Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Neuer Chefarzt mit Allgäuer Wurzeln
Professor Eike Gallmeier wechselt als Nachfolger von Albrecht Pfeifer von Marburg nach Memmingen
MEMMINGEN (mz) - Arbeiten, schlafen, arbeiten – so sieht derzeit der Alltag von Professor Eike Gallmeier aus, dem neuen Chefarzt der Medizinischen Klinik II am Klinikum Memmingen. „Gerade in der Anfangsphase ist das Arbeitspensum natürlich enorm.“Gallmeier ist als Leitender Oberarzt und Stellvertretender Klinikdirektor der Abteilung Innere Medizin und Gastroenterologie des Uniklinikums Marburg Anfang des Jahres nach Memmingen gewechselt, wo er eine breit aufgestellte internistische Abteilung übernommen hat.
„Ein früherer Kollege hat mal gesagt, fünf Stunden Schlaf seien ausreichend“, erzählt der neue Chefarzt schmunzelnd, der in Kempten geboren und in Kaufbeuren aufgewachsen ist. „Aber das finde ich nicht.“Und doch könnte man meinen, dass Gallmeier bisher nicht viel Zeit mit Nichtstun verbracht hat. Wirft man einen Blick in den Lebenslauf des 48Jährigen, stellt man sich unweigerlich die Frage: „Wann bitteschön hat er das alles gemacht?“
Denn in dem seitenlangen Dokument reihen sich klinische Qualifikationen, Leitungsfunktionen, Publikationen, wissenschaftliche Preise, Lizenzen und Patente, Stipendien und Auslandsaufenthalte aneinander. Unter anderem forschte der damals 29-jährige Postdoktorand dreieinhalb Jahre an der renommierten
Johns-Hopkins-Universität in Baltimore in den USA zu neuen Therapieansätzen für Bauchspeicheldrüsenund Darmkrebs. Neben verschiedenen Stipendien bekam er für seine hervorragende Forschungsarbeit den mit 20000 Euro dotierten Hector-Forschungspreis Onkologie.
„Ich habe leidenschaftlich gerne Forschung betrieben“, erzählt Prof. Gallmeier rückblickend. „Allerdings blieb dafür aufgrund der klinischen Tätigkeit irgendwann nur noch an den Abenden, Wochenenden und im Urlaub Zeit“, so der vierfache Familienvater. „Dann muss man sich entscheiden, ob man gute Forschung betreiben will oder gute Klinikarbeit.“Gallmeier hat sich für die Klinikarbeit
entschieden. „Weil ich auf keinen Fall den Patientenkontakt verlieren wollte.“
„Mein Vorgänger hat hier einen exzellenten Job gemacht und mir eine hervorragend aufgestellte Abteilung mit einem hoch motivierten Team hinterlassen“, lobt Gallmeier den 64-jährigen Professor Albrecht Pfeiffer, der ans Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) St. Vinzenz nach Marktoberdorf gewechselt ist. Dieses hohe Niveau zu halten, gelte es jetzt während der Corona-Pandemie. Danach könne man „mit Fingerspitzengefühl“das eine oder andere noch ausbauen. „Die Betonung liegt auf ,Fingerspitzengefühl‘, denn ich habe nicht vor, die Abteilung komplett umzukrempeln.“
Weiterentwickelt werden sollen aber unter anderem neue diagnostische und therapeutische Möglichkeiten in der Krebsbehandlung, insbesondere an der Schnittstelle zwischen Endoskopie (Untersuchung und Therapie mit einem Endoskop) und Tumoren des Magen-DarmTraktes. „Hier sind in den letzten zehn Jahren wichtige und grundlegende Fortschritte gemacht worden,“so der neue Chefarzt.
Zur Medizinischen Klinik II gehören die Gastroenterologie (Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts) und Hepatologie (Erkrankungen der Leber), die Onkologie (Krebsheilkunde) mit Palliativmedizin, die Geriatrie (Altersmedizin) sowie die Endokrino- und Diabetologie (Erkrankungen durch Störungen der Hormonsekretion). Diese bereits sehr breite Ausrichtung der Klinik wird in Zukunft durch die Infektiologie ergänzt werden, „deren zunehmende Bedeutung uns ja gerade aktuell im Rahmen der Corona-Pandemie unübersehbar vor Augen geführt wird“, so Gallmeier. „Auch auf das gesamte Klinikum bezogen ist das Leistungsspektrum für ein Krankenhaus der Schwerpunktversorgung ungewöhnlich groß und hat quasi universitären Charakter“, betont Gallmeier.
Die letzten sechs Jahre war Gallmeier unter anderem als Leitender Oberarzt und Stellvertretender Klinikdirektor am Uniklinikum Marburg tätig. Die Chefarztstelle in Memmingen ermöglichte ihm jetzt die Rückkehr in die alte Heimat.
Fragt man den 48-Jährigen nach seinen Hobbys, kommt prompt als Antwort: „Medizin und Familie, sonst würde es so gar nicht gehen.“Denn für andere Hobbys bleibe fast keine Zeit. „Ich tanke bei der Familie auf“, sagt der Vater von drei Töchtern und einem Sohn im Alter zwischen zehn und 18 Jahren. Am liebsten packt er alle ein und fährt mit ihnen in die Berge – zum Wandern und Skifahren.