Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Bad Waldseer Bürstenmacher schließt wegen Corona Geschäft
Heute hat die „Bürstenmanufaktur“letztmals geöffnet – Waren gibt es künftig nur noch über den Online-Shop
BAD WALDSEE - Der bekannte Bad Waldseer Bürstenmacher Armin Karle sieht sich aufgrund der Corona-Krise gezwungen, die „Bürstenmanufaktur“aufzugeben. Ab Mittwoch hat das Ladengeschäft in der Wurzacher Straße geschlossen. Die Bürsten werden zukünftig nur noch über einen Online-Shop vertrieben.
„Durch den Lockdown und die Hinhaltetaktik der Politik hatten wir zu lange zu. Es gab keine Einnahmen, nur Ausgaben. Und bevor wir in die Insolvenz reinrutschen, hören wir auf“, begründet Karle die Entscheidung der Geschäftsaufgabe, die ihm und seiner Frau Liane ScharnefskiKarle, selbst gelernte Bürstenmacherin, wahrlich schwer gefallen ist. Schließlich haben sie den Laden elf Jahre betrieben und sowohl dem aussterbenden Handwerk als auch der Stadt Bad Waldsee viel Aufmerksamkeit beschert. Sei es über die Weltrekorde (weltgrößten Badebürste und größte Straßenbürste) oder während Vorführungen in Hamburg, Wien oder Salzburg.
An der Geschäftsaufgabe habe die Politik großen Anteil, wie Karle betont. Vor jeder Bund-Länder-Konferenz sei die Hoffnung auf eine Perspektive geschürt worden, die jäh verhallte. Die Bestellungen blieben größtenteils aus und auch die Neuerung des Termin-Shoppings bringe keine finanzielle Abhilfe. „Dann habe ich eine Person im Laden, während im Discounter Hunderte einkaufen. Und bei dieser einen Person muss ich dann auch noch alles dokumentieren. Das ist doch nicht mehr nachvollziehbar, das ist ein Irrsinn“, macht Karle seinem Ärger und seinem Frust Luft. Auch die Soforthilfen würden keine Hilfe darstellen.
Und so erfährt sein Lebenswerk dieser Tage eine starke Zäsur. Nicht nur den Laden, auch die Werkstatt im hinteren Bereich gibt das Ehepaar auf. Einzig der Online-Shop wird fortgeführt. Und: In einem Bauernhofmuseum in Bayern wird den leidenschaftlichen Bürstenmachern eine Werkstatt zur Verfügung gestellt. Außerdem werden sie den Besuchern dort Einblicke in das Handwerk vermitteln. Das ist ihr Beitrag dazu, das „Handwerk noch etwas am Leben zu erhalten. Aber es stirbt aus, das ist Fakt“, hebt Karle hervor und ergänzt: „Und dann gibt es eben irgendwann bloß noch China-Ware.“
Bereits im Sommer hat sich der gelernte Glaser, Fenster- und Rolladenbauer auf Jobsuche begeben, weil die finanziellen Umsatzeinbußen, die die Krise mit sich brachten, zu hoch waren. Nun ist Karle fündig geworden: Mitte März wird er seine neue Tätigkeit beginnen – als Fahrer für ein Waldseer Unternehmen. Der Kurstadt bleibt das Ehepaar erhalten. „Wir bleiben hier wohnen, weil es uns hier sehr gut gefällt“, sagt Karle, der die „Bürstenmanufaktur“am Dienstag ein letztes Mal öffnen wird. Danach geht es ans Zusammenräumen und die organisatorische Geschäftsaufgabe. „Das ist alles nicht ganz Ohne“, erklärt der Bürstenmacher, der sich in seinem Geschäft sehr wohl gefühlt hat und dem auch der Austausch mit seinen Kunden fehlen wird. „Es ist zum Heulen. Aber es nützt ja nichts. Herzblut hin, Herzblut her, von irgendetwas muss man ja leben.“