Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Maskenproblem für Spahn
Gesundheitsminister setzte sich über Expertenrat hinweg
RAVENSBURG - An der vom Bund bezahlten Verteilung von FFP2-Masken für Menschen aus Corona-Risikogruppen im Winter wird erneut Kritik laut. Die FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus sprach am Donnerstag von einer „unnötigen Kostenexplosion“bei der Abgabe über Apotheken. Es sei unerklärlich, warum Minister Jens Spahn (CDU) nicht auf Warnungen gehört habe. Wie WDR, NDR und „Süddeutsche Zeitung“berichteten, hat ein Fachreferat vor „gravierenden Finanzwirkungen“gewarnt.
Aus den internen Unterlagen, an die die Journalisten mithilfe des Informationsfreiheitsgesetzes gelangt waren, geht hervor, dass sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bei der Verteilaktion von FFP2-Masken in Apotheken über den Rat der Beamten des eigenen Fachreferats hinwegsetzte und die Maskenvergabe persönlich ins Laufen brachte.
Dabei hatten seine Beamten im November Spahn gewarnt und erklärt, dass die meisten Anspruchsberechtigten „durchaus in der Lage sind, die Masken selber zu finanzieren", wie Tagesschau.de zitiert.
Acht weitere Referate hätten diese Einschätzung geteilt, was in den Unterlagen auch entsprechend dokumentiert sein soll. Spahn aber habe mit grünem Stift handschriftlich widersprochen und die Verteilaktion ausdrücklich angewiesen mit den Worten: „Nein, bitte um kurzfristige Erarbeitung eines ÄA" [Änderungsantrag, Anm. d. Red]. Das Wort „kurzfristig" sei von Spahn dabei zur
Betonung unterstrichen worden. In der Bund-Länder-Runde am 16. November war dann beschlossen worden, je 15 FFP2-Masken pro Person an Menschen entsprechender Risikogruppen zur Verfügung zu stellen.
Das Gesundheitsministerium erklärte am Donnerstag, die entsprechende Verordnung sei im Anschluss an Bund-Länder-Beratungen in der Bundesregierung abgestimmt worden. Die Preise für die Abgabe der Masken seien mit ausdrücklicher Zustimmung des Finanzministeriums festgelegt worden. Grund für die Wahl der Apotheken sei gewesen, eine dezentrale Abgabe von mehreren Hundert Millionen Masken innerhalb von vier Monaten logistisch zu sichern. Damals hätten die Preise im Schnitt bei 4,29 Euro gelegen, der Markt sei sehr volatil gewesen.
Die Vergütung von sechs Euro je Maske sei auf eine vom Ministerium in Auftrag gegebene Markterhebung zurückgegangen. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY habe hierfür nur eine Sichtung des Marktes übernommen. Berücksichtigt worden seien unter anderem Kosten für Beschaffung, Beratung von Kunden und teils nötige Umverpackung.
Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände erklärte, die Vergütung sei keinesfalls überhöht gewesen. Daraus seien nicht nur der Einkauf, sondern alle übrigen Kosten für Vorfinanzierung und Personal zu bestreiten. Da Kostenstrukturen natürlich nicht überall gleich seien, könne es sein, dass die Vergütung für eine sehr günstig wirtschaftende Apotheke auskömmlicher gewesen sei als für andere.