Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Auftrag an alte Kameraden
Neuer Skandal im Kommando Spezialkräfte
BERLIN/BRUCHSAL (dpa/mö) - Erhebliche Verstöße bei der Vergabe von Aufträgen für das Kommando Spezialkräfte (KSK) und die Bestätigung, dass etwa 50 KSK-Soldaten seit 2017 wegen des Verdachts rechtsextremistischer Aktivitäten ins Visier des Militärischen Abschirmdienstes geraten sind: Erneut sieht sich die in Calw im Nordschwarzwald stationierte Elitetruppe der Bundeswehr schweren Vorwürfen gegenüber.
Den Verdacht auf freihändige Vergabe an ehemalige Mitglieder des KSK oder deren Bekannte bestätigte das Ministerium am Dienstag auf Anfrage.
Derweil geht der Rechtsextremismus-Verdacht aus einem Zwischenbericht des Generalinspekteurs der Bundeswehr, Eberhard Zorn, zur Reform der Elitetruppe hervor, den das Verteidigungsministerium am Dienstag dem Verteidigungsausschuss des Bundestags übermittelte. Von 60 Reformschritten sind nach Angaben des Generalinspekteurs inzwischen 39 umgesetzt. Der Umbau der Truppe komme „faktisch einer Neuaufstellung“gleich, sagte Zorn am Dienstag in Berlin. Trotzdem brauche man in dem Prozess noch einen langen Atem.
Wie bereits berichtet, war in den vergangenen Monaten der Verdacht laut geworden, dass das KSK über viele Jahre bei Firmen Dienst- und Sachleistungen bestellt, diese aber ohne triftige Gründe nicht ausgeschrieben habe. Bei den Leistungen, die das KSK bestellte, ging es um
Ausbildung durch externe Firmen, Kampfmittelabwehr oder Kleidung.
Bei einer Stichprobe von 200 Vergabeverfahren sei in 97 Fällen das Alleinstellungsmerkmal des Auftragnehmers in Anspruch genommen worden, überwiegend zu Unrecht, hieß es am Dienstag. Untersucht wurden Anfang dieses Jahres sowohl das KSK in Calw als auch das Bundeswehrdienstleistungszentrum in Bruchsal.
Der freihändigen Vergabe von Aufträgen seien sehr enge Grenzen gesetzt, betonte das Ministerium. Wenn das Alleinstellungsmerkmal geltend gemacht werde, dann müsse zuvor der Markt nach anderen Anbietern durchleuchtet werden und dies auch dokumentiert werden. Dies habe in vielen Fällen gefehlt. In einigen Fällen sei es auch mit dem „Handgeld für Kommandeure“zu Vergaben an der Bruchsaler Behörde vorbei gekommen, zum Teil sei sie zu spät eingebunden worden.
Während die Ermittlungen wegen der Auftragsvergabe an „alte Kameraden“am Anfang stehen, meldet der MAD Fortschritte im Kampf gegen rechtsextremistische Tendenzen beim KSK: Von den 50 verdächtigen Soldaten wurden fünf aus der Bundeswehr entlassen, 16 weitere wurden versetzt oder haben das KSK verlassen. Ein rechtsextremistisches Netzwerk, sei nicht erkannt worden, heißt es in dem 30-seitigen Bericht. Derzeit bearbeitet der MAD noch knapp über 20 rechtsextremistische Verdachtsfälle im KSK.