Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Das schwimmende Klassenzimmer kehrt zurück
33 Jugendliche sind mit der „Pelican of London“vor einem halben Jahr dem Lockdown davongesegelt
EMDEN (dpa) - Die Segel setzen und mit einem Dreimaster der CoronaPandemie einfach davonsegeln: Was im Lockdown wie ein ferner Urlaubstraum klingen mag, war für 33 Schülerinnen und Schüler an Bord ihres schwimmenden Klassenzimmers, dem Schulschiff „Pelican of London“, im vergangenen halben Jahr Realität. Am Samstagmittag ist die Schülergruppe nach zwei Atlantiküberquerungen zurück nach Deutschland gekehrt. Gegen Mittag lief der Großsegler in den Hafen von Emden ein – dort hatte die Reise Anfang Oktober auch begonnen.
Überglücklich mit Jubel und vielen Freudentränen nahmen Eltern und Geschwister ihre ferngereisten Familienmitglieder am Hafenkai in Empfang. Die Bundespolizei überwachte die Ankunft und die Einhaltung der Corona-Regeln.
Die meisten Schüler und Schülerinnen an Bord gehen in die zehnte Klasse, wie Johan Kegler sagte, der Geschäftsführer der Firma Ocean College, die die Reise organisierte. Neben Unterricht gehörten auch Exkursionen und das Segeln der „Pelican of London“zum Alltag an Bord. Auf ihrem rund 14 500 Seemeilen (ca. 26 000 Kilometer) langen Törn segelte die Gruppe entlang Europas Westküste bis nach Gibraltar, dann weiter zu den Kanaren, in die Karibik und durch den Panamakanal bis nach Costa Rica und zurück. Erfahrene
Segler und drei Lehrer begleiteten sie.
„Traurig und glücklich“, beschreibt die 15-jährige Martha Dingeldein aus Berlin ihre Gefühlslage bei der Rückkehr. „Wir waren wie in einer Familie“, berichtete die Schülerin vom Zusammenhalt auf dem Segler. Zugleich freue sie sich nun aber, endlich ihre eigene Familie wiederzusehen. An Bord, weitgehend ohne Telefon und Internet, habe die Pandemie kaum eine Rolle gespielt, berichtet Finja Blatt aus Stuttgart. „Wir hatten eine kleine Bubble für uns und gar nicht so viel mitbekommen von Corona“, sagt die 14-Jährige. Eine Maskenpflicht an Bord gab es nicht. Und zu den Landgängen seien viele Corona-Tests gemacht worden. Bereits am Montag geht für die ersten Heimkehrer der Schulalltag wieder los.
Das Grundprinzip des Ocean College sei es, Schüler in Verantwortung zu bringen, so Kegler. „Wir glauben, dass die normale Schule einfach viel zu theorielastig ist.“Daher versuche die Crew auf der Reise stets Praxis und Theorie zu verbinden: Die Bordsprache ist Englisch, GeografieKenntnisse sind ohnehin immer gefragt und das Segeln funktioniert nur mit Mathematik – ganz ohne GPS, stattdessen mit Rechnen und Sextant. Ein halbes Jahr auf See mit der „Pelican of London“ist übrigens nicht günstig: Die Ersatzschule kostet laut Ocean College rund 25 000 Euro.