisch von seiner Zwillingsart, dem Grünspecht.
Im ausgehenden Winter machen sich Spechte lautstark bemerkbar, da für sie bereits jetzt die Paarungszeit beginnt. Neben pfeifenden oder quäkenden Gesängen wollen die Spechtmännchen die Weibchen auch mit rasanten Trommelwirbeln beeindrucken. Jede Spechtart hat einen spezifischen Rhythmus. Bis zu 20 Mal pro Sekunde können die Spechte mit ihrem Schnabel gegen Baumstämme hämmern.
Trommeln bis der Arzt kommt? Keineswegs. Denn Spechte verfügen über ein natürliches Dämpfungssystem. Der Schnabel ist hart und gleichzeitig elastisch. Er geht in das ebenfalls elastische Zungenbein über, das die Schläge wie eine Feder abfängt. Der Hirnschädel besitzt eine schwammartige Struktur und dämpft zusammen mit einer großen Menge Hirnwasser die Stöße ab.
Nicht nur beim Trommelwirbel zur Partnerwahl, auch bei der Nahrungssuche und beim Zimmern ihrer Bruthöhlen kommt den Spechten dieser Stoßdämpfer zugute. Bis zu 60 Zentimeter tiefe Höhlen hacken sie als Behausung für ihren Nachwuchs in Baumstämme. Und wenn die Höhlen nach der Brutzeit der Spechte verlassen sind, können andere Vogelarten, Fledermäuse oder auch Nagetiere wie Bilche dort einziehen. Die Spechte betreiben regelrecht sozialen Wohnungsbau, heißt es in der Mitteilung.
Da die Wälder im Naturschutzgebiet Wurzacher Ried einer natürlichen Dynamik überlassen sind und Totholz nicht entfernt wird, kann man hier zahlreiche Spechtspuren finden. Und mit viel Glück können Besucherinnen und Besucher auch mal einen „Schluckspecht“beobachten: Wenn die Bäume im Frühjahr in vollem Saft stehen, hacken die Spechte beim sogenannten „Ringeln“rund um den Stamm Löcher in die Rinde und lecken die austretenden Baumsäfte auf. Die Wunden werden später mit Pflanzengewebe überwachsen, wodurch die namensgebenden, wulstförmigen Ringe entstehen.