Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
3G-Regel löst gemischte Gefühle aus
Betroffene Betriebe befürchten Umsatzrückgänge – Welche Probleme die neuen Vorschriften mit sich bringen
LEUTKIRCH - Seit Montag gilt in ganz Baden-Württemberg eine neue Corona-Verordnung. Der Inzidenzwert ist vorerst nicht mehr entscheidend, dafür gilt in Innengastronomie, bei Kulturveranstaltungen oder im Fitnessstudio bis auf Weiteres die 3G-Regel: Am gesellschaftlichen Leben teilhaben darf nur, wer gegen Sars-CoV-2 geimpft, von Covid-19 genesen oder frisch negativ getestet ist. Bei den Betroffenen kommt die Testpflicht nicht überall gut an.
Der Kreisvorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), Max Haller, meint, es könne schlimmer sein: „Ich bin froh und glücklich, dass so kein weiterer Lockdown droht.“Die Testpflicht in der Innengastronomie hätte ab einer Inzidenz von 35 ohnehin gegolten, und auf diesen Wert ist der Landkreis Ravensburg in den vergangenen Tagen stramm zu marschiert. Problematisch sei es für ihn und seine Kollegen jedoch, wenn ein Gewitter oder plötzlicher Regen aufziehe, sagt Haller – wie in diesem Sommer oft. Dann dürfen Ungetestete nämlich nicht von draußen nach drinnen wechseln, sondern müssen nach Hause gehen. „Das bringt uns in zusätzlichen Stress.“Im Zweifel würden größere Gruppen, in denen nicht alle geimpft seien, eher wieder im eigenen Garten oder in der Garage grillen. „Die Umsätze werden zurückgehen“, fürchtet der regionale DehogaVorsitzende.
Geringere Besucherzahlen befürchtet auch Silva Marko, die im Leutkircher Fitnessstudio „Be-fit“als Trainerin arbeitet. Mancher Ungeimpfte werde den mit einem Corona-Test verbundenen Aufwand scheuen und dem Fitnessstudio fernbleiben, kritisiert sie. Viele Kunden seien zwar schon geimpft. Dennoch bedeute die 3G-Regel einen Mehraufwand. Ungeimpfte können ihre negativen Testergebnisse sowohl im Vorfeld per E-Mail einreichen als auch vor Ort im Studio vorzeigen. Wer keinen Nachweis liefern kann, darf laut Corona-Vorschrift nicht trainieren und wird wieder nach Hause geschickt. „Zweimal ist das schon passiert“, sagt die Trainerin, die die neue 3G-Regel für „nicht sinnvoll“erachtet.
Im „Viva Sport- und Gesundheitszentrum“in Leutkirch sei der durch die 3G-Regel entstehende Mehraufwand hingegen sehr überschaubar. „Unsere Gäste sind nahezu alle geimpft“, erklärt Studioleiter Hartmut Krattenmacher.
Eine Herausforderung bereitet die neue Verordnung den Verantwortlichen der Leutkircher Stadtbibliothek.
Stefan Böbel, Leiter der Stadtbibliothek in Leutkirch.
„Wir wissen noch nicht genau, wie wir sie umsetzen“, erklärt Leiter Stefan Böbel am Dienstagvormittag. Er ist ein wenig „überrascht“darüber, dass die 3G-Regel auch in Bibliotheken Anwendung finden soll.
Derzeit wird intensiv an einem Konzept gearbeitet, das die Gäste möglichst nicht von einem Besuch abschreckt. Weil die Einrichtung erst am Mittwochnachmittag wieder öffnet, bleibt noch ein wenig Bedenkzeit. Die Befürchtung von Böbel ist, dass die 3G-Regelung zu einem Besucherrückgang führen könnte. Und das, obwohl auch die Bibliotheken während der Pandemie in den vergangenen 1,5 Jahren bereits mit vielen Herausforderungen zu kämpfen hatten.
Auch Franz Moosherr, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft
Ravensburg, macht sich nichts vor: Natürlich führe „jede zusätzliche Anforderung, die den Besuch erschwert“zu einem Kundenrückgang. Trotzdem hält er es für angemessen, dass beim Friseurbesuch nun die 3GRegel greift – zumal entsprechend geschulte Mitarbeiter in den Salons seit 5. Mai offizielle Testnachweise ausstellen dürfen.
Grundsätzlich seien die Friseure im Kreis froh, dass sie überhaupt arbeiten dürfen, so Moosherr. Außerdem spürten sie, dass sich die Lage „peu à peu entschärft, weil immer mehr Kunden geimpft sind“.
Und die Auswirkungen der neuen Verordnung auf die Kulturbranche? Leutkirchs VHS-Leiter Karl-Anton Maucher war kürzlich im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“relativ entspannt. Die meisten Kulturveranstaltungen der Volkshochschule
gehen erst im Oktober weiter. Bis dahin werde man sicher einen guten Weg finden, die 3G-Einlassregel umzusetzen, meint Maucher. Darüber hinaus geht er davon aus, dass der Großteil der Besucher geimpft sein wird.
Auch für Museumsbesuche müssen umgeimpfte Besucher künftig wieder einen negativen Corona-Test vorlegen. Davon betroffen ist etwa die Glashütte in Schmidsfelden. „Die 3G-Regel erschwert die Situation schon“, sagt Glasmacher Stefan Michaelis.
Die Testpflicht für Ungeimpfte wäre seiner Einschätzung nach im Glasmacherdorf „nicht zwingend nötig“gewesen. Schließlich gebe es im Gebäude ausreichend Platz, um genügend Abstand zu halten. Außerdem finde vieles im Außenbereich statt.
„Wir wissen noch nicht genau, wie wir sie umsetzen.“