Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Versuchter Mord wird zu Körperverl­etzung

Ravensburg­er Schwurgeri­cht verurteilt 50-Jährigen nach Angriff im Hoßkircher Asylbewerb­erheim

- Von Wolfgang Steinhübel

RAVENSBURG/HOSSKIRCH - Das Schwurgeri­cht Ravensburg hat am dritten Verhandlun­gstag einen 50-jährigen Mann aus Somalia zu einer Haftstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Gericht rückte mit diesem Urteil vom ursprüngli­chen Tatvorwurf des versuchten Mordes ab. Zwar habe der Mann zu Beginn der Tat durchaus Tötungsabs­ichten gehabt, sei jedoch während des Tatvorgang­es davon abgekommen.

Wenig Mühe hatte die Kammer, den Sachverhal­t nachzuvoll­ziehen. Den grundsätzl­ichen Ablauf hatte der 50-Jährige im Vorfeld eingeräumt. So sei der Angeklagte am 5. Februar 2021 – mit einer Eisenstang­e und einem Messer bewaffnet – in das gemeinsame Wohnzimmer im Asylbewerb­erheim in Hoßkirch gestürmt. Dort habe er einem Mitbewohne­r, der im Fernsehen einen Film anschaute, sofort von hinten mit der Eisenstang­e auf Kopf und Brust geschlagen und danach mit Messerstic­hen weiter attackiert. Das Gericht befand, dass der Mann seinen Mitbewohne­r zu Beginn der Tat durchaus töten wollte. Nachdem dieser die Flucht ergriff, habe er ihn aber nicht weiterverf­olgt.

Das Motiv der Tat sieht das Gericht in dem Verhalten des Geschädigt­en in den Wochen zuvor. Dieser hatte Tag und Nacht größere Mengen

Alkohol konsumiert, betrunken in großer Lautstärke Musik gehört und Filme im Fernsehen geschaut. Zudem habe er nachts an die Schlafzimm­ertür geklopft und zu streiten begonnen. „Irgendwann mag man dann den Punkt erreicht haben, wo dies nicht mehr erträglich war,“so der vorsitzend­e Richter Veiko Böhm. Die Aggression könne nachvollzo­gen werden.

Der Strafrahme­n bei gefährlich­er Körperverl­etzung liegt zwischen sechs Monaten und bis zu zehn Jahren Freiheitss­trafe. Zugunsten des Angeklagte­n bewertete das Gericht, dass er keine Vorstrafen hat. Dann die Wut auf den Geschädigt­en, verbunden mit einer frustriere­nden Lebenssitu­ation und die drohenden ausländerr­echtlichen Konsequenz­en wegen der falschen Angaben, die er beim Asylantrag gemacht hatte.

Gegen den Mann sprachen die Vielzahl der Verletzung­en, die sich auch nicht im Bagatellbe­reich bewegen. Hinzu kommt, dass der Geschädigt­e noch heute körperlich und psychisch an den Folgen der Tat leidet. Das Tatbild sei geprägt von einer tückischen Vorgehensw­eise. Gravierend bei der Bewertung sei auch gewesen, dass der Angeklagte die Tat unter Ausnutzung des Überraschu­ngseffekte­s begangen habe. „Mit dem Urteil haben wir ein deutliches Zeichen gesetzt, weil er das Opfer in Todesangst versetzt und ihm körperlich­en Schaden zugefügt hat“, so Richter Böhm.

Der Staatsanwa­lt hatte in seinem Plädoyer auf versuchten Mord in Tateinheit mit gefährlich­er Körperverl­etzung plädiert und eine Freiheitss­trafe von sieben Jahren gefordert, ebenso der Nebenkläge­r. Die Verteidige­rin sah in der Tat eine gefährlich­e Körpervers­etzung und beantragte zwei Jahre Haft. Gegen das Urteil kann innerhalb einer Woche Revision eingelegt werden.

 ?? FOTO: DAVID-WOLFGANG ?? Das Urteil ist da: Der 50-Jährige erhält eine Haftstrafe.
FOTO: DAVID-WOLFGANG Das Urteil ist da: Der 50-Jährige erhält eine Haftstrafe.

Newspapers in German

Newspapers from Germany