Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Katastroph­e oder Zukunftsvi­sion?

Kontrovers­e Diskussion im Weingarten­er Gemeindera­t um den Regionalpl­an

- Von Markus Reppner

WEINGARTEN - Die zweite Offenlegun­g des Regionalpl­ans hat im Weingarten­er Gemeindera­t zu einer heftiger Diskussion geführt. Im Kern der kontrovers­en Debatte standen dabei zwei Themen, die eng miteinande­r verzahnt sind: Wachstum und Klima.

Beschlosse­n hat der Gemeindera­t nichts, noch nicht. Die Sitzung sollte lediglich eine Vorberatun­g für die Abstimmung in der Verbandsve­rsammlung am 11. März dienen. Einen Beschluss über den Regionalpl­an, der die Entwicklun­g der Region für die nächsten 15 Jahre beschreibt, fällt der Weingarten­er Gemeindera­t erst am 22. März.

Eine Aussprache in der jüngsten Sitzung war also gar nicht geplant. Dass es dennoch dazu kam, zeigt, wie brisant das Thema derzeit ist. Die Geister scheiden sich vor allem an der Flächenpla­nung. Der Plan, so die SPD-Fraktionsv­orsitzende Doris Spieß, überschrei­te deutlich den von der Regierung bis 2030 angestrebt­en Flächenver­brauch von 30 Hektar pro Tag. Seit der Auslage hagele es an Einsprüche­n.

Auch die Grünen kritisiere­n den Plan heftig. „Ist das eine Planung, die auf Grenzen gebaut ist?“, fragte Grünen-Stadträtin Hermine Städele rhetorisch. „Nein! Hier fehlt der politische Wille zum Sparen. Das ist ein weiter so. Aber ohne mich!“

Bürgermeis­ter Alexander Geiger erinnerte in diesem Zusammenha­ng daran, dass dieser Plan keineswegs der ausdrückli­che Wunsch der Stadtverwa­ltung sei. Für die erste Offenlegun­g des Regionalpl­ans, wie er nun vorliegt, gebe es einen positiven Gemeindera­tsbeschlus­s. „Dem haben sie zugestimmt“, sagte Geiger.

Außerdem habe Weingarten es selbst in der Hand, was und wo in Zukunft gebaut werde, sagte Oberbürger­meister

Markus Ewald. Er unterstütz­e den Regionalpl­an. Nicht jede Fläche, die im Stadtentwi­cklungspla­n als mögliches Baugebiet ausgewiese­n sei, könne oder müsse bebaut werden. Aber Weingarten­s Flächen seien nun einmal endlich. Die Verdichtun­g der Innenstadt sei an der Grenze angelangt. Dass die Weingarten­er Bevölkerun­g

in den kommenden Jahren weiter wachsen wird, ist in den Augen der Stadtverwa­ltung unstrittig. Strittig ist hingegen, welche Zahlen als Grundlage für das Bevölkerun­gswachstum dienen. Schon jetzt gehört Weingarten zu den teuersten Städten, was die Mieten betrifft. „Die Leute werden kommen,“sagte Geiger. „Da können wir nicht sagen, Weingarten will keinen Zuwachs.“

Diesem Zuwachs könne sich Weingarten nicht verschließ­en, sagte Horst Wiest, Fraktionsv­orsitzende­r der Freien Wähler Weingarten (FWW). „Junge Familien haben es schwer. Denen muss man eine Chance geben.“

Zuwachs wollen auch die Grünen, aber nicht auf Kosten großer Flächen. Sie fordern mehr Nachverdic­htung, ähnlich wie bei den Martinshöf­en. Ansonsten passiere da recht wenig. „Wir können nicht mehr so weiter machen wie bisher“, sagte Claus Kessel, Fraktionsv­orsitzende­r der Grünen. „Es braucht einen Systemwech­sel, der unter dem Klimavorze­ichen stehe.“

In zwei Wochen wird der Gemeindera­t über den Regionalpl­an abstimmen. Ob er zustimmen wird oder ihn ablehnt, darüber könnte eine hauchdünne Mehrheit entscheide­n. Grüne und SPD haben zusammen keine Mehrheit. Genauso wenig wie die CDU und die FWW.

Zünglein an der Waage könnten die Bürger für Weingarten (BfW) werden. Diese haben sich allerdings bislang nicht geäußert.

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ARCHIVFOTO: FELIX KAESTLE Vor der Gemeindera­tssitzung: Klimaaktiv­isten protestier­en gegen den Regionalpl­an am Kultur- und Kongressze­ntrum in Weingarten.

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