Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Klimakrise darf nicht vergessen werden
Was die Leutkircher Fridays-for-Future-Ortsgruppe zum Klimaschutz in Corona-Zeiten sagt
LEUTKIRCH - Nass und kalt war es, als vor gut zwei Jahren mit der ersten Klimaschutzdemo die Fridays-forFuture-Bewegung auch in Leutkirch groß aufgeschlagen ist. Rund 400 Schüler ließen sich vom schlechten Wetter nicht abhalten und gingen auf die Straße. Was der Regen damals in Leutkirch nicht geschafft hat, erledigt aktuell die Pandemie.
Während vor Corona deutschlandweit Zehntausende Menschen immer wieder für mehr Klimaschutz demonstriert haben, ist ein solcher Massenprotest derzeit nicht darstellbar. Die Leutkircher Ortsgruppe der Jugendbewegung setzt daher auf Aktionen, bei denen man sicher und mit Abstand etwas Gutes für die Umwelt machen kann. Denn das sei trotz der kurzfristig infolge der Pandemie gesunkenen Treibhausgas-Emissionen weiterhin bitter nötig.
Dass es in Leutkirch überhaupt noch eine Fridays-for-Future-Gruppe gibt, ist für sich gesehen schon ein Erfolg. Während die Bewegung auf Bundesebene in den vergangenen Monaten wieder verstärkt medial präsent war und die Aktivisten versuchen, mit einem „sanften Lobbyismus“, so die Zeitung „Die Zeit“, im Hintergrund erfolgreich zu sein, hat sich so manche Ortsgruppe infolge der Kontaktbeschränkungen aufgelöst.
Zu denen, die im Leutkircher Team noch aktiv dabei sind, gehört Diana Wertmann. Die Schülerin, die auch Sprecherin des Leutkircher Jugendgemeinderats
ist, berichtet, dass sie in ihrer Ortsgruppe schon vor längerer Zeit den Entschluss gefasst haben, dass sie in der Pandemie keine Demonstrationen durchführen wollen. „Vor allem nicht bei diesen Inzidenzwerten.“Sollten diese sinken, würden sie es sich eventuell aber doch noch anders überlegen, erklärt Wertmann nach Rücksprache mit den anderen im Team.
Dass keine Demos stattfinden, bedeute aber nicht, dass die Gruppe inaktiv ist, betont sie. „Wir werden in nächster Zeit auf andere Aktionen setzen, bei denen man sicher und mit
Abstand etwas Gutes für die Umwelt machen kann.“Allerdings würden sie sich noch am Anfang dieser Planungen befinden, weswegen sie hier im Moment noch nichts Konkretes bekannt geben möchten.
Denn dass die Klimakrise, die durch die Pandemie zeitweise in den Hintergrund gedrängt worden ist, nach wie vor akut ist, steht für die Gruppe außer Frage, wie sie auf SZAnfrage in einer gemeinsamen Stellungnahme betont. Bilder von Fischen in den Kanälen von Venedig oder die leichte Verschiebung des Earth Overshoot Day 2020 (der Tag, an dem die Menschheit alle natürlichen Ressourcen aufgebraucht hat, die die Erde innerhalb eines Jahres wiederherstellen und damit nachhaltig zur Verfügung stellen kann, Anm. d. Red.) seien nur kurzfristig positive Zeichen für unsere Umwelt.
„Natürlich haben wir im letzten, und voraussichtlich in diesem Jahr deutlich weniger TreibhausgasEmissionen produziert als in den Jahren vor der Pandemie.“Zum Preis von wenig Urlaubsreisen, viel verbrachter Zeit in den eigenen vier Wänden und einem insgesamt stark eingeschränkten Leben. „Kurzfristig werden die Emission zwar gelindert, aber wie sieht es aus, wenn die Pandemie vorbei ist?“, fragen die Leutkircher Klimaschützer. Da werde unser Leben verständlicherweise ähnlich wie in der Zeit vor der Pandemie weitergehen.
„Der große Unterschied zwischen Klima- und Corona-Krise ist nun mal, dass die Corona-Krise mit einem Impfstoff und mit Lockdowns gelindert werden kann. Bei der Klimakrise muss man allerdings langfristige Lösungen umsetzen, wie zum Beispiel ein massiv besser ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz, der Ausbau erneuerbarer Energien, eine sozial-ökologische Wende und so weiter“, erklären die Jugendlichen. Momentan sei zwar vor allem Corona das dominierende Thema in den Medien, aber deswegen dürfe man die Klimakrise nicht vergessen.
„Sehr erfreut“seien sie daher auch darüber, dass es mit den Baumbesetzern im Altdorfer Wald bei Vogt auch hier in der Region engagierte Aktivisten gebe, die auch auf regionale Verbesserungsmöglichkeiten aufmerksam machen würden. Diese machen gegen den dort geplanten Kiesabbau mobil (SZ berichtete). Wer auch zurzeit etwas gegen die Klimakrise tun wolle, könne gerne bei diesen vorbeischauen und die Aktivisten gegebenenfalls unterstützen, so die Leutkircher Fridays-forFuture-Gruppe. Und ansonsten helfe es dem Klima natürlich, wenn jeder auf seinen eigenen CO2-Fußabdruck in der Welt achte.