Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Hangrutsch: Große Solidarität im Wangener Rat
Stadt übernimmt Kosten für Vorarbeiten – Darum sieht der OB in dem Beschluss ein Signal
WANGEN/PRIMISWEILER - Die Stadt übernimmt derzeit anfallende Kosten bei den Vorarbeiten zur Beseitigung der Hangrutsch-Schäden in Rhein bei Primisweiler. Der entsprechende, einstimmig gefasste Gemeinderatsbeschluss ist zugleich zweifaches Symbol: Er ist eine Solidaritätsbekundung mit den betroffenen Anwohnern und ein Signal der Einigkeit in der Stadt gegenüber überörtlichen Behörden.
Die Stadträte ließen in der jüngsten virtuellen Sitzung des Stadtparlaments keinerlei Zweifel: Die vom Hangrutsch im Zuge der Schneeschmelze Anfang Februar betroffenen Anwohner brauchen Unterstützung. Hintergrund: Nach derzeitiger Sachund Gesetzeslage droht ihnen Gefahr, auf den Kosten für die Sanierung des steilen Geländes sitzen zu bleiben. Und die bezifferte Baudezernent Peter Ritter in einer ersten, vorsichtigen Schätzung auf eine Summe zwischen 400 000 und einer Million Euro. Hintergrund: Die Katastrophenhilfe des Landes greift erst bei Beträgen von 100 Millionen Euro aufwärts.
Wer genau für die Summe aufkommen und wie die Kosten aufgeteilt werden könnten, ist noch völlig offen. „Bei der Förderung sind wir noch nicht viel weiter“, konstatierte Ritter. Zunächst müsse der genaue Betrag ermittelt werden.
An dieser Stelle springt bereits die Stadt in die Bresche. Sie hat Kontrollwie Geländemessungen und einen Gutachterauftrag in die Wege geleitet und übernimmt die Kosten dafür. Laut Ritter geht es dabei um bis zu 100 000 Euro. Für OB Michael Lang ist dies ein Zeichen an die Bevölkerung, künftig in möglicherweise vergleichbaren Fällen ebenso handeln zu wollen.
Damit wies er einen Einwand von FW-Fraktionschefin Ursula Loss zurück. Wie alle anderen Stadträte, die sich zum Thema zu Wort meldeten, ließ sie keinen Zweifel an der Hilfsbereitschaft der Stadtpolitik. Allerdings plädierte sie dafür die Kosten für diese Vorarbeiten nur „vorerst“zu übernehmen. Dieser Passus böte der Stadt Chancen, auch diese Summe nach Klärung der generellen Kostenübernahme entsprechend aufteilen zu können.
Generell herrschte im Stadtparlament Unverständnis über die bestehende Gesetzeslücke bei derlei „Naturereignissen“, wie Roland Gaus den Hangrutsch bezeichnete. „Es kann nicht sein, dass sich die Politik hinter Argumenten versteckt, hierfür gebe es keine Förderhilfe“, so Schomburgs Ortsvorsteher.
Ähnlich drückte sich Kay Friedrich, GOL-Stadt- und Ortschaftsrat aus Primisweiler aus: „Es kann nicht sein, dass wir jemanden geschäftlich und privat ruinieren lassen.“Zumal die Bauherren am Hang bei Rhein keinerlei Schuld an dem Unglück treffe. Und CDU-Rat Charly Laible, ebenfalls im Ort wohnend, rückte auch mögliche finanzielle Schäden für die Stadt in den Fokus: „Ich kann es einfach nicht fassen, dass die Kommune womöglich im Regen stehen gelassen wird.“
Dazu erklärte Oberbürgermeister Michael Lang mit Blick auf die ebenfalls vom Hangrutsch betroffende Straße der Stadt und ein dortiges Grundstück in ihrem Eigentum : „Die Kommune ist bei den Kosten auf jeden Fall beteiligt.“Auch vor diesem Hintergrund sah er die uneingeschränkte Kostenübernahme der Vorarbeiten als „Vorleistung für die Allgemeinheit“.
Nachdem der Hangrutsch zuletzt ein großes Interesse auch überregionaler Medien hervorgerufen hatte, könnte es sein, dass es nach dem (Solidaritäts-)Beschluss jetzt längere Zeit still werden wird um die Frage der Kostenübernahme. Der Rathauschef kündigte diverse Gespräche an, sagte aber auch: „Da muss Vieles diskret passieren.“
Ungeachtet dessen rückt das Unglück derlei Gefahren möglicherweise dauerhaft in den Blick. Denn Kay Friedrich mahnte vor dem Hintergrund auch anderer Wassereinbrücke im Ort während der Schneeschmelze bei Neubauprojekten zur Vorsicht, wenn sie unterirdische Wasserbewegungen beeinflussen können. Beispielhaft nannte er einen derzeit laufenden Hausbau samt Tiefgarage „keine 200 Meter“von der Stelle des Hangrutsches entfernt oder das ebenfalls mit Tiefgarage geplante Mehrfamilienhaus auf dem früheren Gelände des Kindergartens Primisweiler.
Das sah SPD-Fraktionsvorsitzender Alwin Burth ähnlich: Er erinnerte ebenfalls an diverse Hanglagen in Wangen und nannte beispielhaft ein Neubauprojekt in Epplings.“