Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Katastrophe oder Zukunftsvision?
Kontroverse Diskussion im Weingartener Gemeinderat um den Regionalplan
WEINGARTEN - Die zweite Offenlegung des Regionalplans hat im Weingartener Gemeinderat zu einer heftiger Diskussion geführt. Im Kern der kontroversen Debatte standen dabei zwei Themen, die eng miteinander verzahnt sind: Wachstum und Klima.
Beschlossen hat der Gemeinderat nichts, noch nicht. Die Sitzung sollte lediglich eine Vorberatung für die Abstimmung in der Verbandsversammlung am 11. März dienen. Einen Beschluss über den Regionalplan, der die Entwicklung der Region für die nächsten 15 Jahre beschreibt, fällt der Weingartener Gemeinderat erst am 22. März.
Eine Aussprache in der jüngsten Sitzung war also gar nicht geplant. Dass es dennoch dazu kam, zeigt, wie brisant das Thema derzeit ist. Die Geister scheiden sich vor allem an der Flächenplanung. Der Plan, so die SPD-Fraktionsvorsitzende Doris Spieß, überschreite deutlich den von der Regierung bis 2030 angestrebten Flächenverbrauch von 30 Hektar pro Tag. Seit der Auslage hagele es an Einsprüchen.
Auch die Grünen kritisieren den Plan heftig. „Ist das eine Planung, die auf Grenzen gebaut ist?“, fragte Grünen-Stadträtin Hermine Städele rhetorisch. „Nein! Hier fehlt der politische Wille zum Sparen. Das ist ein weiter so. Aber ohne mich!“
Bürgermeister Alexander Geiger erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass dieser Plan keineswegs der ausdrückliche Wunsch der Stadtverwaltung sei. Für die erste Offenlegung des Regionalplans, wie er nun vorliegt, gebe es einen positiven Gemeinderatsbeschluss. „Dem haben sie zugestimmt“, sagte Geiger.
Außerdem habe Weingarten es selbst in der Hand, was und wo in Zukunft gebaut werde, sagte Oberbürgermeister
Markus Ewald. Er unterstütze den Regionalplan. Nicht jede Fläche, die im Stadtentwicklungsplan als mögliches Baugebiet ausgewiesen sei, könne oder müsse bebaut werden. Aber Weingartens Flächen seien nun einmal endlich. Die Verdichtung der Innenstadt sei an der Grenze angelangt. Dass die Weingartener Bevölkerung
in den kommenden Jahren weiter wachsen wird, ist in den Augen der Stadtverwaltung unstrittig. Strittig ist hingegen, welche Zahlen als Grundlage für das Bevölkerungswachstum dienen. Schon jetzt gehört Weingarten zu den teuersten Städten, was die Mieten betrifft. „Die Leute werden kommen,“sagte Geiger. „Da können wir nicht sagen, Weingarten will keinen Zuwachs.“
Diesem Zuwachs könne sich Weingarten nicht verschließen, sagte Horst Wiest, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler Weingarten (FWW). „Junge Familien haben es schwer. Denen muss man eine Chance geben.“
Zuwachs wollen auch die Grünen, aber nicht auf Kosten großer Flächen. Sie fordern mehr Nachverdichtung, ähnlich wie bei den Martinshöfen. Ansonsten passiere da recht wenig. „Wir können nicht mehr so weiter machen wie bisher“, sagte Claus Kessel, Fraktionsvorsitzender der Grünen. „Es braucht einen Systemwechsel, der unter dem Klimavorzeichen stehe.“
In zwei Wochen wird der Gemeinderat über den Regionalplan abstimmen. Ob er zustimmen wird oder ihn ablehnt, darüber könnte eine hauchdünne Mehrheit entscheiden. Grüne und SPD haben zusammen keine Mehrheit. Genauso wenig wie die CDU und die FWW.
Zünglein an der Waage könnten die Bürger für Weingarten (BfW) werden. Diese haben sich allerdings bislang nicht geäußert.