Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Opfer in Wald verschleppt, geschlagen und bedroht
Weil es für zweieinhalb Kilogramm Drogen keine Gegenleistung gegeben hatte, organisierte ein 24-Jähriger einen Geldeintreiber
KEMPTEN/BUCHLOE - Zweieinhalb Kilogramm Marihuana und ein nicht bezahlter Betrag von 10 000 Euro führten dazu, dass ein 24-Jähriger vier Jahre und acht Monate in Haft muss. Ein 39-Jähriger, der sich in diesem Zusammenhang gestern ebenfalls vor dem Kemptener Landgericht verantworten musste, wurde zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Im Raum standen unter anderem die Vorwürfe der versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung, der gefährlichen Körperverletzung und des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.
Angefangen hatte laut Staatsanwaltschaft alles im Juni 2020 in Buchloe. Damals vereinbarte der 24Jährige demnach mit einem Bekannten (29), dass dieser zweieinhalb Kilo Marihuana zu einem Preis von 10 000 Euro erhalten sollte, um die Drogen gewinnbringend weiterzuverkaufen. Ein Mittelsmann habe das Rauschgift dann auch größtenteils überbracht. Der Handel erfolgte allerdings auf Kommission, das Geld sollte erst später bezahlt werden.
Der 29-Jährige gab vor Gericht als Zeuge zu, die Drogen erhalten, „gebunkert“und zum Teil auch konsumiert zu haben. Verkauft habe er allerdings nichts – weswegen er auch kein Geld habe weitergeben können. Der 24-jährige Angeklagte räumte über seinen Anwalt ein, das Geschäft für den Drogenlieferanten organisiert zu haben. Er selbst sollte dafür eine Gegenleistung in Form von Kokain erhalten. Als kein Geld floß, habe er Druck von seinem Lieferanten bekommen, dessen Namen er aus Angst nicht nennen wolle. Daher habe er sich an den 39-Jährigen gewandt, den er aus dem gemeinsamen Boxtraining kannte, und ihn gefragt, ob er ihm dabei helfen könne, das Geld einzutreiben. 800 Euro sollte dieser für seine Unterstützung bekommen.
Laut Anklageschrift wollten die Beschuldigten den 29-Jährigen in seiner Wohnung aufsuchen. Dort trafen sie allerdings nur dessen Vater an. „Sie haben gesagt, wenn sie das Geld nicht von meinem Sohn bekommen, holen sie es sich von mir“, sagte dieser aus. Nachdem die Männer wieder weg waren, habe er seinen Sohn informiert.
Der wiederum vereinbarte in der Folge ein Treffen mit dem 24-Jährigen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die beiden Angeklagten das spätere Opfer vom Bahnhof in Buchloe abholten und mit ihm in ein nahe gelegenes Waldstück fuhren. Dort soll der ältere Angeklagte sein Opfer geschlagen und mit einem Messer bedroht haben.
Vor Gericht stellte sich nun die Frage: War der Einsatz des Messers abgesprochen und hat der 24-Jährige gesehen, dass eine Waffe im Spiel war? Der 39-Jährige gab an, das Messer zufällig in seiner Jackentasche entdeckt zu haben, als er nach seinem Handy gegriffen hatte. Er habe das Opfer auch nie verletzen wollen und ihm das Messer nur ein paar Sekunden an die
Wange gehalten. Kurz nach dem Vorfall kam es laut Anklageschrift zu einem erneuten Aufeinandertreffen der Kontrahenten, dieses Mal in Kaufbeuren – und wieder gab es Schläge.
Ans Licht kam alles erst, nachdem der Vater des 29-Jährigen die Polizei verständigt hatte, weil er die Drogen gefunden hatte. Im Rahmen der Ermittlungen rückten dann die beiden Angeklagten in den Fokus. Diese entschuldigten sich während der Verhandlung bei allen Beteiligten. Insbesondere der ältere Angeklagte, der zuvor noch nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen war, betonte, er habe nur seinem Freund helfen wollen. Der 24-Jährige selbst sagte, er wolle nun einen Entzug machen. Ein Sachverständiger hatte ihm zuvor eine Drogenabhängigkeit attestiert, die auch behandelt werden sollte. Er betrachtete den jungen Mann aber dennoch als schuldfähig.
Das Gericht ordnete letztlich neben der Haftstrafe auch die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für den jüngeren Angeklagten an. Das Urteil gegen ihn ist rechtskräftig.