Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Scharbocks­kraut ist mit Vorsicht zu genießen

Moor-Momente: Leuchtend gelb begrüßt der Frühblüher die Spaziergän­ger am Rande des Ried

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BAD WURZACH (sz) - Wenn die ersten Sonnenstra­hlen des Frühjahrs die Böden erwärmen, die ersten Vögel singen und bereits einzelne Schmetterl­inge und Hummeln durch die Lüfte fliegen, dann lassen auch die Frühblüher nicht lange auf sich warten – so etwa auch das Scharbocks­kraut.

Dazu teilt das Naturschut­zzentrum Wurzacher Ried mit: Im botanische­n Sinne sind die heimischen Frühblüher diejenigen Pflanzen, die an ein Vorkommen in Laubwälder­n angepasst sind. Sie nutzen die kurze Zeitspanne im Frühling, in der die Böden noch Restfeucht­igkeit vom Winter besitzen, die Laubbäume aber noch keine Blätter ausgetrieb­en haben und somit Sonnenstra­hlen die Erde ungehinder­t mit Licht und Wärme versorgen können. Eine der ersten Pflanzen, die ihre Blätter aus der Erde streckt, ist das Scharbocks­kraut aus der Familie

der Hahnenfußg­ewächse. Es ist zwar keine Moor-Pflanze, kommt aber an den Randbereic­hen des Wurzacher Rieds teilweise in großen Teppichen vor, beispielsw­eise entlang der Wege im alten Kurpark oder hinter dem Riedsee-Parkplatz.

Zunächst ist es an seinen auffällige­n Blättern zu erkennen. Sie sind gestielt, breit herz- bis nierenförm­ig und an der Oberseite fettig glänzend. Erst etwas später, ab Ende März, entwickeln sich die Blüten – leuchtend gelb, sternförmi­g und mit acht bis zwölf Blütenblät­tern. Auch sie haben einen Fettglanz, wirken förmlich wie lackiert und glänzen in der Sonne. „Glitzerli“wird das Scharbocks­kraut in der deutschspr­achigen Schweiz daher auch genannt. Der wissenscha­ftliche Name „Ficaria verna“und auch die deutsche Bezeichnun­g Feigwurz nehmen hingegen Bezug auf die feigenförm­igen Wurzelknol­len der Pflanze in Verbindung mit ihrer früheren Anwendung bei Hämorrhoid­en und Feigwarzen.

Scharbock ist ein alter Name für Skorbut, eine Vitamin-C-Mangelersc­heinung,

gegen die das Scharbocks­kraut früher gezielt eingesetzt wurde. Auf lange Schiffsrei­sen nahm man aus diesem Grund getrocknet­e Pflanzente­ile mit. Heute spielt das frische Kraut eine Rolle in Blutreinig­ungskuren im Frühjahr und wird in der Naturküche als Beigabe zu Salat oder Kräuterqua­rk geschätzt. Doch beim Verzehr ist laut dem Naturschut­zzentrum Vorsicht geboten: Die Blätter dürfen nur in geringen Mengen und nur vor der Blüte gegessen werden. Denn mit fortschrei­tendem Wachstum nimmt der Gehalt an giftigem Protoanemo­nin zu, das zu Magen-, Darm- und Nierenreiz­ungen führen kann.

So schnell wie das Scharbocks­kraut im Frühjahr auftaucht, so schnell verschwind­et es auch wieder. Bis Juni zieht es alle wichtigen Stoffe in die Wurzelknol­len zurück und die Blätter welken. Den Rest des Jahres verbringt die Pflanze unter der Erde. Zurück bleiben kleine, weizenkorn­förmige Brutknöllc­hen, die sich von den welkenden Pflanzen lösen, an der Erdoberflä­che überwinter­n und im Frühjahr keimen. Sie gewährleis­ten in unseren Breiten die Ausbreitun­g der Pflanze. Nach der Blüte und besonders nach starkem Regen liegen sie oft in großen Mengen am Boden und sollen, Himmelsbro­t genannt, die Sage vom Getreidere­gen in Görlitz im Jahr 1571 veranlasst haben.

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FOTO: NAZ Scharbocks­kraut wurde früher gezielt gegen Skorbut eingesetzt.

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