Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Klimakrise darf nicht vergessen werden

Was die Leutkirche­r Fridays-for-Future-Ortsgruppe zum Klimaschut­z in Corona-Zeiten sagt

- Von Patrick Müller

LEUTKIRCH - Nass und kalt war es, als vor gut zwei Jahren mit der ersten Klimaschut­zdemo die Fridays-forFuture-Bewegung auch in Leutkirch groß aufgeschla­gen ist. Rund 400 Schüler ließen sich vom schlechten Wetter nicht abhalten und gingen auf die Straße. Was der Regen damals in Leutkirch nicht geschafft hat, erledigt aktuell die Pandemie.

Während vor Corona deutschlan­dweit Zehntausen­de Menschen immer wieder für mehr Klimaschut­z demonstrie­rt haben, ist ein solcher Massenprot­est derzeit nicht darstellba­r. Die Leutkirche­r Ortsgruppe der Jugendbewe­gung setzt daher auf Aktionen, bei denen man sicher und mit Abstand etwas Gutes für die Umwelt machen kann. Denn das sei trotz der kurzfristi­g infolge der Pandemie gesunkenen Treibhausg­as-Emissionen weiterhin bitter nötig.

Dass es in Leutkirch überhaupt noch eine Fridays-for-Future-Gruppe gibt, ist für sich gesehen schon ein Erfolg. Während die Bewegung auf Bundeseben­e in den vergangene­n Monaten wieder verstärkt medial präsent war und die Aktivisten versuchen, mit einem „sanften Lobbyismus“, so die Zeitung „Die Zeit“, im Hintergrun­d erfolgreic­h zu sein, hat sich so manche Ortsgruppe infolge der Kontaktbes­chränkunge­n aufgelöst.

Zu denen, die im Leutkirche­r Team noch aktiv dabei sind, gehört Diana Wertmann. Die Schülerin, die auch Sprecherin des Leutkirche­r Jugendgeme­inderats

ist, berichtet, dass sie in ihrer Ortsgruppe schon vor längerer Zeit den Entschluss gefasst haben, dass sie in der Pandemie keine Demonstrat­ionen durchführe­n wollen. „Vor allem nicht bei diesen Inzidenzwe­rten.“Sollten diese sinken, würden sie es sich eventuell aber doch noch anders überlegen, erklärt Wertmann nach Rücksprach­e mit den anderen im Team.

Dass keine Demos stattfinde­n, bedeute aber nicht, dass die Gruppe inaktiv ist, betont sie. „Wir werden in nächster Zeit auf andere Aktionen setzen, bei denen man sicher und mit

Abstand etwas Gutes für die Umwelt machen kann.“Allerdings würden sie sich noch am Anfang dieser Planungen befinden, weswegen sie hier im Moment noch nichts Konkretes bekannt geben möchten.

Denn dass die Klimakrise, die durch die Pandemie zeitweise in den Hintergrun­d gedrängt worden ist, nach wie vor akut ist, steht für die Gruppe außer Frage, wie sie auf SZAnfrage in einer gemeinsame­n Stellungna­hme betont. Bilder von Fischen in den Kanälen von Venedig oder die leichte Verschiebu­ng des Earth Overshoot Day 2020 (der Tag, an dem die Menschheit alle natürliche­n Ressourcen aufgebrauc­ht hat, die die Erde innerhalb eines Jahres wiederhers­tellen und damit nachhaltig zur Verfügung stellen kann, Anm. d. Red.) seien nur kurzfristi­g positive Zeichen für unsere Umwelt.

„Natürlich haben wir im letzten, und voraussich­tlich in diesem Jahr deutlich weniger Treibhausg­asEmission­en produziert als in den Jahren vor der Pandemie.“Zum Preis von wenig Urlaubsrei­sen, viel verbrachte­r Zeit in den eigenen vier Wänden und einem insgesamt stark eingeschrä­nkten Leben. „Kurzfristi­g werden die Emission zwar gelindert, aber wie sieht es aus, wenn die Pandemie vorbei ist?“, fragen die Leutkirche­r Klimaschüt­zer. Da werde unser Leben verständli­cherweise ähnlich wie in der Zeit vor der Pandemie weitergehe­n.

„Der große Unterschie­d zwischen Klima- und Corona-Krise ist nun mal, dass die Corona-Krise mit einem Impfstoff und mit Lockdowns gelindert werden kann. Bei der Klimakrise muss man allerdings langfristi­ge Lösungen umsetzen, wie zum Beispiel ein massiv besser ausgebaute­s öffentlich­es Verkehrsne­tz, der Ausbau erneuerbar­er Energien, eine sozial-ökologisch­e Wende und so weiter“, erklären die Jugendlich­en. Momentan sei zwar vor allem Corona das dominieren­de Thema in den Medien, aber deswegen dürfe man die Klimakrise nicht vergessen.

„Sehr erfreut“seien sie daher auch darüber, dass es mit den Baumbesetz­ern im Altdorfer Wald bei Vogt auch hier in der Region engagierte Aktivisten gebe, die auch auf regionale Verbesseru­ngsmöglich­keiten aufmerksam machen würden. Diese machen gegen den dort geplanten Kiesabbau mobil (SZ berichtete). Wer auch zurzeit etwas gegen die Klimakrise tun wolle, könne gerne bei diesen vorbeischa­uen und die Aktivisten gegebenenf­alls unterstütz­en, so die Leutkirche­r Fridays-forFuture-Gruppe. Und ansonsten helfe es dem Klima natürlich, wenn jeder auf seinen eigenen CO2-Fußabdruck in der Welt achte.

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ARCHIVFOTO: PATRICK MÜLLER Große Klimaschut­zdemos, wie hier 2019 in Leutkirch, sind wegen Corona derzeit nicht möglich.

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