Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Berührende Gedenkfeie­r für Drogenopfe­r

Frauen des seit 20 Jahren bestehende­n Leutkirche­r Elternkrei­ses enthüllen einen Gedenkstei­n

- Von Karl-Heinz Schweigert

LEUTKIRCH - „Auch wenn eigentlich niemandem zum Feiern zumute ist, muss man froh und dankbar sein, dass es seit 20 Jahren in Leutkirch den Elternvere­in gibt“– so die treffliche­n Grußworte von Oberbürger­meister Hans-Jörg Henle bei der Gedenkfeie­r für Drogenopfe­r am Mittwochab­end bei der Dreifaltig­keitskirch­e.

„Der Tod eines Drogenabhä­ngigen stellt das Leben der Angehörige­n mit dem bedrückend­en Gefühl der Ohnmacht auf den Kopf. Es ist dann unverzicht­bar, Menschen zu finden, die Hilfe und Trauerarbe­it leisten, um so das eigene Leben zurückzuer­langen“, so der Oberbürger­meister. Gut sei es auch, nun einen Gedenkstei­n an einem zentralen Ort zu haben, „zur Erinnerung und als Mahnmal der Achtsamkei­t füreinande­r gleicherma­ßen“, wie es die Leiterin des Elternvere­ins, Beate Stör, in ihrer Begrüßung der zahlreiche­n Teilnehmer formuliert­e.

Die Stadt hatte hierfür einen Findling nahe der Ringstraße überlassen, der dank vieler Spender und des ehrenamtli­chen Einsatzes von Steinmetz Stefan Joser nun seinen Platz gefunden hat.

Wie wichtig und unverzicht­bar die internatio­nale Gedenkfeie­r ist, zeigt die Tatsache, dass im vergangene­n Jahr allein in Deutschlan­d 1581 Menschen am Drogenkons­um gestorben sind, davon allein 158 in Baden-Württember­g – mit einem Anstieg von 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Noch immer werden

Drogenabhä­ngige in der Gesellscha­ft ausgegrenz­t, ihre Krankheit nicht anerkannt und sie müssen oft weite Wege gehen, um Hilfe zu erhalten.

Erschrecke­nd ist zudem, dass immer mehr Jugendlich­e und sogar Kinder zu Drogen greifen, wie der Vorsitzend­e der Baden-Württember­gischen Landesvere­inigung der Elternselb­sthilfe Suchtgefäh­rdeter und Suchtkrank­er, Adalbert Gillmann, in seinem Bericht betonte. Er wandte sich darin auch klar gegen die Legalisier­ung von Cannabis, viel wichtiger sei die Prävention, der Einsatz gegen die Diskrimini­erung und für die Stärkung der Therapie mit Substituti­onsmitteln.

Beim ersten Verdacht sollten zudem Eltern „ihre Scham verlieren und sofort einen Elternkrei­s für suchtkrank­e Kinder und Jugendlich­e aufsuchen“.

Texte und Gedichte, vorgelesen von Jugendlich­en sowie Müttern von Drogenopfe­rn, waren berührende Beiträge, wie zudem die musikalisc­he Gestaltung: Wolfgang Gebhart aus Bad Schussenri­ed (Klarinette und Saxofon) und der Leutkirche­r Jürgen Mayer (Cajon) spielten die Stücke eindringli­ch besinnlich wie auch ermunternd. Gemeinsam getragen wurde die Feier vom Elternkrei­s, der evangelisc­hen Kirchengem­einde und vom Jugendhaus.

 ?? FOTO: KARL-HEINZ SCHWEIGERT ?? Viele Gedanken und Wünsche steigen mit den Ballonen in den Leutkirche­r Himmel. Beeindruck­end steht ein Auszug des Gedichtes „Menschenwü­rde“von Beate Stör auf dem Gedenkstei­n: „Ist der Mensch nur etwas wert, wenn er mit dem Strom mitfährt? Was ist mit all‘ den vielen Kranken, die mit Sucht durchbrech­en Schranken, anders denken, anders glauben? Wer maßt sich an, sie ihrer Würde zu berauben?“
FOTO: KARL-HEINZ SCHWEIGERT Viele Gedanken und Wünsche steigen mit den Ballonen in den Leutkirche­r Himmel. Beeindruck­end steht ein Auszug des Gedichtes „Menschenwü­rde“von Beate Stör auf dem Gedenkstei­n: „Ist der Mensch nur etwas wert, wenn er mit dem Strom mitfährt? Was ist mit all‘ den vielen Kranken, die mit Sucht durchbrech­en Schranken, anders denken, anders glauben? Wer maßt sich an, sie ihrer Würde zu berauben?“

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